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Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Titel: Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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aufgehen.
    »Nein danke, Marcia.« Höflichkeit zahlte sich immer aus. Diese Generation legte auf solche kleinen Gesten mehr Wert als seine eigene. Er sprach sie morgens mit Namen an, um zu zeigen, dass er sich sehr wohl erinnerte. Bei der Sauferei am Abend hatte er nicht wirklich mitgehalten, deshalb war er klar im Kopf. Schließlich war er bei der Arbeit. Er würde es nicht verpatzen. Sie kam aus Detroit, hatte eine Weile in Dubai gelebt und war nach zwei fetten Scheidungen in London gelandet. Es war nicht schwer gewesen, ihr und ihren Freundinnen in die Bar des
Hilton
zu folgen und ihnen für eine kleine Zeitspanne die Einsamkeit eine Spur erträglicher zu machen.
    Er zog sich an, stieg wieder in die Pilotenuniform. Ab einem gewissen Alter fuhren Frauen tatsächlich auf diesen Mist ab, das fand er immer wieder erstaunlich. Er hatte sie am Abend über die Schwelle getragen, und sie hatte einen entzückten Kreischer von sich gegeben. Genau das musste ein Pilot ihrer Meinung nach wahrscheinlich tun. Zu der falschen Uniform fühlten die Frauen sich hingezogen wie Motten zu den Duftkerzen, die sie so gern brennen ließen. In der Uniform beschwor er eine Zeit herauf, in der Fliegen schick gewesen war und etwas für die Elite. Er half ihnen, noch einmal in ihr früheres Ich zu schlüpfen und sich schöne Dinge in Erinnerung zu rufen. Sie hatte nicht mitbekommen, wie er sich den Code für ihre Alarmanlage einprägte – seine alten Diebesgewohnheiten erwiesen sich als hartnäckig.
    Er ging nach nebenan ins Badezimmer und wusch sich gründlich die Hände. Auf der Suche nach Munition schaute er in den kleinen Medizinschrank. Was er fand, war die übliche Ansammlung von Produkten, die helfen sollten, die Uhr anzuhalten: ein Hormonpräparat, Unmengen an Antifaltencremes, Zahnpasta für empfindliche Zähne, Wundpflaster, Binden. Das Arsenal der geschiedenen Frau in den Sechzigern, der nichts anderes übrigblieb, als auf einen Jungbrunnen zu hoffen. Er verurteilte sie nicht deswegen. Vielmehr bewunderte er sie für ihr Bemühen, denn er verstand sie. Sie gehörten unterschiedlichen Generationen an und hatten doch die gleiche Sorge: Beide waren sie angewiesen auf ein perfektes Äußeres und die Achtung, die es einem eintrug. Wer keine Achtung erfuhr, wurde auch nicht geliebt.
    Er klappte den Schrank zu. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatten die Frauen nichts anderes gewollt als einen Mann, der aussah und sich gab wie er. Einen gutaussehenden, geselligen Kerl, der mit Geld um sich warf und ein Draufgänger war. Jetzt, mit zweiundvierzig, wurde er ständig nach seinem Besitz gefragt: was er wo habe und wer der tatsächliche Eigentümer sei. Die Frauen hatten sich verändert. Sie wollten Bares sehen, eine gefüllte Brieftasche. Geld brauchte er genauso dringend wie ein Bleaching für seine Zähne. Er betrachtete sich im erleuchteten Badezimmerspiegel, bleckte die Zähne und inspizierte sein Zahnfleisch. Es zog sich zurück. Alter und Gene drängten es, unter dem ständigen Druck schrumpfte es. Scheiße. Er sah seine physischen Mängel, und ihn packte die Wut. Marcia würde die Zahnbehandlung finanzieren und in seinen Karibik-Rentenfonds einzahlen.
    Als er sie mit dem kläffenden Hund ins Schlafzimmer kommen hörte, ging er hinüber. Sie hatte etwas an, das rosa war und zu kurz, ihr Haar glänzte in der Morgensonne messingfarben. Sie hatte ein Silbertablett mit zwei Tassen gebracht und plapperte ohne Ende. Das war vermutlich eine ihrer Eigenschaften, die Harvey in die Arme der dreißig Jahre jüngeren Blondine getrieben hatten. Vage konnte Troy sich an Marcias Nachfolgerin erinnern: Lockenmähne und Kaugummi.
    »Und, was hast du heute vor, Liebling?«, fragte Marcia neckisch.
    »Erklär mir, warum du so sauer warst auf Harvey.«
    Alle Farbe schwand aus ihrem Gesicht. Sogar der Hund wurde still. »Wie meinst du das?« Sie flüsterte nur.
    »Harvey, dein erster Ehemann. Ist aus dem elften Stock gestürzt. Irgendwas muss er getan haben, das dich richtig wütend gemacht hat.«
    Sie hatte sich halbwegs gefasst. Stocksteif stand sie da und raffte ihr Nachthemdchen am Ausschnitt etwas zusammen, als könnte sie sich dadurch schützen.
    »Woher kennst du Harvey?«
    »Ich kenne ihn nicht. Aber ich weiß, dass du bezahlt hast, und ich weiß, wie viel.« Er richtete einen Zeigefinger auf sie. »Raffinierte Hexe. Du hast in Ruhe abgewartet und dich gerächt, lange nachdem er dich verlassen hatte. Der erste Überschwang einer neuen Ehe bietet

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