Du sollst nicht töten!: Plädoyer für eine gewaltfreie Ernährung (German Edition)
wir nicht leben können. Immer schön paarweise ein Bruder und eine Schwester – so, als ob Franziskus sagen wollte: Es ist nicht gut, dass irgendein Geschöpf dieser Erde allein bleibt. Die Schöpfung ist ein einziges Netz von Beziehungen, Zuwendung und Verschwisterung.
Schließlich verschwistert sich die Liebe mit dem Tod und stellt sich in den Dienst des Lebens und des umfassenden Friedens.
Miteinander verschwistert, erhebt sich die ganze Schöpfung zum nicht abbrechenden universalen Lob Gottes.
Was nun von großer Bedeutung ist – auch für ein heutiges Verständnis des Weltganzen –, ist die durchgehende Bezeichnung Bruder beziehungsweise Schwester. Da steht der Mensch nicht als Potentat und Herrscher über den andern Geschöpfen, nein: Alles wird auf eine quasipersonale Ebene emporgehoben, jedes ist dem anderen Bruder oder Schwester, ob Stein, Wassertropfen, Windhauch, Flamme; die Blume, die Fliege, die Asylantin
– Schwestern; der Pilz im Walde, der Maulwurf unter der Erde, der Fremde aus der Ferne – Brüder.
Viel zu leichtsinnig singt der moderne Mensch dieses faszinierende Lied der Versöhnung, das Franziskus vor vielen Jahrhunderten gesungen hat. Wenn die Luft meine Schwester ist, kann ich sie dann noch so verpesten, indem ich ungehemmt mit dem Auto herumfahre, billig nach Mallorca fliege, die Hauswärme nach außen entlasse? Wenn das Tier mein Bruder ist, kann ich es dann noch quälen, massenweise töten, ungehemmt essen? Wenn der Mensch mein Bruder ist oder meine Schwester, kann ich ihm oder ihr dann noch schaden wollen, ihn oder sie verletzen, aus dem Land jagen? Wenn alles, was mir in der Wirklichkeit begegnet, Bruder oder Schwester ist, dann bin ich mit allem verwandt. Und wenn ein Geschöpf zugrunde geht, dann geht etwas in mir selbst zugrunde, meint der Franziskanertheologe Alexander von Hales im 13. Jahrhundert. Ich möchte hinzufügen, dass mein Verhältnis zu Gott wesentlich gestört ist, wenn ich irgendeinem Geschöpf das Geheimnis abspreche, das Gott in es hineingelegt hat. Denn alles spricht von Gott, nicht von Tod.“
5. Dr. Eisenhart von Loeper, Rechtsanwalt
Dr. Eisenhart von Loeper wurde 1941 geboren. Er ist Rechtsanwalt, hat zahlreiche Beiträge zum Recht der Tiere publiziert, 2002 auch als Kommentator des deutschen Tierschutzgesetzes, und wurde für seine engagierte Arbeit als Tierrechtler 2005 vom Bundespräsidenten mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. 1987 bis 2006 war Eisenhart von Loeper Bundesvorsitzender der Menschen für Tierrechte und zugleich Sprecher der Juristen für Tierrechte. Sein anwaltlicher und zugleich verbandspolitischer Arbeitsschwerpunkt war die rechtliche Aufarbeitung von Konfliktfällen des Mensch-Tier-Verhältnisses und die Einflussnahme auf die Gesetzgebung zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Tiere. Er hat sich unter anderem erfolgreich für die Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz eingesetzt. Dadurch hat das Tierschutzrecht einen wesentlichen Bedeutungszuwachs erlangt, der allerdings noch die Ergänzung durch die Einführung eines gesetzlichen Klagerechts für Tiere (Tierschutz-Verbandsklage) erfordert. Eisenhart von Loeper lebt seit über fünfzig Jahren vegetarisch.
Das Recht der Tiere als Weg zum Frieden
„Was hat das Recht der Tiere mit dem Frieden zu tun? Ist nicht der Friede eine allein menschliche Angelegenheit, die von den Mächtigen dieser Welt entschieden wird? Genau hierin liegt die Struktur des Unfriedens, der dem Leben der Entrechteten eine ungeheure Gewalt antut – oft im Gewand des Gesetzes. Dem Schwächeren Raum und Fürsorge zu geben, ist eine zutiefst rechtliche Aufgabe.
Wir erwarten von den Großmächten, dass sie unsere Lebensrechte achten, auch wenn wir ihnen an Machtmitteln unterlegen sind. Gäbe es höherrangige Lebewesen als uns, die uns nach Gutdünken zu ihren Zwecken missbrauchten, sähen wir uns in unseren Menschenrechten verletzt. Aus Sicht der Tiere aber sind wir solch eine lebensbedrohende Großmacht. Sie stehen uns zwar biologisch nahe, sind uns aber in ihrem täglichen Leben, in ihrem Leiden, ihrer Angst und ihrem Sterben in höchstem Maße ausgeliefert. Das Tier trifft der Schmerz meist trostlos. Das von uns ihm angetane, fortwährende Leiden knechtet es schrecklich.
Es ist der versteinerte Mensch, der das Tier nicht sieht und als Mensch versagt. Milliarden fühlende Tiere warten darauf, dass wir sie ansehen. Dann erst kann es geschehen, dass wir uns verwandeln: in einen
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