Du sollst nicht töten!: Plädoyer für eine gewaltfreie Ernährung (German Edition)
Gesellschaftsjagden teil, um endlich mit siebzehn Jahren die Jägerprüfung zu absolvieren. Jetzt gehörte ich zu einem Männerbund! Doch spätestens seit meiner ersten Treibjagd bewegte mich die Frage, warum Jäger unbedingt töten wollten, obwohl sie es doch nicht (mehr) mussten.
Diskutiert man die Jagdmotivation unter tiefenpsychologischen Aspekten, kommt man zwangsläufig zu dem Schluss, dass Jagd viel mit entarteten, männlichen unerlösten Aggressionen zu tun hat, die als Verdrängung, Projektion, Minderwertigkeitsgefühl und Geltungssucht zutage treten. Die heutige blutige Hobbyjagd ist eine kurzfristige Triebentladung, ein zwanghaftes und im Kern unbeständiges Pseudo-Lustritual, das von männlich-destruktiven Emotionen lebt, die auf die Abreaktion an schwächeren Geschöpfen aus sind. Dieses Denken hat nichts mit dem Fluss natürlicher Prozesse zu tun. Es verkörpert lediglich den männlichen Anspruch auf Manipulation und Beherrschung der natürlichen Welt.
Jagen ist daher kein Ausdruck von Liebe zur Natur. Es wird vielmehr durch krankhafte emotionale Strukturen und irrationale Leidenschaften geprägt. Wer tötet, was er liebt, ist nach Ansicht aller Pioniere der Tiefenpsychologie seelisch krank. Das sinnentleerte Töten von Lebewesen auf der Freizeitjagd kann keine Therapie für die Natur sein. Es ist Symptom einer psychischen Krankheit, die „behandelt“ werden muss. Denn die Evolution zwingt uns nicht, anderen Lebewesen Schmerz und Leid zuzufügen. Sie lässt die Liebe zu und bietet reale Alternativen zu Gewalt und Dominanz.
Mit Hilfe der Theorien der Jungianischen Psychologie von Anima und Animus sowie des kollektiven Unbewussten lässt sich darstellen, dass destruktive Jagdleidenschaften aus der Unterdrückung weiblicher Attribute, wie Mitgefühl, Fürsorge und Intuition, und der Überbetonung männlicher Eigenschaften, wie Unterdrückung, Herrschaft und Kontrolle, entstehen. Ein Jäger muss deshalb seinen weiblichen Schatten akzeptieren und seine archetypische männliche Energie nutzen, um dem Leitbild des edlen Kriegers zu folgen. Auf diesem langen und beschwerlichen Weg entdeckt er dann eine Natur, die nicht von brutaler Dominanz, sondern vom Prinzip der Partnerschaft lebt. Wer kein Fleisch mehr isst und seine Waffe freiwillig fortlegt, um Bruder Tier Schutz zu gewähren, wird mit dessen Vertrautheit und Zuneigung belohnt. Nur dieser Nichtjäger hat tief in sich begriffen, dass es keinen Sinn macht, mit dem Vergießen des Blutes anderer fühlender Wesen eigene Probleme lösen zu wollen. Der ethisch gereifte und durch echte Selbsterkenntnis geläuterte einstige Lustjäger wird so zum Verbündeten und Beschützer der Tiere und zum Hüter des Lebens, der aus der Kraft seiner Mitte heraus Frieden mit der Erde schließt.“
4. Dr. Anton Rotzetter, Kapuzinerpater
Dr. Anton Rotzetter wurde am 3.1.1939 in Basel geboren. 1959 trat er in den Kapuzinerorden ein und ein Hochschulstudium in Freiburg (Promotion), Bonn und Tübingen an. Bis 1988 war Anton Rotzetter Leiter des Instituts für Spiritualität in Münster, von 1988 bis 1998 Präsident der Franziskanischen Akademie. Sieben Jahre war er Wortzum-Sonntag-Sprecher beim Fernsehen DRS und bis Ende 2000 regelmäßiger Sprecher in „Erfüllte Zeit“ beim ORF1. Seit 2004 ist Anton Rotzetter Präsident von AKUT Schweiz (Aktion Kirche und Mensch). Außerdem ist er Mitbegründer des im Jahr 2009 geschaffenen Instituts für theologische Zoologie in Münster/Westfalen. Der Kapuzinerpater hat rund 70 Bücher verfasst, die teilweise in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Anton Rotzetter lebt seit 1994 vegetarisch.
Das Netz der Liebe
„Von Tieren oder gar Fischen ist im berühmen Loblied des Franz von Assisi, dem sogenannten Sonnengesang, nicht ausdrücklich die Rede. Aber man kann ihn nur richtig verstehen, wenn man auch die Tiere in die Deutung mit einbezieht. Es war ja die Absicht des Franziskus, eine Welt zu beschreiben, in der alles mit allem und letztlich mit Gott versöhnt ist. Alles ist Bruder oder Schwester.
Da sind die Gestirne: Die Sonne ist Bruder, der Mond und die Sterne sind Schwestern, eine großartige Verschwisterung des Lichts, des Scheins und des Widerscheins.
Da sind die vier Elemente, aus denen die gesamte irdische Wirklichkeit, auch Mensch und Tier, zusammengesetzt ist: Den Brüdern Wind und Feuer stehen die Schwestern Wasser und Erde zur Seite – eine wunderbare Verschwisterung der tragenden Kräfte der Biosphäre, der Welt, ohne die
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