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Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Titel: Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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bringen. Er musste eine Möglichkeit finden, dem Grizzly Angst zu machen, oder er würde sterben und nie gefunden werden. Als er erschöpft, voller Angst, durstig und komplett durchgefroren in eine Schlucht ohne zweiten Ausgang geriet, versuchte er einen allerletzten Trick: Er verlängerte seine Zeltstangen, spannte die Planen darüber und befestigte sie so, dass sie wie Flügel aussahen. Dann nahm er das Ganze auf die Schultern, breitete die Arme aus und rannte schreiend auf den Grizzly zu. Er zeigte sich größer, furchteinflößender und mutiger, als er in Wahrheit war. Der Bär machte kehrt und floh.
    Nicky dachte an das Graffito, das Adam ihr an der Themse gezeigt hatte. »Angst macht den Wolf größer.« Den Rest der vergehenden Nacht verbrachte sie damit, sich Mut zu machen und ihre Angst zu überwinden.

23
    U m acht klopfte er an die Tür wie der schüchterne Betreiber einer Bed-and-breakfast-Pension und brachte ihr tatsächlich Frühstück. Er trug dieselben schmutzigen Klamotten, Hose und T-Shirt, wie am Tag zuvor und sah mitgenommen aus. Offenkundig war sie nicht die Einzige, die schlecht geschlafen hatte.
    »Hier, ich hab dir Tee gekocht.«
    Misstrauisch besah sie das Getränk. Hatte er etwas hineingemixt? Doch dann öffnete er die Handschellen und setzte sich neben sie auf die Bettkante, und sie war so froh über die befreite Hand, dass sie ihm die Tasse abnahm und trank.
    »Was machen wir denn heute Schönes?« Ganz konnte sie sich den Sarkasmus nicht verkneifen. Die Aussicht, wieder angekettet zu werden oder stundenlang in der Erde zu wühlen und vergebens nach Was-auch-immer zu suchen, war nicht gerade ermutigend.
    »Es tut mir leid, Nicky, wirklich.« Er mied ihren Blick und starrte verlegen in Richtung Tür.
    Nicky stand auf und testete ihren Fuß. Er fasste sie beim Arm, um sie zu stützen, doch sie schüttelte seine Hand ab und hielt sich lieber am Bettpfosten fest. Dann humpelte sie unter Stöhnen zur Tür, obwohl der Fuß in Wahrheit kaum noch weh tat. Das war ein Vorteil, den sie nicht an die große Glocke hängen würde.
    An der Biegung auf halbem Weg die Treppe hinunter kam der Leichnam in ihr Blickfeld. Das Bild jagte Nicky einen unsagbaren Schrecken ein. Sie sah das Blut schwarz und verkrustet in den Haaren kleben, sah, dass der eine Mundwinkel sich grünlich verfärbt hatte. Bald würden die Fliegen hier einen Festschmaus halten. Sie drehte sich zu Adam um, richtete sich kerzengerade auf und musterte ihn voller Verachtung.
    Während er unter ihrem Blick regelrecht zu schrumpfen schien, schaute auch er zu dem Toten hinunter.
    »Ich werde dir sagen, warum du hier bist.«
    »Was?« Er hatte so leise gesprochen, dass sie nicht sicher war, ob sie richtig gehört hatte.
    »Hilf mir heute noch mal graben, und ich sage dir, warum ich dich hierbehalte.«
    »Sag es mir jetzt.«
    Er schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Aber ich werd’s dir sagen.«
    »Hat es was mit Grace zu tun?«
    Ein gequälter Ausdruck trat auf sein Gesicht. Im Grunde wirkte er krank. Sein Shirt roch nach altem Schweiß. Er war unentschlossen, und das sah man ihm deutlich an.
    »Später«, sagte er.
    »Du sagst es mir jetzt, verdammt!«
    Doch er ging schon weiter die Treppe hinunter, und Nicky blieb nichts übrig, als ihm zu folgen.
    Ein langweiliger, heißer, anstrengender Vormittag ging mit Graben dahin. Adam lenkte den Traktor, Nicky humpelte barfuß hinterher, ohne zu wissen, wonach sie die Furchen absuchte. Es war ein Meer aus Steinen, kaputten Baumwurzeln und endlosem schwarzen Matsch. Der aufregendste Fund war ein Bündel rostiger alter Nägel, die zu Krümeln zerfielen, als sie sie berührte. Und die ganze Zeit beschäftigte sie das Versprechen, das Adam ihr auf der Treppe gegeben hatte. Ihre Sorge war, dass er sie ganz umsonst neugierig machte. Die Stimme der Vernunft sagte ihr, dass mit einer Enthüllung nicht zu rechnen war, dass es für das, was er hier mit ihr machte, keine Rechtfertigung gab – das war durch nichts zu rechtfertigen.
    Als sie schließlich um die Mittagszeit eine weitere Furche bis zum See gegraben hatten, blieb Nicky einfach stehen, schüttelte den Kopf und machte den schmerzenden Rücken gerade.
    »Ich brauche was zu trinken, und ich brauche eine Pause«, sagte sie.
    Adam nickte und kletterte aus dem Fahrerhaus.
    »Ich bringe dich rein«, sagte er, hob sie hoch und trug sie über den Rest der Rasenfläche bis in die Küche, wo er sie neben der Spüle behutsam absetzte. Dann schenkte er zwei

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