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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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ihm auf. Im Schein der Innenbeleuchtung wirkte er, als habe er Gelbsucht. Sie versuchte, Blickkontakt aufzunehmen, weil sie sich irgendwo tief in ihrem von Entsetzen gepeinigten Gedächtnis daran erinnerte, dass Geiseln unbedingt Blickkontakt zu ihren Entführern aufnehmen sollten. Dass es Menschen schwerer fiel, einem weh zu tun, wenn eine gewisse Verbindung entstanden war.
    Also versuchte sie, mit brüchiger Stimme eine Verbindung zu diesem Mann, diesem Ungeheuer, diesem Ding herzustellen.
    »Sicher kannst du das, Rachael. Wofür hältst du mich? Für dämlich? Für völlig bescheuert? Klar, ich lasse dich laufen, und eine Stunde später sitzt du auf der Polizeiwache und erstellst ein Phantombild von mir. Hast du dir das ungefähr so vorgestellt?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich verspreche es«, krächzte sie.
    »Beim Leben deiner Mutter?«
    »Beim Leben meiner Mutter. Bitte geben Sie mir ein bisschen Wasser. Bitte.«
    »Ich soll dich also laufen lassen. Und wenn du mich betrügst und zur Polizei gehst, könnte ich ohne weiteres zum Haus deiner Mutter in der Surrenden Close fahren und sie umbringen?«
    Rachael fragte sich, woher er die Adresse ihrer Mutter kannte. Hatte er sie vielleicht in der Zeitung gelesen? Sie schöpfte ein wenig Hoffnung. Wenn er sie in der Zeitung gelesen hatte, dann wurde über sie berichtet. Die Leute würden nach ihr suchen. Die Polizei.
    »Ich weiß alles über dich, Rachael.«
    »Sie können mich gehen lassen. Ich werde nicht ihr Leben aufs Spiel setzen.«
    »Kann ich das?«
    »Ja.«
    »Träum weiter.«

27
Jetzt
Donnerstag, 8. Januar
    Er war gern in schönen großen Häusern. Besser gesagt, ganz tief im Inneren dieser Häuser.
    Wenn er sich in enge Spalten zwängte, fühlte es sich an, als trüge er das Haus wie eine zweite Haut! Oder er drängte sich in einen Schrank, umgeben von den Kleidern und verlockenden Düften der schönen Frau, der sie gehörten. Er roch das Leder ihrer Schuhe und fühlte sich wie der Allergrößte, als besäße er die Frau selbst.
    Eine Frau wie die, die ganze Regale voller Designerschuhe besaß, wie er sie liebte.
    Und für eine Weile würde er auch sie besitzen! Bald. Sehr bald.
    Er wusste schon eine ganze Menge über sie, weit mehr als ihr Ehemann, da war er sicher. Heute war Donnerstag. Er hatte sie drei Abende lang beobachtet. Er wusste, wann sie kam und ging. Und er kannte die Geheimnisse ihres Laptops – sehr rücksichtsvoll, kein Passwort zu benutzen! Er hatte die E-Mails gelesen, die sie und ihr griechischer Liebhaber tauschten. Die Dateien mit den Fotos gesehen, die sie von ihm gemacht hatte. Einige waren ganz schön versaut.
    Doch mit einem bisschen Glück würde er heute Abend ihr Liebhaber sein. Er und nicht der Typ mit dem coolen Dreitagebart und dem unanständig langen Schwanz.
    Er musste aufpassen, durfte sich nicht von der Stelle rühren, wenn sie nach Hause kam. Die Kleiderbügel waren besonders heikel – aus dünnem Metall, wie man sie in der Reinigung bekam. Die schlimmsten hatte er schon entfernt und auf den Boden des Kleiderschranks gelegt. Die anderen hatte er mit Tüchern umwickelt. Jetzt musste er nur noch warten. Und hoffen.
    Es war wie beim Angeln. Man brauchte viel Geduld. Vielleicht käme sie erst spät nach Hause, doch zumindest war nicht mit ihrem Mann zu rechnen.
    Der war zu einer Softwaretagung nach Helsinki geflogen. Auf dem Küchentisch lag der Zettel, den er geschrieben hatte. Sie würden sich am Samstag sehen, und er hatte mit ICH LIEBE DICH XXX unterschrieben. Dazu der Name des Hotels und die Telefonnummer.
    Um auf Nummer sicher zu gehen und die Zeit totzuschlagen, hatte er im Hotel angerufen und nach MrDermot Pearce gefragt. Eine Stimme, die in leichtem Singsang sprach, erklärte, er hebe nicht ab, und fragte, ob er eine Nachricht hinterlassen wolle.
    Ja, ich werde gleich Sex mit Ihrer Frau haben, hätte er am liebsten gesagt. Es war die Verlockung des Augenblicks, die Freude darüber, dass ihm alles in den Schoß fiel! Doch er war so vernünftig gewesen und hatte eingehängt.
    Ein bisschen Sorge machten ihm die Fotos der beiden Teenager, Junge und Mädchen, die unten im Wohnzimmer hingen. Aber die Zimmer waren vollkommen unberührt. Sie sahen nicht aus, als würden Kinder dort wohnen. Vermutlich waren es die Kinder des Ehemannes aus einer früheren Ehe.
    Es gab auch noch eine Katze, eines dieser scheußlichen Burma-Viecher, das ihn in der Küche angefunkelt hatte. Er hatte ihr einen Tritt versetzt, worauf sie

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