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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben
Autoren: Peter James
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klingelte.
    »Oh, Scheiße!«, sagte sie. »Deine Schuld, dass ich mal wieder so spät dran bin, du blöder Kerl!« Sie schlug ihn noch einmal so fest auf den Oberschenkel, dass seine dünne Jeans durchbohrt wurde. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
    Sie rannte aus dem Zimmer und rief: »Lass ihn rein, er soll unten warten!«
    Sie knallte die Schlafzimmertür zu.
    Jak rappelte sich unter Schmerzen vom Boden auf und hinkte aus dem Zimmer. Er ging langsam und ließ sich absichtlich Zeit, als er die Treppe des kleinen Reihenhäuschens am Rande der Whitehawk-Siedlung hinunterstieg. Unten angekommen, klingelte es erneut.
    Seine Mutter brüllte: »Mach auf, lass ihn rein! Ich will nicht, dass er wieder geht. Wir brauchen das Geld!«
    Jak hinkte schmollend zur Tür, wobei ihm Blut über das Gesicht lief und an mehreren Stellen durch T-Shirt und Hose sickerte. Zögernd machte er auf.
    Ein gedrungener, schwitzender Mann in schlecht sitzendem grauen Anzug stand da und schaute ihn verlegen an. Jak starrte ihm entgegen. Der Mann starrte zurück und wurde rot. Jak erkannte ihn, er war schon ein paarmal da gewesen.
    Er drehte sich um und rief die Treppe hinauf: »Mum! Da ist wieder dieser stinkende Mann, den du nicht magst, zum Ficken gekommen!«

17
Samstag, 27. Dezember 1997
    Rachael zitterte. Ein tiefes, dunkles Grauen brodelte in ihr. Ihr war so kalt, dass sie kaum denken konnte. Ihr Mund war ausgedörrt, sie war kurz vor dem Verhungern. Gierte verzweifelt nach Wasser und Nahrung. Sie hatte keine Ahnung, wie spät es war. In der tiefen Schwärze konnte sie ihre Uhr nicht sehen und auch nicht erkennen, ob draußen Tag oder Nacht war.
    Hatte er sie hier zum Sterben zurückgelassen? Oder kam er zurück? Sie musste weg, irgendwie. Irgendwie. Irgendwie.
    Sie horchte auf Verkehrslärm, auf den Schrei einer Möwe, der ihr verriet, dass sie in der Nähe des Meeres war. Doch sie hörte nur das gelegentliche, schwache Geheul einer Sirene. Jedes Mal fasste sie neue Hoffnung. Suchte die Polizei nach ihr?
    Bestimmt.
    Sicher hatten ihre Eltern sie längst als vermisst gemeldet. Sie hatten der Polizei gesagt, dass sie nicht zum Weihnachtsessen erschienen war. Sie kannten sie, sie würden sich Sorgen gemacht haben und in ihre Wohnung gefahren sein, um nach ihr zu suchen. Sie wusste nicht einmal genau, welcher Tag heute war. Der erste Weihnachtstag? Oder der zweite?
    Das Zittern wurde stärker, die Kälte drang tief in ihre Knochen. Aber es war schon in Ordnung, solange sie noch zitterte. Sie hatte vor vier Jahren nach ihrem Schulabschluss als Spülhilfe in einem französischen Skiort gearbeitet. Eines Nachmittags hatte ein japanischer Skiläufer in einem Schneesturm den letzten Sessellift nach oben genommen. Die Mitarbeiter des Lifts hatten versehentlich geglaubt, der letzte Passagier sei schon dort oben angekommen, und den Lift abgestellt. Als sie ihn am Morgen wieder einschalteten, tauchte der Japaner oben auf – eisbedeckt, tot, nackt und mit einem breiten Lächeln im Gesicht.
    Niemand verstand, weshalb er nackt war und lächelte. Dann hatte ihr ein Skilehrer erklärt, dass Menschen in der letzten Phase der Unterkühlung halluzinierten, ihnen sei zu heiß, und anfingen, sich zu entkleiden.
    Sie wusste, dass sie sich irgendwie warm halten musste, um die Unterkühlung zu vermeiden. Sie verlegte sich auf die einzigen Bewegungen, die ihr möglich waren, und rollte sich auf dem rauen Sack hin und her. Rollte und rollte. In der Dunkelheit fiel sie orientierungslos auf die Seite und aufs Gesicht und dann wieder auf den Rücken.
    Sie musste hier raus. Irgendwie. Unbedingt. Aber wie? Wie um Himmels willen?
    Sie konnte Hände und Füße nicht bewegen. Konnte nicht rufen. Ihr nackter Körper war so stark von Gänsehaut überzogen, dass es sich anfühlte, als bohrten sich Millionen Nadelspitzen in ihr Fleisch.
    Oh bitte lieber Gott hilf mir.
    Wieder rollte sie und prallte gegen die Wand des Lieferwagens. Etwas fiel mit einem lauten Scheppern um.
    Dann hörte sie ein gurgelndes Geräusch.
    Es roch übel und ranzig. Dieselöl. Es gurgelte. Dann gluckerte es.
    Sie rollte sich weiter. Und weiter. Dann landete sie mit dem Gesicht in dem klebrigen, stinkenden Zeug, das in den Augen brannte und sie noch stärker tränen ließ. Aber Sie überlegte Es musste aus irgendeinem Behälter kommen!
    Wenn es herauslief, hatte sich der Deckel gelöst. Die Öffnung der Öldose war rund und dünn! Sie rollte sich weiter, und etwas bewegte sich in dem nassen, schleimigen
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