Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben
Autoren: Peter James
Vom Netzwerk:
Dank der Künste ihrer Friseurin war sie immer noch blond, doch der viele Alkohol hatte seinen Tribut gefordert. Ohne Kleider wirkte sie auf Garry wie ein wabbliges Schwein.
    »Meine Schwester Lizzie«, entschuldigte er sich und setzte sich wieder. »Sie ist auf der Polizeiwache in Hove wegen Trunkenheit am Steuer. Ich habe nur dafür gesorgt, dass sie einen Anwalt bekommt und nach Hause gebracht wird.«
    »Lizzie? Wie dämlich, warum macht sie so was?«, wollte Denise wissen.
    »Na klar, sie hat es natürlich mit voller Absicht gemacht«, entgegnete Garry. »Lass sie endlich in Ruhe, Herrgott nochmal. Ihre Ehe war die Hölle, und die Scheidung von diesem Arschloch wird auch nicht viel besser.«
    »Die Ärmste«, bemerkte Ulla.
    »Sie lag weit über der Promillegrenze. Ich frage mich, ob ich sie –«
    »Wag es nicht!«, sagte Denise. »Du hast auch getrunken.«
    »Heutzutage muss man verdammt vorsichtig damit sein«, nuschelte Maurice. »Ich mach das nicht. Darum hab ich auch kein Mitleid mit Leuten, die erwischt werden.« Als er sah, wie sich die Miene seines Freundes verdüsterte, fügte er hinzu: »Natürlich mit Ausnahme von Lizzie.« Er lächelte verlegen.
    Maurice hatte ein Vermögen mit dem Bau von betreuten Seniorenwohnungen verdient. Seine schwedische Frau Ulla engagierte sich seit einigen Jahren für den Tierschutz und hatte kürzlich eine Blockade des Hafens von Shoreham inszeniert, um gegen den nicht artgerechten Transport von Schafen zu protestieren. Besonders in den letzten Jahren schienen die beiden nach Garrys Auffassung immer weniger gemeinsam zu haben.
    Garry war Maurices Trauzeuge gewesen. Damals hatte er heimlich auf Ulla gestanden, eine klassische, flachshaarige, langbeinige Schwedin. Er hatte sogar noch sehr lange auf sie gestanden, doch in letzter Zeit ließ sie sich äußerlich gehen. Auch sie hatte an Gewicht zugelegt und kleidete sich wie Mutter Erde mit formlosen Hängerchen, Sandalen und Hippie-Schmuck. Ihr Haar war wild, und das Make-up ähnelte eher einer Kriegsbemalung.
    »Schon mal vom Coolidge-Effekt gehört?«
    »Was soll das sein?«, fragte Maurice.
    »Als Calvin Coolidge Präsident der Vereinigten Staaten war, besichtigten er und seine Frau eine Hühnerfarm. Der Farmer wurde verlegen, als ein Gockel vor den Augen von Mrs Coolidge eine Henne bestieg. Als er sich entschuldigte, wollte die Präsidentengattin wissen, wie oft am Tag der Gockel dies mache, und der Farmer antwortete: ›Dutzende Male.‹ Darauf flüsterte sie ihm zu: ›Könnten Sie das bitte auch meinem Mann erzählen?‹«
    Garry legte eine Pause ein, worauf Maurice und Ulla lachten. Denise kannte die Geschichte schon und verzog keine Miene.
    »Kurz darauf fragte Coolidge den Farmer: ›Sagen Sie mal, besteigt er immer dieselbe Henne?‹ Der Farmer antwortete: ›Nein, Mr President, immer eine andere.‹ Coolidge flüsterte dem Mann zu: ›Könnten Sie das bitte auch meiner Frau erzählen?‹«
    Als die Ente serviert wurde, lachten Maurice und Ulla noch immer. »Der war gut!«, sagte er und zuckte zusammen, als Ulla ihn unter dem Tisch trat.
    »An deiner Stelle wäre ich da sehr vorsichtig«, sagte sie bissig.
    Maurice hatte Carry im Laufe der Jahre so manche Affäre gebeichtet. Und Ulla hatte nicht selten davon erfahren.
    »Immerhin hatte der Gockel richtigen Sex«, sagte Denise zu ihrem Mann. »Nicht das kranke Zeug, auf das du stehst.«
    Garry lächelte unergründlich. Sie saßen in verlegenem Schweigen da, während Pfannkuchen, Frühlingszwiebeln und Hoisin-Sauce aufgetragen wurden und der Kellner die Ente zerlegte, bevor er sich zurückzog.
    Maurice nahm sich einen Pfannkuchen und wechselte rasch das Thema. »Und, wie sieht es mit den Geschäften im neuen Jahr aus, Carry? Meinst du, die Leute werden sparen?«
    »Woher soll er das denn wissen?«, mischte sich Denise ein. »Er ist doch ständig auf dem Golfplatz.«
    »Natürlich, meine Liebe! Dort knüpfe ich neue Kontakte. So habe ich mein Geschäft aufgebaut. Ich habe die Polizei als Kunden gewonnen, weil ich einmal mit einem Beamten Golf gespielt habe.«
    Garry Starling hatte als Elektriker angefangen und für die Firma Chubb Alarmanlagen installiert. Danach hatte er sich selbständig gemacht und zuerst von einem winzigen Büro in der Stadtmitte von Brighton aus gearbeitet. Sein Timing war perfekt gewesen, da die Sicherheitsindustrie zu boomen begann.
    Er hatte das große Los gezogen. Er nutzte seine Mitgliedschaft im Golfclub, bei Round Table und den Rotariern,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher