Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)
Hintern – so heftig, dass Lish vorwärts taumelte.
Cynthia sah das Grinsen in seinem Gesicht, als er sich abwandte, und es war, als hätte man einen Schalter umgelegt. Ohne lange zu überlegen, streckte sie den Fuß aus, als er an ihr vorbeiging, erwischte ihn am rechten Knöchel und schickte ihn zu Boden. Sein Schirm trudelte über den Bürgersteig. Er stammte offensichtlich aus seinem Büro, denn ein Firmenlogo blitzte auf. »Durnham & Wright Immobilien«.
»He! Was zum …« Der blonde Mann kam zum Sitzen und starrte sie ebenso schockiert wie aufgebracht an. Er betrachtete seine aufgeschrammten Hände und hielt sie Cynthia anklagend hin. »Du hast mir ein Bein gestellt, du Scheißschlampe! Guck dir an, was du mit meinen Händen gemacht hast!«
Anstelle einer Antwort zückte sie ihr Handy und fotografierte ihn.
»Entschuldigen Sie sich!«, herrschte sie ihn an, beugte sich vor und zeigte mit der freien Hand auf Lish. »Entschuldigen Sie sich sofort, oder ich gebe Ihr Bild der Polizei und verklage Sie wegen sexueller Belästigung und Körperverletzung.« Ihr dämmerte, dass es vielleicht keine so gute Idee war, sich nachts mit einem Betrunkenen anzulegen, aber sie konnte sich nicht mehr zügeln. Der Blonde erhob sich mühsam, bis er leicht schwankend vor Cynthia stand, sein Gesichtso nah vor dem ihren, dass sie das Bier in seinem Atem riechen konnte.
»Na dann viel Glück!«, sagte er grinsend. »Als ob sich die Polizei einen Scheiß für eine Nutte interessiert, die eine verpasst gekriegt hat!«
»Das werden die durchaus, wenn es von mir kommt«, sagte Cynthia. »Ich bin Journalistin und habe ausgezeichnete Kontakte zur Polizei. Die mir übrigens noch den einen oder anderen Gefallen schuldig ist.«
»Ach ja? Und wie genau soll die mich finden?«
Sie baute sich vor ihm auf und sah ihm direkt in die Augen. »Indem sie als Erstes Ihr Foto bei Durnham & Wright Immobilien herumzeigt. Und dann werden Ihre Kollegen mitbekommen, wie man Sie in Handschellen abführt, weil Sie eine Prostituierte tätlich angegriffen haben. Das dürfte für einiges Gerede sorgen.«
Verblüffung malte sich auf seinem Gesicht, bis sein Blick auf den mittlerweile im Rinnstein liegenden Schirm fiel, und er begriff. Er fluchte leise.
»Und?«, fragte Cynthia. »Werden Sie sich jetzt bei meiner Freundin entschuldigen oder nicht?
Er machte den Mund auf, schien es sich anders zu überlegen und schloss ihn wieder. Er rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Na gut, na gut, wir wollen mal nicht übertreiben: Ich hab ihr einen Klaps gegeben, und Sie haben mir ein Bein gestellt. Ich würde sagen, wir sind quitt.«
Cynthia schüttelte langsam den Kopf, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
»Ach ver…« Dann sagte er zähneknirschend: »Na gut, von mir aus. Sie haben gewonnen. Es tut mir leid. Sind Sie jetzt zufrieden?«
»Nicht bei mir, bei ihr müssen Sie sich entschuldigen.« Cynthia zeigte auf Lish. »Man sieht die Person an, bei der man sich entschuldigt. Hat man Ihnen das nicht beigebracht?«
Er verzog das Gesicht und atmete tief ein. Dann wandte er sich an Lish und deutete eine kleine Verbeugung an. »Es tut mir leid.«
Ihre einzige Antwort war ein vernichtender Blick.
Der Mann sah wieder zu Cynthia hinüber. »War’s das jetzt?«, fragte er.
Sie nickte zufrieden. »Ja. Aber sehen Sie zu, dass das nicht noch mal passiert. Alkohol ist keine Entschuldigung für schlechtes Benehmen.«
Während er davonstolperte, wandte sie sich wieder Lish zu, die Cynthia erstaunt musterte. »Wow!«, sagte sie. »So was habe ich nicht erwartet. Sie sind ja eine Art weiblicher Rocky. Ein Rocky, der für gute Manieren kämpft.«
»Ich bin tatsächlich Gründerin, Direktorin und einzige Lehrkraft der Rocky-Schule für Gutes Benehmen.«
Die beiden Frauen sahen sich einen Moment lang an und brachen dann gleichzeitig in lautes Gelächter aus.
»Mary und ich, wir haben jahrelang zusammengearbeitet«, sagte Lish, während sie die Hände an ihrer Teetasse wärmte.
Sie saßen in einem Café unweit der High Street, das die ganze Nacht geöffnet hatte: ein winziges Loch mit Plastikstühlen und Neonlicht. Sogar die Luft hier drin schien fettgesättigt, und es roch nach frittierten Zwiebeln.
»Zusammengearbeitet? Sie meinen … mit denselben Kunden?«
Lish prustete los. »Wir haben keine flotten Dreier angeboten, wenn Sie das meinen.«
Cynthia wurde rot und spielte mit dem Henkel ihres Kaffeebechers. Sie hatte nicht einmal daran genippt, denn sie traute dem
Weitere Kostenlose Bücher