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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Überreste von zwei Kindern, fünf und sieben Jahre alt, aus einem ausgebrannten Haus in Portslade zu bergen. Es war Brandstiftung gewesen. Die Tatsache, dass Kinder die Opfer waren, machte es noch viel schlimmer. Danach hatte er monatelang unter Albträumen gelitten.
    Er wusste genau, dass das, was ihn im Leichenschauhaus erwartete, einen ähnlichen Effekt haben und ihn noch lange verfolgen würde. Aber ihm blieb keine Wahl.
    Er war spät dran, weil sein Vorgesetzter Jim Doyle eine Besprechung angesetzt hatte, die länger als geplant gedauert hatte. Er stieg aus, schloss ab und eilte zum Eingang des Leichenschauhauses, den Kragen seines Regenmantels hochgeschlagen.
    Er klingelte, und kurz darauf öffnete ihm die leitende Leichenbeschauerin Elsie Sweetman, die eine grüne Schürze, blaue OP-Kleidung und weiße Gummistiefel trug.
    Sie war Ende vierzig, hatte lockiges Haar, ein freundliches Gesicht und ein erstaunlich fröhliches Wesen, obwohl sie tagtäglich mit solch entsetzlichen Dingen konfrontiert wurde. Roy Grace war ihr noch immer dankbar, dass sie so freundlich mit ihm umgegangen war, als er bei seiner ersten Autopsie fast umgekippt war. Sie hatte ihn in ihr Büro geführt und ihm eine Tasse Tee gebracht. Er solle sich keine Sorgen machen, so ergehe es der Hälfte aller Polizisten.
    Auf den ersten Blick wirkte das Gebäude wie ein Vorortbungalow, doch der durchdringende Gestank von Desinfektionsmitteln vertrieb den Eindruck rasch. Heute jedoch nahm seine Nase noch etwas anderes wahr, und die Krämpfe in seinem Magen wurden schlimmer.
    In der kleinen Umkleidekabine band er sich eine grüne Schürze um, setzte eine Gesichtsmaske auf und stieg in kurze weiße Gummistiefel, die ihm zu groß waren. Er stapfte durch den Korridor und bog nach rechts ab, ging vorbei an dem versiegelten, verglasten Raum, in dem Leichen untersucht wurden, die vermutlich an ansteckenden Krankheiten gestorben waren. Dann betrat er den großen Autopsieraum und versuchte, nur durch den Mund zu atmen.
    Es gab drei stählerne Untersuchungstische auf Rollen, von denen zwei an die Wand geschoben worden waren. Der dritte stand mitten im Raum und war von Leuten umgeben, die ähnlich gekleidet waren wie er.
    Grace schluckte. Der Anblick jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Sie sah nicht menschlich aus. Die schwarzen Überreste erinnerten an ein schreckliches Ungeheuer aus einem Horror- oder Science-Fiction-Film.
    Bist du das, Rachael? Was ist passiert? Wenn du es bist, wie bist du dann in den gestohlenen Lieferwagen gekommen?
    Dr. Frazer Theobald, der Rechtsmediziner des Innenministeriums, beugte sich gerade über die Leiche, in einer Hand eine Sonde, in der anderen eine Pinzette. Er hätte ein Doppelgänger von Groucho Marx sein können.
    Neben ihm standen Donald Whitely, ein Polizist im Ruhestand, der für das Leichenschauhaus arbeitete, Elsie Sweetman, ihr Mitarbeiter Arthur Trundle und der Polizeifotograf James Gartrell, der seine Linse auf einen Teil des rechten Beins richtete, über dem ein Lineal lag.
    Das gesamte Haar der toten Frau war verbrannt, und ihr Gesicht sah aus wie geschmolzenes schwarzes Wachs. Es war schwer, die Gesichtszüge zu erkennen. Grace wurde immer übler. Obwohl er durch den Mund atmete und die Maske über dem Gesicht trug, war der Geruch nicht zu vermeiden. Er erinnerte ihn an die Sonntagsessen seiner Kindheit, Schweinebraten mit knuspriger Kruste.
    Der Gedanke war obszön, doch der Geruch sandte verwirrende Signale an Hirn und Magen. Ihm wurde zunehmend flau, seine Stirn war schweißbedeckt. Er schaute wieder hin, dann weg und atmete tief durch den Mund. Er sah die anderen an. Sie rochen dasselbe und hatten die gleichen Assoziationen; das wusste er, weil er schon mal mit ihnen darüber gesprochen hatte. Allerdings reagierte wohl niemand derart empfindlich wie er. Hatten sie sich so sehr daran gewöhnt?
    »Wir haben hier etwas Interessantes«, verkündete der Rechtsmediziner leichthin und hielt einen ovalen, etwa zweieinhalb Zentimeter breiten Gegenstand mit der Pinzette in die Höhe. Er war durchsichtig, verschmort und teilweise geschmolzen.
    »Sehen Sie das, Detective Sergeant Grace?«
    Grace trat zögernd näher heran. Es sah aus wie eine Kontaktlinse.
    »Das ist eigenartig«, erklärte der Rechtsmediziner. »Ich hätte es kaum bei jemandem erwartet, der ein Kraftfahrzeug steuert.«
    »Was ist es denn?«
    »Ein Augenschirm.«
    »Ein Augenschirm?«
    Theobald nickte. »Sie werden in Leichenschauhäusern

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