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Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Titel: Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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Tanger. Die Stadtverwaltung musste dringend etwas an der Müllentsorgung ändern.
    Er schluckte die Eiswürfel aus seinem Glas und rülpste. Da hatte er über Nicky nachdenken wollen, über ihr Auseinanderdriften, darüber, wie wunderbar Liebe erblühen und wie schnell sie welken konnte, und stattdessen machte er sich Gedanken über die Abfallfrage im Stadtbezirk Camden. Ein Zeichen – als hätte er das nötig –, dass er die Lebensmitte erreicht hatte. Da war er hineingerasselt wie ein Müllwagen in die Poller auf der Kilburn High Road. Aber wie Tanger roch, wusste er, weil er mit Francesca dort gewesen war.
    Ein Stück weiter auf dem Tresen stand eine Silberschale mit Erdnüssen, die angelte er sich. Warum auch nicht? Er warf ein paar in die Luft und wollte sie mit dem Mund auffangen, doch er kriegte nicht einmal mit, wie sie wieder herunterkamen. Erdnüsse wuchsen wahrscheinlich in Tanger. Film-Caterer boten keine an: zu allergieträchtig – da drohten juristische Konsequenzen –, zu kalorienreich für die jungen Talente. Er rief Vladek heran, damit der ihm nachschenkte. Er war nicht mehr in Kalifornien. Er war aus einem Dreh ausgestiegen! Die kurze Nachricht von Liz und die besorgte von Maria hatten ihn dazu getrieben, die Arbeit hinzuwerfen. Nach dieser Nummer würde er wahrscheinlich nie wieder einen Job kriegen.
Hier kriegst du kein Bein mehr auf die Erde
 – oder so ähnlich hatte die Produzentin Julia Phillips in ihrem Buch die Machtspielchen im Filmgeschäft beschrieben. Aber nach dem, was er durchgemacht hatte, war es da ein Wunder, dass er paranoid war und misstrauisch und schwierig und – er mochte es kaum denken, aber es waberte doch durch sein trunkenes Hirn – mit einem Fluch beladen? Der verfluchte, verachtenswerte Greg, der mit fragwürdigen Taktiken versuchte, die Dämonen in Schach zu halten: indem er seine eigene Schwester auf seine Frau ansetzte und seine Seelenpein hinter einer Mauer aus Schweigen verbarg. Er zerkaute einen Eiswürfel. Vielleicht hatte Liz ein bisschen zu viel Spaß daran, den Wachhund zu spielen.
    Und so war er in Cricklewood gestrandet, allein. In ihm loderte der alte Zorn. Sollten sie doch alle bleiben, wo der Pfeffer wuchs, Nicky eingeschlossen. Als er den nächsten Schluck Whiskey trank, merkte er, dass seine Hand zitterte. Er taumelte am Abgrund, aber an diesem Abgrund hatte er schon oft gestanden – zu oft. Es war, als streckten die toten Frauen die Hände nach ihm aus, um ihn in die Tiefe zu reißen.
    Wir leben unsere Lügen, dachte er. Sie sind unsere Schutzmechanismen. Erhalte eine Lüge zwanzig Jahre lang aufrecht, und sie wird zur Wahrheit. Er hatte sich seine eigene Wahrheit erschaffen, so verdreht sie auch sein mochte. Im Grunde hatte er nur getan, was jeder andere auch getan hätte. Was getan werden
musste.
Deswegen würde er keine Schuldgefühle entwickeln.
    Warum war er so auf Blondinen fixiert? Vielleicht wäre sein Leben anders verlaufen, hätte er sich für Rothaarige entschieden? Vielleicht würde er dann mit Frau und ein paar Kindern in Essex leben und nach den Frauen der Nachbarn schielen. Aber egal, ob echt oder aus der Flasche, blond war einfach was Besonderes. Alle seine Freundinnen hatten diesen Honigton gehabt. Für ihn war das die Farbe des Begehrens, ein Symbol für seinen Schwung und Ehrgeiz, und auch dafür würde er sich nicht entschuldigen.
    Der Whiskey brannte in der Kehle. Es gab sehr wohl Dinge, für die er sich zu entschuldigen hatte, aber gegen die schottete er sich ab. Der Whiskey würde die Barriere noch früh genug einreißen, dann würde er absaufen in Angst und Schuldbewusstsein und Selbstvorwürfen und Qual, aber für den Moment gelang es ihm mit einiger Anstrengung noch, die Schotten dicht zu halten.
    »Lassen Sie die Flasche hier stehen.«
    Vladek nickte. »Ich setze sie auf die Rechnung, dann können Sie sie, wenn Sie wollen, mit in Ihr Zimmer nehmen.«
    Da war es, das höfliche »Verzieh dich« von einem Fünfzehnjährigen. O Gott, er war ein Säufer, den sie schamhaft verstecken wollten. Wieder rutschte sein Ellbogen vom Tresen. Er stand auf, bahnte sich einen Weg zwischen kompliziert angeordneten Tischen und Stühlen hindurch und ging nach oben. Dort angelangt, war er lächerlich stolz darauf, die geschwungene Treppe ohne Stolpern bewältigt zu haben.
    Hin und wieder gab es Nächte, da wurden die Erinnerungen übermächtig, da beutelten ihn Schuldgefühle schlimmer als die übelsten LSD -Trips, die er als

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