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Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Titel: Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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Armen eine Art Schneise. Die Alarmanlage heulte wieder, gnadenlos, übertönte die verzweifelten Rufe. Als sie endlich unter beiden Füßen festen Uferboden hatte, schob Nicky ihre Arme unter die der Freundin und zerrte sie Stück für Stück aus dem Wasser, wobei Grace halb über ihr hing wie ein volltrunkener Liebhaber. Ein Paar Zentimeter konnte sie sie weiterschleifen, ins Seichte. Dort legte sie sie ab, kniete sich neben sie und stieß so lange gegen ihre Schulter, bis sie sich schließlich drehte. Das blonde Haar lag wie ein dunkler Heiligenschein um ihren Kopf. Alle Farben wurden im Mondlicht zu Schwarz oder Blau. Nur der Ehering an ihrem leblosen Finger glitzerte schwach. Nicky beugte sich über sie, legte eine Hand auf Grace’ Brust und wollte es mit Mund-zu-Mund-Beatmung versuchen, doch dann sah sie – schwarz im Mondlicht – die Blutspur. Unaufhörlich floss Grace Blut über die Brust. Ihre Kehle war aufgeschnitten, von einem Ohr zum anderen.
     
    Irgendwann hatte Sam den Schlüssel gefunden – in ihrer Handtasche, die umgekippt neben dem Herd lag – und war unter Schmerzen barfuß und auf Zehenspitzen über den spitzen Kies der Einfahrt getänzelt. Unter lautem Fluchen und wildem Gestocher mit dem Autoschlüssel hatte sie den abartigen Lärm endlich abgestellt und machte kehrt, um zum Pool und ihrer Bierflasche zurückzukehren. Das Geräusch aber, das jetzt an ihr Ohr drang und weit durch die ländliche Stille hallte, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Diese Schreie konnten nicht von einem menschlichen Wesen kommen. Unmöglich, dass jemand solche Qualen litt.

1
    Fünf Jahre später
    N icky versuchte zu ignorieren, dass der Mann hinter ihr seine Tasche permanent in ihren Hintern bohrte, während die Frau vor ihr sich abmühte, eine Reisetasche von der Größe eines Kühlschranks in das Gepäckschließfach über den Sitzen zu stopfen. Wieso hießen die Dinger überhaupt Schließfächer? Die sprangen doch beim kleinsten Ruckeln auf. Und bei dem Regen – von dem sie nach ihrem unbeholfenen Sprint über das Rollfeld alle noch trieften – war damit zu rechnen, dass es auf dem Heimflug einige Turbulenzen geben würde.
    »Gehen Sie bitte weiter, und nehmen Sie Ihre Plätze ein«, sagte die Flugbegleiterin mit einem schwer zuzuordnenden Akzent. Moldawierin? Lettin? Der Mann hinter ihr schnaubte. Nicky wartete ergeben darauf, dass die Frau vor ihr mit dem Schieben und Stopfen fertig wurde. Sie kamen keinen Millimeter voran. An der hinteren Kabinentür stiegen immer neue Passagiere ein, das Flugzeug füllte sich. Sie sah Leute auf die Fensterplätze drängen, von denen sie selbst gern einen gehabt hätte. Endlich drehte die Frau vor ihr sich mit dem Rücken zur Sitzreihe und machte das Bauch-rein-Rücken-rund-Manöver, um sie vorbeizulassen, und Nicky, die Reihe fest im Blick, an der sie ihrerseits Verrenkungen machen würde, um sich in einen der Miniatursitze zu quetschen, schob sich weiter. Billigflüge waren die Pest.
    »Da können Sie nicht sitzen«, sagte eine strenge Frau in Airline-Uniform und fuchtelte mit einem blutrot lackierten Fingernagel in Richtung der Sitzreihe, die Nicky im Visier hatte.
    »Tragflächenausgang?«, fragte Nicky.
    »Da können Sie nicht sitzen«, lautete die Antwort. Nicky würde nicht diskutieren. Kurz überlegte sie, ob diese Stewardess ein Roboter war, der nur drei Sätze im Programm hatte: »Da können Sie nicht sitzen« – kannte sie schon. »Nein«, und: »Das macht zehn Euro.« (Ohne »bitte«.) Sie ging weiter, rammte mit ihrer Tasche jede am Gang befindliche Kopfstütze und machte sich schließlich selbst daran, ihre gigantische Reisetasche in eines der Gepäckfächer zu stopfen.
    »Warten Sie, ich helfe Ihnen.« Eine große, unbehaarte Hand streckte sich nach der Tasche und versetzte ihr den ultimativen Stoß. Mit vereinten Kräften drückten die fremde und ihre eigene Hand die Tasche in das kleine Fach und schlugen die Klappe zu, als komme damit ein fieses Geheimnis unter Verschluss, das sie schnell vergessen wollten.
    »Nach Ihnen«, hörte sie den Mann sagen. Er stand dicht hinter ihr.
    Sie zögerte nicht, sondern schob sich in Richtung Fensterplatz, ohne sich auch nur einmal umzudrehen. Zum Teufel mit den Manieren. Hier war sich jeder selbst der Nächste. Der Kunststoff quietschte unter ihren Oberschenkeln.
    »Danke«, sagte sie zu der schematischen Darstellung einer Frau, die sich durch eine rauchgefüllte Flugzeugkabine kämpfte. Das Bild klebte

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