Du sollst nicht hassen
Sommer über in Israel zu arbeiten, auf einem Bauernhof namens Moshav Hodaia in der Nähe der Stadt Aschkelon. Er gehörte der Familie Madmoony. Vierzig Tage lang lebte ich inmitten einer jüdischen Familie auf ihrem Hof. Ich hatte von sechs Uhr morgens bis acht Uhr abends verschiedene Aufgaben im Haus und arbeitete, solange es hell war. Abgesehen von meinem Ausflug nach Kairo hatte ich nie woanders als zu Hause geschlafen, und ich war so einsam, dass ich mich noch heute an den Schmerz in meinen Eingeweiden erinnern kann. Doch die Familie, sephardische Juden, war mir gegenüber sehr warmherzig, auch wenn ich Dinge tat, die sie sehr erstaunt haben mussten. Ich trug zum Beispiel immer noch gebrauchte Kleider, Spenden der Hilfsorganisationen, die in Gaza tätig waren. Ich hatte mir immer vorgestellt, dass die bisherigen Besitzer so reich waren, dass sie die Kleider wegwarfen, wenn sie keine Lust mehr hatten, sie zu tragen. Als ich also im Haushalt der Madmoonys einen Haufen Kleider auf dem Boden liegen sah, nahm ich an, sie würden sie wegschmeißen, sammelte sie auf und verstaute sie in meinem Rucksack, damit ich sie mit nach Hause nehmen konnte. Ich hatte keine Ahnung, dass ich die schmutzige Wäsche der Familie eingesammelt hatte! Nach einer Weile fragten sie mich, ob ich ihre Kleider gesehen hätte, und zu meiner großen Verlegenheit musste ich es gestehen.
Dieser Sommer hinterließ in vielerlei Hinsicht starke Eindrücke. Dass eine israelische Familie mich einstellen, mich anständig behandeln und mir so viel Freundlichkeit erweisen würde, war für mich völlig unerwartet. Diese Erfahrung wurde umso unvergesslicher durch die Ereignisse, die eine Woche nach meiner Rückkehr nach Gaza folgten.
Wir waren bettelarme Flüchtlinge, die zu diesem Zeitpunkt aus ihrer einräumigen Hütte, in der wir zusammengepfercht waren, in ein einfaches Haus mit zwei Zimmern im Block P-42 in Gaza gezogen waren, das ein Dach aus kleinen Zementziegeln hatte, durch die es hindurchregnete. Die öffentlichen Toiletten, die sich verschiedene Familien teilten, waren immer noch draußen. Aber auch wenn es als menschliche Behausung kaum geeignet war, war es dennoch unser Zuhause.
Zu dieser Zeit war Ariel Sharon der israelische Militärbefehlshaber im Gazastreifen. Er fand, dass die Straßen, die durch das Camp führten, nicht breit genug für seine patrouillierenden Panzer waren. Seine Lösung? Hunderte von Häusern wurden einfach mit dem Bulldozer plattgemacht. Es gab nichts, was wir dagegen tun konnten. Das Maß an Unmenschlichkeit war so groß, dass ich es bis heute nicht vergessen kann. Dass es ausgerechnet Ariel Sharon war, der die Zerstörung angeordnet hatte, hatte für uns umso größere Bedeutung, als unser Land in Houg von ihm übernommen worden war.
Als die Panzer des Nachts in unsere Straße kamen, schauderte meiner Familie bei dem Gedanken, was uns bevorstehen würde. Das Geräusch der knirschenden Ketten weckte jeden auf. Es war Mitternacht. Die Familien eilten zur Tür und sahen sich langen Geschützrohren gegenüber, die von den Geschütztürmen der Panzer auf sie gerichtet waren. Und ich frage mich heute noch: Wie haben sich diese Soldaten gefühlt, als sie ihre mörderischen Waffen auf Kinder richteten, die sich in den Türeingängen an ihre Mütter klammerten und sich den Schlaf aus den Augen rieben? Schon damals erkannte ich darin die reine Demonstration der Macht über die Machtlosen. Die Häuser entlang der Straße waren einfach, klein, ja sogar primitiv, aber sie waren alles, was wir hatten. Für Sharon waren es lediglich Hindernisse auf einem Weg, den er verbreitert haben wollte. Ich erinnere mich an das Gefühl, in der Falle zu sitzen, einer Gefahr ausgeliefert zu sein, die mein Zuhause betraf. Was für ein Haus auch immer man hat, es ist ein Haus, und es bedeutet, dass man nicht obdachlos ist.
Neununddreißig Jahre später, als ich Zeuge der Zerstörung Gazas während des israelischen Einmarschs vom Dezember und Januar 2008/2009 wurde, hatte ich denselben Gedanken. Ich sah, wie Menschen obdachlos wurden, als Bomben in ihre Wohnungen krachten, und mir wurde klar, dass die Angst von der Obdachlosigkeit mich nie verlassen hat.
Die Soldaten ordneten an, dass die Leute in meiner Straße die Häuser verlassen, sich gemeinsam aufstellen und warten sollten. Etwa acht Stunden vergingen. Als es dämmerte, sagten sie, wir hätten ein paar Stunden Zeit, unsere Häuser zur räumen. Doch es war nichts darin, das man hätte
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