Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)
beugte sich zu ihr vor. »Hör zu.« Sie legte ihre Hand auf die von Nicky. »Dieser Mann gehört ins Gefängnis. Es wird nicht das erste Mal gewesen sein, dass er so was getan hat, und höchstwahrscheinlich wird er es wieder tun. Das ist ein Verhaltensmuster. Und dass er gut aussieht, verschafft ihm schlicht die Möglichkeiten. Er ist ein Gewalttäter der übelsten Sorte.«
»Aber Adam hat mich gerettet. Oder?«
Sie sah, dass Maria sich nur mit großer Mühe beherrschte. Mit so viel Widerspruch hatte sie nicht gerechnet, doch sie nahm es damit auf.
»Warum hatte dieser Mann ein Foto von mir im Auto?«
Maria zuckte die Achseln. »Weil Adam es ihm gegeben hat? Für mich klingt das so, als hätten sie einander gekannt und gemeinsam geplant …« Sie wechselte schnell das Thema. »Und was ist mit dieser verrückten Freundin? Eigentlich hat sie dich in die Themse gestoßen. Die arbeiten zusammen, was es nur noch schlimmer macht!«
»Ja, und was ist mit den anderen Sachen? Sieht so aus, als gäbe es über Greg noch viel mehr zu wissen! Er hatte noch eine verdammte Freundin, die gestorben ist – und diese war schwanger!«
»Nicky!« Jetzt flüsterte Maria. »Wir reden über das, was in den letzten Tagen passiert ist, nicht über etwas, das – wie viel? – fünfzehn Jahre zurückliegt!«
»Liz hat gesagt, ich soll meine Nase nicht da hineinstecken. Als ich das mit Francesca raushatte, war sie plötzlich wie ausgewechselt. Da ist was, ich spüre es.«
Maria lehnte sich noch weiter über den Tisch, packte sie bei den Armen, dass Nicky stöhnte, und schüttelte sie.
»Du bist Journalistin! Du arbeitest mit Fakten. Du achtest die Wahrheit. Die R-e-a-l-i-t-ä-t. Die kannst du nicht
spüren.
«
»Greg war wirklich komisch. So als … als wüsste er, was mir passiert ist!«
»Okay. Okay. Okay.« Maria war kreidebleich. Sie umklammerte immer noch Nickys Arme. Plötzlich ließ sie sie los und zeigte auf den Verband, der sich unter dem Ärmel von Nickys dünnem Pulli abzeichnete. »Zieh das aus. Jetzt.«
Nicky wollte protestieren, konnte es aber nicht wirklich. Maria zog ihr den Pulli über den Kopf und starrte zunächst auf den Verband an Nickys einem Arm und dann auf die blauen Flecken und Schürfungen an dem anderen. Eine ganze Weile herrschte Stille, und dann sah Nicky, dass Maria Tränen in den Augen hatte.
»Das hat er dir angetan, oder?«
Nickys Schweigen war Antwort genug.
»Gibt es noch etwas, das du mir sagen möchtest, Nicky?«
Nicky schüttelte den Kopf. Sie konnte Maria nicht in die Augen sehen.
Nach einer weiteren langen Pause fragte Maria: »Wo ist Adam jetzt?«
»Das weiß ich nicht.«
Maria wirkte völlig erschlagen. Als hätte sie eben erfahren, dass etwas, woran sie immer fest geglaubt hatte, auf einer Lüge beruhte.
»Du denkst, das hat etwas mit Grace zu tun, oder?«
Nicky nickte.
»Nur damit ich sicher sein kann, dass ich das richtig verstanden habe: Du glaubst, dass Greg dieser Francesca etwas angetan hat und auch in Grace’ Tod verwickelt war, dass er irgendwas mit Adam zu tun hat oder dass Adam weiß, was er getan hat, und dass Adam, obwohl er dich gekidnappt hat und du dein Leben aufs Spiel setzen musstest, um dort wegzukommen, auf irgendeine Art versucht hat, dir zu helfen.«
»Ich weiß nicht.«
»Ist dir klar, dass du, wenn du das glaubst, zugleich sagst, dass du mit einem Serienmörder verheiratet bist? Glaubst du im Ernst, dass Greg ein mehrfacher Mörder ist? Dass er die Frauen, die er liebt, umbringt und von seiner Schwester gedeckt wird?«
»Er kommt. Morgen schon. Nachdem ich mit Liz gesprochen habe, hat er beim Dreh alles stehen und liegen lassen, nur um nach Hause zu kommen!«
Nicky starrte auf das Fenster, gegen dessen Scheibe wieder und wieder eine Hummel prallte, die längst hätte schlafen müssen. Unbelehrbar warf sie sich mit Kopf und Leib gegen das Glas und tötete sich damit Stück für Stück selbst. In Nickys Kopf erhob sich ein Stimmengewirr, das zu einem Schrei anschwoll. Sie spürte Marias Hand um ihr Handgelenk.
»Ich habe Greg angerufen und ihm gesagt, dass ich mir Sorgen um dich mache. Ich wusste nicht, wo du steckst! Deshalb kommt er nach Hause!«
»Mein Gott!«
Immer noch hielt Maria ihre Hand. »Hör zu, Nicky. Es gibt viele böse Männer. Brutale Männer, verrückte Männer. Sie sind jung oder alt oder irgendwas dazwischen. Du hattest das Pech, einem von ihnen zu begegnen. Du bist mit dem Leben davongekommen, du hast wirklich Glück gehabt.
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