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Du stirbst zuerst

Du stirbst zuerst

Titel: Du stirbst zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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um­zu­bringen? Wenn ich nur eine Marionette bin, die an Fäden zappelt, während irgendwo im Dunkeln ein gesichtsloser Killer hockt, der alle meine Bewegungen steuert?
    Handys – damit tun sie es. Handys, Computer und Fernseher.
    Haben sie mir wirklich etwas ins Gehirn gepflanzt? Steuern sie mich mittels eines Chips im Schädel? Oder ist es etwas Schlimmeres? Steckt irgendwo in mir eine Made, die Blut trinkt und die motorischen Funktionen des Kleinhirns übernommen hat, die alle Signale abfängt und nach Belieben weiterleitet und sich meinen Körper übergestreift hat wie einen Handschuh?
    Die Made war real. Schließlich habe ich sie gesehen und gehört. Ich kann nicht hierbleiben, denn sie könnte noch einmal auftauchen.
    Ein Pfleger kommt herein. Es ist Devon, er bringt ein Tablett mit.
    Mir tut der Hals weh, weil ich so lange nicht gesprochen habe. »Gibt es schon Frühstück?«
    »Mittagessen, Mike.« Er zieht einen Stuhl heran. »Sie haben geschlafen wie ein Toter, Mann.«
    Ich huste Schleim ab und räuspere mich. »Das liegt an dem Medikament.« Wieder huste ich. »Doktor Little hat mir gestern Abend ein neues Mittel gegeben.«
    »Seroquel«, sagt Devon. »Das soll echt heftig sein.« Er säubert mich und lässt mich mit dem Strohhalm einen Schluck Wasser trinken. Nach und nach beruhigt sich der wunde Hals. »Außerdem sind Sie gestern Abend anscheinend abgehauen.«
    »Ich muss hier raus.« Ich schließe die Augen und lasse mich auf das Bett zurückfallen. »Es ist doch sinnlos, es länger geheim zu halten. Ich muss hier raus.«
    »Sie können es ja versuchen«, sagt er und bietet mir einen Löffel Hafergrütze an. »In zwei Stunden werden Sie befreit.«
    »So bald schon?«
    »Sie sind nicht gefährlich. Sobald man weiß, wie Sie durch die Pforte gekommen sind, wird das Loch gestopft, und Sie dürfen wieder herumlaufen.« Er hält mir den Löffel näher vor den Mund, und ich nehme den Bissen auf. Während ich kaue und schlucke, schöpft er den nächsten Happen vom Teller. »Wie sind Sie eigentlich durch die Pforte gekommen?«
    »Ich habe beobachtet, wie die Mitarbeiter den Code eingegeben haben.«
    »Wirklich?« Er lacht. »Das ist alles?«
    Ich nicke, dieses Mal aus eigenem Antrieb. Es fühlt sich seltsam an, absichtlich zu tun, wozu mich der Puppenspieler sonst gegen meinen Willen zwingt. Es kann nicht schaden, ihnen den Trick mit dem Code zu verraten, denn sie finden es früher oder später sowieso heraus, und auf diese Weise werde ich die Gurte schneller los. Ich esse wieder einen Löffel, kaue und schlucke. »Ich habe in Lindas Therapiegruppe gesessen und die Mitarbeiter hereinkommen und hinausgehen gesehen. Nach längerer Beobachtung habe ich den Code herausgefunden.«
    Devon grinst. »Sie machen Witze. Ich kann gar nicht glauben, dass es so einfach war.«
    Ich schüttle den Kopf. »Die meisten Patienten hier sind nicht konzentriert genug.«
    »Oh, die sind durchaus konzentriert. So konzentrierte Leute wie hier haben Sie noch nie gesehen. Sie haben bloß nicht die nötige Geistesgegenwart.« Er füttert mich weiter, runzelt die Stirn und sieht mich an. »Mike, Sie sind anders als die meisten Patienten. Sie sind viel … klarer. Bewusster. Als wüssten Sie, was Sie tun.«
    »Im Augenblick nicht«, gebe ich zu. »Das Mittel bringt mich um. Ich fühle mich, als hätte ich gerade eine Badewanne voll Gin ausgetrunken.«
    »Daran gewöhnen Sie sich«, beruhigt er mich. »Kennen Sie Steve? Der bekommt auch Seroquel, und ihm geht es gut.«
    »Steve? Der Mann aus dem Buchladen?«
    »Genau.«
    Steve ist etwas seltsam, aber wenigstens kein Nervenbündel. Ich schlucke Hafergrütze und denke schon wieder über einen Fluchtweg nach. Devon ist etwas gesprächiger als sonst. Irgendwann schüttle ich den Kopf, weil ich nicht mehr essen will, und blicke ihn nachdenklich an. Ich brauche jemanden, dem ich vertrauen kann. Warum nicht ihm?
    »Sie sind auch nicht wie die anderen Pfleger«, beginne ich. »Warum haben Sie diesen Beruf überhaupt ergriffen?«
    »Ich glaube, ich fand es einfach interessant.« Auf einmal lacht er. »Außerdem war da dieses Mädchen. Sie hieß Rebecca und ging mit mir zur Highschool. Sie hatte sich auf dem College für Krankenpflegekurse eingeschrieben, und da ich sowieso nicht recht wusste, was ich tun sollte, und weil sie wirklich süß war, habe ich mich ebenfalls dort eingeschrieben.« Er lächelt. »Dann ist sie mit einem Künstler durchgebrannt. Ich glaube, er war Bildhauer. Da steckte ich

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