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Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Titel: Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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Student mitgenommen hatte. Er ergab sich diesen Wogen, ließ sich von ihnen fluten. Er war alles andere als religiös, aber in diesen Nächten hatte ihn das Was-wäre-gewesen-wenn fest im Griff und der Gedanke, wie leicht er auch einen anderen Weg hätte gehen können.
    Früher hatte er Liz als Krücke benutzt, um da durchzukommen, aber ihr Verhältnis war in den vergangenen Jahren auf viele Proben gestellt und verschlissen worden und nur noch eine Mikrofassung dessen, was es einmal gewesen war. Manchmal ärgerte er sich auch über seine Schwester. Dann fragte er sich, ob sie deshalb so verbittert und ihm gegenüber so distanziert war, weil sie fand, er leide nicht genug. Ihre Unterstützung hatte seinen Erfolg beflügelt und damit zugleich die Kluft zwischen ihnen beziehungsweise ihren Lebensstilen vergrößert. Das hatte sie nicht einkalkuliert, und vielleicht war sie deswegen so frustriert. Sie hatte Dan, um den sie sich sorgte, und einen Ex-Mann, den sie hasste. Hass hatte für sie eine reinigende Funktion. Greg zweifelte keine Sekunde daran, dass seine liebe Schwester ihren Ex-Mann umgebracht hätte, wenn sie nur gewusst hätte, wie. Wenn sie nur den Mumm gehabt hätte. Nein, an diesem Abend keine Liz. Er war jetzt im mittleren Alter. Er blieb für sich.
    Kinder, die ihn an einen Ort und bestimmte Routinen gebunden hätten, hatte er nicht. Er hatte Tote, Erinnerungen, die er auszublenden suchte, eine nie nachlassende Reue, Hoffnungen, die wieder und wieder zunichtegemacht wurden. Und nun hatte Nicky es fertiggebracht, sein ganzes Elend ans Licht zu zerren.
    Er wankte den Flur entlang bis zu seinem Zimmer, wo er eine Weile mit der Karte fummeln musste, um die Tür aufzubekommen. Im Zimmer war es genauso stickig wie in der Bar. »Willkommen in London«, sagte er zur Wand und ließ sich aufs Bett fallen. Jim Beam lief ihm über die Hand. »Na los, kommt schon, alle, und holt mich!«

40
    N achdem Greg abgerauscht war, hatte Nicky angenommen, er werde zurückkommen. Als die erste Stunde um war und er sich nicht hatte blicken lassen, war sie wütend geworden – war auf seine Reisetasche gesprungen und hatte sie durch den Flur gekickt, war im Sturmschritt auf und ab gegangen und hatte auf ihren abwesenden Mann geschimpft. Anderthalb Stunden später hatte sie ihn angerufen und auf der Mailbox die flehentliche Bitte hinterlassen, er möge nach Hause kommen. Weitere zwei Stunden später hatte sie sich aufs Sofa geworfen und nichts anderes mehr empfunden als tiefe, tiefe Liebe. Und tiefen Schmerz. Sie liebte ihn so sehr, und er schien sich immer weiter von ihr zu entfernen. Die Entdeckung, dass es vor Grace schon eine ganze Geschichte gegeben hatte, war schwer zu verkraften. Die hatte ihr den Stachel des Misstrauens eingepflanzt.
    Als es klingelte, war sie zur Tür gerannt und hatte sich geschworen, dass sie ihm keine Vorwürfe machen, sondern ihn in die Arme schließen würde und dass sie das alles gemeinsam klären würden. In der Notaufnahme war sie in einem psychischen Ausnahmezustand gewesen. Die Panik, die sie dort ergriffen hatte, war eine Folge dessen gewesen, was sie in Adams Gewalt durchgemacht hatte. Wie sonst hatte Greg ihr am Telefon verdächtig erscheinen können? Immerhin hatte sie ihn mitten in der Nacht aus dem Schlaf geholt. Nun würde sie sich mit ihm hinsetzen und ihm alles erzählen. Und er würde ihr verzeihen. Sie konnten neu anfangen.
    Sie war so sicher gewesen, dass Greg draußen stand, dass sie die Tür aufgemacht hatte, ohne zuvor durch den Spion zu schauen.
    Es war nicht ihr Mann gewesen. Und der Kloß, der sich beim Öffnen der Tür in ihrer Kehle gebildet hatte, war in den Stunden seither ständig gewachsen. Er wuchs noch. Er war inzwischen so groß, dass sie kaum noch wusste, wie sie Luft bekommen sollte.
     
    Direkt ihr gegenüber saß Inspector Broadbent, aber die Befragung wurde jetzt von einem Riesen namens Martin Webster geführt.
    »Sie haben keine Ahnung, wer Louise Bell ist?« Er wiederholte jede einzelne seiner Fragen, um ihnen Nachdruck zu verleihen.
    »Ich habe den Namen nie gehört, und das Bild hilft mir auch nicht weiter. Ich bin ihr nie begegnet.«
    Webster hatte einen Ablagekasten vor sich stehen. Aus dem nahm er eine Tüte, die er umdrehte und so vor Nicky hinlegte, dass sie den Inhalt sehen konnte.
    »Ist das Ihre Kette?«
    Instinktiv griff Nicky sich an den Hals. Ihre Kette. Die sah wirklich aus wie ihre. Sie nahm die Tüte zur Hand. Das Gewicht stimmte, die Stärke der

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