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Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)

Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)

Titel: Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Parsons
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hob das Gesicht zum dunklen Nachthimmel empor. Jetzt fing es auch noch an zu regnen. Die kalte, feuchte Luft drang ihr durch Mark und Bein, Wärme war nur noch ein ferner Traum. Sie sehnte sich nach ihrem Bett. Wie schön wäre es, sich jetzt unter ihre dicke Daunendecke zu kuscheln. Dann fiel ihr Blick wieder auf den Mann auf dem Bürgersteig.
    Die vor ihm aufgestapelten Zeitungen wurden nass. Auf ihn warteten weder weiche Pantoffeln noch eine warme Decke.Bestenfalls eine schmale Pritsche in irgendeiner Unterkunft zwischen lauter schnarchenden ungewaschenen Männern. Ansonsten ein Schlafsack in einem Ladeneingang.
    Wie konnte er so leben? Wie hielt man das bloß aus?
    Cynthia zog einen Fünfpfundschein aus ihrer Manteltasche und gab sie ihm. Er reichte ihr eine seiner Zeitschriften. »Danke«, sagte sie. »Behalten Sie das Wechselgeld.« Sie wandte sich zum Gehen, als seine Stimme sie innehalten ließ.
    »Mit der müssen Sie reden.«
    Cynthia drehte sich um und fragte sich, ob sie sich verhört hatte. »Wie bitte?«
    »Wegen Mary. Ich hab sie nicht gekannt, aber Lish dort drüben schon. Die beiden waren unzertrennlich.«
    Cynthia sah sich um. Auf der anderen Straßenseite lehnte eine Frau an einem heruntergelassenen Ladengitter und rauchte. Minikleid mit Zebramuster, Stilettos und blondgefärbtes Haar, das dunkel nachwuchs. Sie starrte mit leerem Blick in den aufsteigenden Rauch und sah zutiefst erschöpft aus. Ein Gesichtsausdruck, der sich änderte, als Cynthia näher kam. Jetzt war sie auf der Hut.
    »Hallo«, sagte Cynthia lächelnd. »Wie ich höre, waren Sie mit Mary Davies befreundet?«
    Lish drückte ihre Zigarette an der Hauswand aus. »Na und?«, sagte sie und zuckte die Achseln.
    »Ich bin Cynthia und arbeite als Reporterin für den Sentinel .« Sie hielt ihren Presseausweis hoch. »Ich möchte eine Hintergrundstory über den Mordfall schreiben.«
    Die Frau schnaubte verächtlich. »Ja, klar. Ihr interessiert euch doch einen Dreck für Mary! Damals war sie euch noch nicht mal eine Schlagzeile wert, und jetzt wollen plötzlich alle was über sie wissen.«
    »Alle?«, wiederholte Cynthia verwirrt. »Sie meinen … es hat schon jemand nach ihr gefragt? Wer denn? Ein anderer Reporter? Oder die Polizei?«
    Aber Lish wandte sich brüsk ab und ignorierte die Frage. Sie sah zur High Street hinunter. Bar- und Restaurantbesucher liefen in Zweier- und Dreiergrüppchen zur U-Bahn, der Alkohol ließ sie laut werden, während sie zum letzten Zug eilten. Minicabs fuhren vorbei und hielten nach Kundschaft Ausschau. Musik plärrte aus einem nahe gelegenen Pub, als mehrere junge Frauen unter wieherndem Gelächter herausgetaumelt kamen.
    Cynthia starrte frustriert auf Lishs Rücken und überlegte, wie sie die Frau zum Reden bringen konnte. Da sah sie, dass Lishs Schultern bebten und sie sich mit einer Hand über die Augen fuhr.
    Sie weinte.
    Mitgefühl überwältigte Cynthia, und sie legte Lish sanft eine Hand auf die Schulter. Die andere versteifte sich.
    »Es tut mir leid«, sagte Cynthia. »Ich wollte Sie nicht aus der Fassung bringen.«
    Lish schüttelte den Kopf, ohne sich umzudrehen. »Es geht schon wieder. Es ist nur so, dass … dass ich die Einzige bin, der ihr Tod was ausmacht. Für alle anderen war sie ein Nichts, einfach bloß eine Nutte.« Dann drehte sie sich doch um, beide Wangen waren mit Wimperntusche verschmiert. »Aber mir hat sie etwas bedeutet.« Lish musterte Cynthia von Kopf bis Fuß. »Ich wette, Sie haben ein schönes Leben. Sie können sich doch gar nicht vorstellen, wie das ist, jemanden so plötzlich zu verlieren.«
    Pillen, die aus einem Glasfläschchen fielen. Cynthias Tränen, die auf die Wangen ihres Vaters tropften, während sie ihn wiederzubeleben versuchte. Seine blauen Lippen.
    Alles begann vor ihren Augen zu verschwimmen. Sie musste blinzeln.
    Lish musterte sie immer noch, wenn auch nachdenklicher. »Oder vielleicht doch«, sagte sie langsam.
    Cynthia wollte gerade etwas erwidern, als ein blonderMann mit Schirm vorbeitorkelte und gegen Lish rempelte. Er war jung, gut gekleidet und eindeutig betrunken. Einer von der gut aussehenden, eiskalten Sorte, die Cynthia an einen James-Bond-Schurken erinnerte.
    Er baute sich schwankend vor Lish auf. »Pass doch auf, wo du hinläufst!«, schrie er. Dann glitt sein Blick über ihren Körper und blieb an ihren Schenkeln hängen. Etwas Animalisches glomm in seinen Augen auf. »Blöde Schlampe!«, sagte er, holte aus und gab ihr einen Schlag auf den

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