Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)
groß und aufgekratzt und musste das gute Wetter in vollen Zügen genossen haben, wie Jenny missmutig feststellte, als sie den Sonnenbrand auf seiner Nase sah.
»Ihr habt hier ein ziemliches Verkehrsproblem«, sagte sie und nickte zur Straße hin.
Martin zuckte die Achseln. »Wochenende. Hier morden die Leute für einen Parkplatz«, sagte er und rief mit einem Lächeln den Kollegen oben zu, es möge jemand herunterkommen und sich um das Chaos auf der Straße kümmern.
»Nicht beschädigt«, merkte Jenny an, die sich die billige Tür am Fuß der Treppe genau ansah.
»Auf einen Einbruch deutet nichts hin, aber es hat ein Kampf stattgefunden«, erklärte Martin, während sie nach oben gingen und ins Wohnzimmer gelangten.
Zwei Männer waren noch dabei, auf der Jagd nach Fingerabdrücken alles mit Pulver einzupinseln, und eine Frau fotografierte, aber die meisten Spurensicherer hatten den Tatort bereits verlassen und das Beweismaterial, das sie brauchten, mitgenommen.
An einem Erkerfenster hingen blütenreine helle Tüllgardinen, und an der gegenüberliegenden Wand stand ein modernes graues Sofa. Im rechten Winkel zum Fenster stand eine ebenfalls moderne Regalwand, in der DVD s untergebracht waren, dazu mehrere gerahmte Fotos und eine Plüschkatze, die mit den Worten »easy tiger« bestickt war. Der gläserne Kaffeetisch stand merkwürdig schief da. Die Blutspuren reichten bis zu dem großen, teuren Flachbildfernseher in der Ecke.
»Jemand hat Snacks gegessen«, sagte Martin und wies auf den Dielenboden.
Dort lagen verstreute Chips, eine Schüssel und eine Tasse. Über Sofa und Boden verteilten sich mehrere zerknüllte Frauenzeitschriften, von denen einige mit Blut bespritzt waren.
»Und dann dieser Kratzer an der Wand …«
Beide Frauen drehten sich um und sahen eine diagonal verlaufende Spur in der dunkelrosafarbenen Wand.
»Wir vermuten, das war der Lauf des Gewehrs, um das die beiden gerangelt haben. Aus dem Winkel, in dem das Blut auf den Fernseher gespritzt ist, schließen wir, dass Louise Bell rücklings auf den Tisch gestoßen und dann erschossen worden ist. Bisherigen Schätzungen zufolge ist der Tod am Donnerstag zwischen dreizehn und fünfzehn Uhr eingetreten.«
»Jemand aus meinem Team hat sie nach dem Tod von Struan Clarke befragt«, sagte Jenny. »Die beiden waren seit über fünf Jahren zusammen.«
Martin nickte. »Ihre Mutter und sie haben jeden Tag telefoniert. Sie waren wie Schwestern. Nach dem Tod von Struan Clarke hätte sie sie am liebsten überhaupt nicht allein gelassen, sagt die Mutter, weil Louise so mitgenommen war. Als sie nichts von ihrer Tochter hörte, ist sie einfach hergekommen und hat den Schlüssel benutzt, den sie von Louise bekommen hatte. Sie hat einen schweren Schock erlitten.«
»Louise hat erklärt, keine Ahnung zu haben, was Struan draußen in Dorset wollte, mitten in der Nacht in einem Landhaus«, sagte Jenny. »Das hat sie völlig unvorbereitet getroffen.«
»Das Gleiche sagt auch die Mutter«, ergänzte Martin. »Sie wusste nur, das Struan Türsteher war.«
»Ein Gewehr macht doch ziemlichen Lärm. Hat denn niemand etwas gehört?«, fragte Sondra.
Martin schüttelte den Kopf. »Der Nachbar von unten ist in Griechenland, die links und rechts waren aus beziehungsweise sind verreist, und die, an deren Grundstück der hintere Garten grenzt, sprechen kein Wort Englisch. Wir warten auf einen Tagalog-Dolmetscher, der aus Kensington kommen soll.«
»Tagalog?«, wiederholte Sondra.
»Eine der Sprachen auf den Philippinen«, erklärte er. »Es gibt weder Gegensprechanlage noch Summer, das heißt, sie muss nach unten an die Tür gegangen sein und dann den Mörder mit nach oben genommen haben.«
»Also war es vermutlich jemand, den sie kannte.«
Martin nickte.
»Und das Gewehr …«
»Wir warten noch auf den endgültigen Bericht, aber wir wissen bereits, dass es eine Beretta 687 war, ein ziemlich gängiges Modell, das sich auf vielen Bauernhöfen findet.« Er zögerte kurz. »Oder ländlichen Anwesen, und damit meine ich nicht solche wie die da drüben hinter der Hauptstraße.«
»Im Haus Hayersleigh gibt es zwei registrierte Gewehre«, ergänzte Jenny. »Sie sind beide noch da, aber dort herrscht insgesamt – vorsichtig ausgedrückt – ein ziemliches Durcheinander.«
Sie verstummte. Verbrechen, vor allem Gewaltverbrechen, kamen fast immer unverhohlen, brutal, schmutzig daher. Leidenschaft machte aus Menschen Tiere – die menschliche Rasse war keineswegs
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