Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)
Kopf. Die Welt blickte auf sie, nicht umgekehrt.
Lyndon war noch in Südfrankreich, wo er sich in einer Spezialklinik weiter erholte, deshalb hatte Troy Zeit gehabt, sich Dareks Liste genau anzusehen und eine Art Plan zu machen.
Er setzte sich in Bewegung. Die Straßenseite, auf der er ging, lag im tiefen Schatten. Als das Telefon in seiner Tasche – Dareks Telefon – klingelte, blieb er stehen. Er meldete sich, und eine Frauenstimme sagte: »Darek?«
»Der hat sich zur Ruhe gesetzt. Ich bin die Ablösung.«
Die Verbindung wurde unterbrochen.
Troy fluchte, genervt davon, dass ein Abstecher in seinen neuen Geschäftszweig offenbar endete, bevor er richtig begonnen hatte. Doch fünf Minuten später rief sie noch einmal an.
»Machen Sie das Gleiche?«
»Ihr Problem, mein Vergnügen.« Das hatte er vor dem Spiegel geübt. Es war ihm cool vorgekommen. Jetzt probierte er es zum ersten Mal aus. »Wo?«
»Paddington-Green-Friedhof, wie gehabt.«
Wie gehabt.
Also hatte Darek gelogen. Er hatte sehr wohl Stammkunden. »Etwas genauer.«
»Das Grab mit dem weinenden Engel. Gang 1 B.«
»Alles im Voraus.«
»Natürlich«, sagte sie.
»Selber Preis.«
Sie widersprach nicht. »Ich möchte es schnell erledigt haben.«
»Okay.«
Sie schwieg einen Moment. »Ich sorge dafür, dass heute Nachmittag um drei etwas dort ist.«
Troy lächelte. Er sollte nach einem Blumengesteck mit dem Geld und einem unbeschrifteten Briefumschlag schauen, in dem das Bild war.
»
Muchas gracias.
Übrigens, wenn Sie ein Gesteck hinlegen: Ich mag Gänseblümchen.«
Sie schnaubte. »Symbol der Unschuld. Mir sind Chrysanthemen lieber.«
»Was bedeuten die?«
»Tod.«
Troy schaute das Telefon an, aber sie hatte schon aufgelegt.
12
T roy sagte nicht hallo, sie gaben einander nicht die Hand und taten auch sonst nichts, das darauf hingedeutet hätte, dass sie etwas miteinander zu schaffen hatten. Das gehörte zum Spiel des Anheuerns: Leute abschätzen, vorsichtig sein. Sie hatten einander erkannt und gingen nun nebeneinander her.
»Komischer Ort für ein Treffen!« Struan musste schreien, um die vielen Tröten und Rasseln zu übertönen.
Troy neigte den Kopf und sagte leise: »Gute Tarnung.«
Sie wollten weitergehen, aber um sie herum herrschte zu dichtes Gedränge.
»Was machen die alle hier?« Entgeistert starrte Struan auf die Horden von Menschen, die Pappschilder schwenkten und Bettlaken hochhielten, auf die große Buchstaben genäht waren. Im Schneckentempo bewegte sich der Zug The Strand hinunter in Richtung Trafalgar Square.
»Studentenmarsch«, antwortete Troy. »Was meinst du, warum sie auf der Straße sind? Mehr Geld oder weniger Sparmaßnahmen. Wegen was anderem demonstriert keiner.« Er riss die Arme hoch, als wolle er sich dem Protest anschließen. »Genieß es. So was machst du vielleicht nie wieder mit.«
Struan runzelte die Stirn und starrte einen Typen an, der rund um die Oberlippe gepierct war und eine kahlgeschorene Frau im Arm hielt. »Guck dir die an«, rief er. »Das sind ja alles Freaks!«
Troys Blick wanderte zu Struans Unterarm, um den sich eine tätowierte Schlange wand bis unter das Armband seiner goldenen Uhr. »Kommt ganz auf deine Einstellung an, schätze ich.«
Struan zupfte sich das Hemd vom Leib weg. »Scheiße, ist das heiß! Ich brauch das nicht, ehrlich gesagt. Gestern ist auf dem Parkplatz vorm B&Q-Baumarkt jemand umgekippt. Louise musste hin und helfen. Meine Schuhe sind voller Teer. Das Zeug ist geschmolzen bei der Hitze.« Er verzog das Gesicht. »Das kriegst du nie wieder ab.«
Troy lächelte. Struan hatte sich überhaupt nicht verändert. Er war geschwätzig wie eh und je, und er war immer noch mit Louise zusammen. Sie kannten einander schon ewig. Das war zwar keine Garantie dafür, nicht fallengelassen zu werden, wenn sich dem anderen etwas Besseres bot, aber es schien doch sicherer, als es mit einem Fremden zu versuchen. Zugleich war die Sorge, dass er die Seiten gewechselt haben konnte und Sachen machte, die er nicht machen sollte, immer da.
Struan war vom Soldaten zum Türsteher avanciert. Er arbeitete für einen Mann aus Essex, der die Eingänge sämtlicher teuren Clubs im West End kontrollierte. Aufgabe des Türstehers war es nicht, zu entscheiden, welche Weiberrunde und welche Fußballer reingelassen wurden und welche nicht, oder bestimmten Paparazzi Tipps zu geben, vielmehr ging es darum, welche Drogendealer drinnen ihre Geschäfte abwickeln durften und welche rausflogen. Wurde
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