Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)
ich kann nicht. Ich habe Bereitschaft.«
»Sag den Mist ab. Deine Schäfchen können warten.« Sie hörte Liz heftig einatmen. »Wir müssen über deinen Bruder reden. Komm in den Hyde Park, wir treffen uns am Piratenschiff.«
»Typisch, dass du von mir verlangst, dass ich so weit fahre. Und warum dieser Spielplatz, wo nur Touristen sind, Massen von Europäern?«
»Komm einfach. Ich habe etwas, das ziemlich an der Heldenverehrung für deinen Bruder kratzen wird. Wenn du nicht kommst, gehe ich zur Polizei.«
Es entstand eine Pause. Zweifellos überlegte Liz, ob die Bemerkung über die Heldenverehrung es wert war, einen Streit vom Zaun zu brechen. Am Ende verzichtete sie darauf.
»In einer Stunde bin ich da.« Dann legte sie grußlos auf.
Nicky suchte sich einen Tisch weit weg von der Eis-Schlange und wartete dort. Auf den freien Stühlen um sie herum hockten Tauben und pickten Reste und Krümel. Sie wählte Marias Nummer und fluchte, als die Mailbox ansprang. Anders als in dem Moment, nachdem sie aus der Polizeiwache gekommen war, schwankte sie jetzt kein bisschen. Sie war sich ihrer Sache ganz sicher. Nach etwa zehn Minuten sah sie von Süden her Liz zielstrebig die Buchenallee heraufkommen. Es war warm und sonnig, es war das Bank-Holiday-Wochenende, und alle Welt war gut aufgelegt, nur Liz, von alldem unbeeindruckt, machte ein finsteres Gesicht. Sie umarmten und küssten einander nicht. Liz setzte sich einfach. Das gegenseitige Misstrauen war ungebrochen.
»Igitt. Haut ab, ihr Ratten der Luft.« Zornig wedelte Liz mit der Hand, und die Tauben flatterten gerade so weit weg, dass sie außerhalb ihrer Reichweite kamen. »Was ist so wichtig, dass ich an meinem freien Tag durch halb London fahren muss?«
»Ich dachte, du hast Bereitschaft.«
Liz’ Lippen wurden schmal.
»Ich möchte mit dir über Grace und Francesca reden.«
Liz seufzte gelangweilt. »Wenn es sein muss.«
»Hast du mal daran gedacht, dass zwischen den beiden Todesfällen ein Zusammenhang bestehen könnte?«
»Ich kann mit diesem Psychokram nichts anfangen, ehrlich!«
Nicky schüttelte den Kopf. »Beides kannst du nicht haben. Wenn du dich die ganze Zeit so wissend gibst, kannst du dich nicht dumm stellen, wenn es dir gerade passt.«
Jetzt runzelte Liz die Stirn, nahm die Sonnenbrille ab, klappte bedächtig die Bügel ein und legte sie auf den Tisch.
»Warum fragst du?«
»Hast du, als du an Grace’ Grab standest, auch an Francesca gedacht? Ist dir irgendwann mal in den Sinn gekommen, dass Greg vielleicht …«
»Komm auf den Teppich, Nicky! Greg war Tausende von Kilometern weit weg, als Grace umgebracht wurde.«
»Das mit Francesca damals hat die Polizei gar nicht registriert, oder? Die haben da nie eine Verbindung hergestellt, und er hat es ihnen nicht gesagt – ebenso wenig wie du. Warum nicht?«
Liz antwortete nicht.
»Ich glaube, mein Leben ist in Gefahr, und das ist für mich ein Zufall zu viel. Ich weiß nicht, warum Greg seine Freundinnen und Ehefrauen umbringen sollte, aber ich finde auch keine andere logische Erklärung.«
»›Logisch denken‹ ist auch nicht deine Stärke«, murmelte Liz und hob sofort die Hand, um Nickys Protest abzuwehren. »Das ist alles ein bisschen weit hergeholt, findest du nicht? Wir haben es der Polizei einfach deshalb nicht erzählt, weil wir Greg ätzende Befragungen und Nachforschungen ersparen wollten, wo er vor Unglück und Trauer eh schon am Boden war. Francesca war depressiv, und es ist furchtbar traurig, was ihr passiert ist. Grace …« Sie verstummte. »Das mit Grace kann ich mir nicht erklären. Niemand kann das.«
»Hast du jemals die Namen Struan Clarke und Louise Bell gehört?«
»Nein.«
»Sie sind beide tot, und die Polizei denkt, dass ich damit etwas zu tun habe.«
»Wer ist das?«
»Ich habe keine Ahnung. Dabei bin ich so nahe …«, sie hielt Liz Daumen und Zeigefinger wie eine fast geschlossene Zange vor die Nase, »… so nahe dran, wegen Mordes angeklagt zu werden. Also, um der Liebe deines Bruders willen, rede Klartext und erzähl mir, was du über seine Vergangenheit weißt!«
Liz verzog leicht angewidert das Gesicht. »Das Opfer ist Greg, das wollen wir mal nicht vergessen. Solches Unglück so tapfer und stoisch zu ertragen, das muss ihm erst mal einer nachmachen. Jetzt fang du nicht auch noch an, dich mit den anderen Idioten gemein zu machen, die denken, er ist verantwortlich für das, was passiert ist!«
»Hat er sich verändert?«
»Wir haben uns alle
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