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Du stirbst zuerst

Du stirbst zuerst

Titel: Du stirbst zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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stehen. Das Fenster in der Wand, wo vorher die obere Hälfte eines Monitors zu sehen war, ist mit einem größeren Monitor, Lautsprechern, einem Uhrenradio und einem Telefon dekoriert. An der Pforte selbst scheint sich von hier aus gesehen nichts verändert zu haben, aber ich wage mich nicht näher.
    Doktor Little wendet sich zu mir um und winkt. »Kommen Sie!«
    »Nein, danke.«
    Selbstzufrieden lächelnd verschränkt er die Hände. »Genau das wollte ich Ihnen vorführen. Wie Sie sehen, haben wir die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Der Code der Pforte wird täglich geändert, und nur die Pflege­kraft im Büro und ich kennen ihn. Wer durch das Tor will, muss uns vorher fragen. Das verringert nicht nur die Anzahl möglicher Sicherheitslecks, sondern hat zudem den hilfreichen Nebeneffekt, dass sich stets zwei Personen im Flur aufhalten müssen, wenn die Pforte geöffnet wird. Diese Geräte versperren Ihnen außerdem den Weg zu der Tastatur.« Er deutet auf das Regal mit den elektrischen und elektronischen Apparaten. »Natürlich sind sie absolut ungefährlich, aber wir sind der Ansicht, dass dies ausreicht, um unser größtes Sicherheitsrisiko – das wären Sie – völlig von der Pforte fernzuhalten. Etwas Zeit, die richtigen Medikation und eine Therapie vorausgesetzt, hoffen wir natürlich, dass Ihre Angst vor der Technik schwindet. Dann besteht allerdings auch keine große Gefahr mehr, dass Sie fliehen könnten.« Er lächelt. Hinter der dicken Brille stehen die riesigen Augen hervor.
    Unsicher strecke ich den Arm nach den Apparaten aus und prüfe die Lage. Die Hand summt, als sie ihnen zu nahe kommt, und zittert leicht. Ich ziehe sie sofort zurück. »Ist der Code irgendwo aufgeschrieben?«
    »Das verraten wir Ihnen natürlich nicht.«
    »Aber wenn er irgendwo draußen vor der Pforte steht, ist es doch egal, ob ich es weiß oder nicht.«
    »Sie sind sehr zielstrebig, Michael. Selbst die kleinsten Einzelheiten, die ich Ihnen verraten könnte, würden Ihnen vermutlich als Hilfsmittel für den nächsten Ausbruchsversuch dienen. Vorausgesetzt natürlich, diese Einzelheiten entsprächen überhaupt den Tatsachen.« Er lächelt.
    Ich beobachte ihn und versuche hinter der aufreizenden Heiterkeit etwas zu erkennen. Produziert er wirklich Lügen und Halbwahrheiten, um mich in die Irre zu führen? Bin ich tatsächlich so gefährlich? Ich bin zwar schon einmal ausgebrochen, aber nicht weit gekommen, und ich habe nichts getan und niemanden verletzt …
    Aber wenn er glaubt, ich hätte etwas getan?
    Wenn die Gesichtslosen wirklich nicht real sind – wenn ich an einer Wahnvorstellung leide –, dann macht sich Doktor Little Sorgen um etwas ganz anderes. Übergroße Sorgen. Ich spreche ihn darauf an. »Erzählen Sie mir etwas über den Wellnesskiller.«
    Er kneift die Augen zusammen und zieht die Augenbrauen hoch. Trotzdem schwindet das Lächeln nicht. »Warum?«
    »Die Leute reden ständig über ihn«, entgegne ich. »Auf Ihrem Schreibtisch lagen Fotos seiner Opfer.«
    »Ich fürchte, abgesehen von den schon bekannten Fakten gibt es nichts Neues zu berichten.«
    »Was hat er mit mir zu tun?«
    »Mit Ihnen?«
    Ich trete näher an ihn heran und behalte die elektronische Mauer im Auge. »Verdächtigen Sie mich als den Killer? Glauben Sie, ich hätte alle diese Menschen umgebracht? Halten Sie mich deshalb hier fest?«
    Lächelnd schüttelt er den Kopf. »Michael, Sie sind keineswegs mein einziger Fall. Was Sie auf meinem Schreibtisch gesehen haben, hat nicht zwingend etwas mit Ihnen zu tun.«
    »Aber die Opfer haben keine Gesichter mehr!«, rufe ich. »Natürlich hat das mit mir zu tun. Ich konnte die Verbindung sofort herstellen, und das haben Sie auch getan.«
    »Richtig, es gibt einige oberflächliche Verbindungen, aber es steckt nichts weiter dahinter. Das FBI hat mich gebeten, die Akten durchzugehen. Von Profiling verstehe ich nichts, aber ich bin in dieser Gegend der Psychiater mit der größten Berufserfahrung, und deshalb dachte man, mir fällt vielleicht etwas auf.« Er lächelt. »Leider ist nichts dabei herausgekommen.«
    »Nichts außer mir.«
    »Mag sein.«
    Ich gehe noch einen Schritt weiter. »Sie verschweigen mir etwas.«
    Er öffnet den Mund und will antworten, doch in diesem Augenblick zirpt ein Computer, und in meinem Kopf explodiert der Schmerz. Ich presse mir die Hände auf die Ohren und stürze beinahe zu Boden. In der Nähe klingelt ein Handy. Arme packen mich, stützen mich. Die Schmerzen erfassen den

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