Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)
Gesundheitsproblemen voraus, sobald die Konsumenten die Folgen des Schlafentzugs zu spüren bekommen.
»Schlaf ist eine hochkomplexe Aktivität«, so Dr. Faisal Pandy. »Ich glaube nicht, dass sich seine wohltuende Wirkung auf den Gesamtorganismus mit einem künstlichen Wirkstoff imitieren lässt.«
Seit der Internethandel mit dem Medikament vor zwei Monaten begann, ist die Nachfrage groß: Bei Redaktionsschluss verzeichnete die Stay-Up-Website 3 038 098 Kunden.
»Ich nehme das Medikament mittlerweile seit vier Wochen und kann mir nichts Besseres vorstellen«, so ein Rechtsreferendar, der gern anonym bleiben möchte. »Nach meinem Sechzehnstundentag war ich normalerweise viel zu gestresst, um richtig schlafen zu können. Aber mit diesem Medikament werde ich gar nicht erst müde und habe viel mehr Zeit für meine Arbeit. Manche Menschen können es sich vielleicht leisten, Zeit mit Schlafen zu verschwenden. Ich kann und will das nicht.«
Damien ging gerade zur Haustür, als Cynthia ihn ansprach. »Ich möchte mitkommen!«, sagte sie mit fester Stimme. Er drehte sich zu ihr um, war bereits halb in seine Jacke geschlüpft. Als er sah, dass sie mit verschränkten Armen im Flur stand, runzelte er die Stirn. »Wirklich?«, fragte er vorsichtig und zog den Reißverschluss zu. »Warum?«
Cynthia atmete tief durch. Sie hatte diese Rede den ganzen Nachmittag geprobt und war fest entschlossen, sich weder verunsichern zu lassen noch aggressiv zu werden. Sie hatten ein echtes Problem. Ein Problem, das dringend angesprochen werden musste.
»Weil ich sonst das Gefühl habe, aus deinem Leben ausgeschlossen zu sein. Ich möchte wissen, worum es geht. Was es dir bedeutet.«
Damien zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Was es mir bedeutet? Cynthia, jetzt übertreib doch nicht so. Ich treffe mich mit ein paar Leuten auf einen Drink, mehr nicht.«
Cynthia schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Das sind nicht nur ein paar Leute. Du triffst dich mit einem Haufen anderer Konsumenten, die …«
»Hör auf, sie so zu nennen«, unterbrach er sie heftig. »Das klingt ja so, als wären wir süchtig! Aber das sind wir nicht. Es geht nicht um Drogen, sondern darum, sich für einLeben ohne Schlaf zu entscheiden. Wir treffen uns auf einen Drink, weil wir gemeinsame Themen haben. So wie du mit Karen und Judy. Aber im Gegensatz zu dir bin ich nicht jedes Mal beleidigt, wenn du mich nicht auf einen deiner Frauenabende mitnimmst.«
»Ach, komm schon! Das ist etwas völlig anderes, und das weißt du auch. Judy und Karen sind meine besten Freundinnen. Ich kenne sie schon seit Jahren . Du kennst diese Leute noch keine neun Wochen. Aber sie scheinen dir inzwischen extrem wichtig zu sein, da du die letzten beiden Monate fast nur noch vor dem Computer verbracht und dich mit ihnen in irgendwelchen Shifter-Chatrooms getummelt hast. Ich fühle mich da einfach ausgeschlossen, und jetzt, wo du sie zum ersten Mal leibhaftig triffst, wäre ich gern dabei. Falls du nichts dagegen hast.«
Damien warf einen vielsagenden Blick auf die Uhr. »Du kannst mitkommen, wenn du unbedingt willst, aber es ist schon nach elf. Ist das nicht ein bisschen spät für jemanden, der Schlaf braucht? Ich dachte, du musst morgen früh arbeiten?«
Cynthia nahm ihren Mantel von der Garderobe. »Das schaffe ich schon«, sagte sie verbissen.
Der Owl Club war ein großer runder Raum mit einer achteckigen Bar in der Mitte. Davon gingen höhlenartige Nischen ab wie Speichen eines Rades. In jeder hingen rote, grüne oder blaue Lampen, die die Wände in unterschiedlich gefärbtes Licht tauchten.
Cynthia und Damien schauten in jede Nische und suchten nach jemandem, der auf die ziemlich bescheuerte Beschreibung passte, die Dan Limin von sich selbst gegeben hatte (»Kurzbeschreibung? Byron mit Goatee«). Schließlich fanden sie ihn in einer blauen, mit weißen Sofas eingerichteten Nische. Er saß neben einer rothaarigen Frau. Ihr gegenüberunterhielt sich ein junger Schwarzer mit einer untersetzten Dunkelhaarigen. Neben ihr saß ein dürres, aknegeplagtes halbwüchsiges Mädchen. Sie konnte kaum älter als fünfzehn sein. Als sie lächelte, blitzte eine Zahnspange auf. Dan verstummte, als Damien und Cynthia näher kamen.
»Hallo«, sagte er. »Du musst Damien sein. Herzlich willkommen.« Er erhob sich und legte eine Hand auf Damiens Schulter, während die Rothaarige auf dem Sofa beiseiterutschte. »Leute, das ist Damien. Wie ihr seht, ist er einer von uns. Und das ist seine Freundin
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