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Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)

Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)

Titel: Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Parsons
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starrte zu Boden und wünschte sich weit fort. »Hören Sie, es tut mir leid. Wenn ich ungelegen komme, kann ich auch …«
    Aber Mrs Reed machte die Tür noch ein Stück weiter auf. »Sie sollten lieber reinkommen. Draußen ist es eiskalt. Sie holen sich sonst noch den …« Sie hielt inne, und Schmerz flackerte über ihr Gesicht. »Sie holen sich sonst noch eine Erkältung.«
    Das Haus war voller Uhren. Es gab antike Uhren und Digitaluhren, eine riesige Plastikmargerite mit einem Blütenblatt für jede Stunde und einen handbemalten Keramikteller mit römischen Ziffern auf dem Rand. Der Große Vorsitzende Mao winkte Cynthia von einer Uhr auf dem Kaminsims zu, sein Arm bewegte sich bei jedem Ticken.
    Im Wohnzimmer zählte eine Standuhr lautstark die Sekunden. Auf dem Sofa daneben saß ein halbwüchsiges Mädchen. Ihre Augen waren verquollen und gerötet, und sie starrte mit leerem Blick aus dem Fenster. Sie hatte die gleichen feinen Züge und blonden Haare wie das Opfer. Ihre Schwester.
    »Das ist meine jüngere Tochter, Jessica«, sagte Mrs Reed, nahm am anderen Ende des Sofas Platz und bedeutete Cynthia, sich auf den dicken Polstersessel daneben zu setzen. Sie spielte mit dem Ende ihres weißen geflochtenen Zopfes und schien in Gedanken weit weg zu sein. »Aber das stimmtwohl so nicht mehr«, sagte sie langsam. »Jetzt ist Jessica mein einziges Kind.«
    Eine Uhr schlug die falsche Zeit in der darauf folgenden Stille. Cynthia holte ihr Notizbuch hervor und wurde sofort ruhiger. Professionalität war die beste Waffe in diesem Kampf: eine Barriere, die sie von der anbrandenden Trauer trennte, von ihren dunklen Strömungen und tückischen Untiefen. Sie blätterte eine neue Seite auf und strich sie glatt, bevor sie zu den tränenüberströmten Gesichtern von Mrs Reed und ihrer Tochter aufsah. Wo zum Teufel steckte der Vater?
    »Mein Mann bringt es gerade seinen Eltern bei«, sagte Mrs Reed, als könnte sie Gedanken lesen. Um dann an Jessica gewandt fortzufahren: »Wir sollten etwas essen. Wir können nicht einfach aufhören zu essen.«
    »Ich habe keinen Hunger«, sagte das Mädchen.
    Mrs Reed seufzte und wandte sich wieder Cynthia zu. »Was möchten Sie über Lisa wissen?«
    Cynthia dachte kurz nach. »Ich möchte versuchen, mir ein Bild von ihr zu machen. Welche Interessen, welche Hobbys hatte sie? Hatte sie einen Freund?«
    Mrs Reed zog ein Taschentuch hervor und betupfte ihre Augenwinkel hinter der Brille, bevor sie antwortete. »Lisa war so lebenslustig! Mit ihr konnte keiner Schritt halten. Und so voller Pläne. Sie wollte nach dem Studium für ein Jahr nach Südafrika gehen und dort unterrichten. Ich habe mir Sorgen deswegen gemacht.« Stirnrunzelnd schüttelte sie den Kopf, als tauche sie in eine alte Diskussion ein. »Es gibt dort so viele schreckliche Krankheiten.«
    Cynthia nickte. Was für eine grausame Ironie des Schicksals. Die Standuhr schlug einmal und ließ sie zusammenzucken. Mrs Reeds Redefluss schien versiegt.
    »Soweit ich weiß, wurde Lisa von Freunden bis fast hierher gebracht. An dem Abend, an dem sie … verschwand«, sagte Cynthia. »Sie wohnen weit weg von Limehouse. HabenSie irgendeine Ahnung, warum sie dort gefunden wurde? Hatte sie dort Bekannte?«
    Mrs Reed schüttelte seufzend den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste. Aber ich habe versucht, mich nicht in ihr Leben einzumischen. Sie ist schließlich siebenundzwanzig.« Ihr Blick wanderte zum Kaminsims. Dort stand ein Foto von Lisa zwischen den Uhren. Sie lächelte steif vor einem blauen Hintergrund. Ein Schulfoto. Vielleicht konnte sie es ausleihen? »War«, verbesserte sich Mrs Reed und starrte auf das Foto. »Sie war siebenundzwanzig, sollte ich sagen. Aber ich habe mitbekommen, dass sie in den letzten Monaten oft ausgegangen ist.« Ein trauriges Lächeln zerrte an Mrs Reeds Mundwinkeln. »Da war dieser junge Mann, Greg. Ihre Freunde sind ein ziemlich lustiger Haufen und gehen ständig tanzen. Normalerweise hat Lisa versucht, nicht zu spät nach Hause zu kommen, um genug Schlaf zu bekommen. Aber ich glaube, sie war ziemlich verliebt in den Jungen und blieb seinetwegen länger weg. Ich habe nichts dazu gesagt, aber mir Sorgen gemacht, ihr Studium könnte darunter leiden.« Die Stimme wurde etwas lauter, Stolz schwang darin mit. »Sie hat an ihrer Promotion in Geschichte gearbeitet. Aber sie hatte noch viele andere Interessen. Tennisspielen, Reiten, Skifahren.« Mrs Reed stand auf, ging zum Bücherregal und zog ein großes Album mit dickem

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