Du und ich und all die Jahre (German Edition)
und Karl erzählen hinter meinem Rücken Geschichten. Wie sehr ich mich verändert habe …
«Hör mal, Nic, ich will dir nicht auf die Nerven gehen, wirklich nicht, aber es ist so eine Verschwendung. Verstehst du? Erinnerst du dich noch daran, wie wir ständig Pläne geschmiedet haben?», will Aidan wissen. «Du wolltest alle sieben Kontinente bereisen, Afrika durchqueren, den Marathon des Sables laufen, den Dalai Lama treffen, in einer Wohnung mit Dachterrasse in Rom leben, deine eigene Firma leiten …»
«Ich hatte meine eigene Firma …»
«Ja, hattest, Vergangenheitsform. Du hast alles aufgegeben, als Julian starb.» Er schüttelt traurig den Kopf. «Du und Julian, ihr mit euren Neujahrsvorsätzen …»
«Ich habe immer noch Vorsätze für jedes neue Jahr.»
«Ja? Und welche diesmal?»
Ich zögere. Ich will sie ihm nicht aufzählen, und das nicht nur wegen Julian, nicht nur weil das unser Ritual war. Nein, auch weil ich Aidan schlecht erzählen kann, dass ich beschlossen habe, die Pille weiterzunehmen, oder fest vorhabe, den Kontakt zu ihm endgültig abzubrechen.
«Und?», hakt er nach.
«Ach, ich weiß nicht mehr», sage ich irritiert. «Ich muss die Küche neu streichen …»
Er lacht. «Du musst die Küche neu streichen?»
«Oh, halt die Klappe.»
«Aber genau das meine ich. Es gab Zeiten, da hast du dir vorgenommen, vom Kap nach Kairo zu reisen oder Mandarin zu lernen. Jetzt redest du davon, die Küche neu zu streichen.»
«So ist es eben, wenn man erwachsen wird, Aidan. Nicht dass du dich damit auskennen würdest, aber die meisten normalen Menschen kommen irgendwann an einen Punkt, an dem sie nicht mehr über Urlaube, Abenteuer und die nächste Party nachdenken. Da werden andere Sachen … wichtiger.»
«Die Küche?»
«Ja, die verdammte Küche. Und die Ehe und Kinder …»
«Also denkst du über Kinder nach?»
Ich will dieses Gespräch nicht mit ihm führen. «Ich will dieses Gespräch nicht mit dir führen», sage ich. «Das geht dich nichts an.»
«Okay.»
Wir gehen schweigend weiter. Er nimmt meine Hand, und ich lasse es zu.
«Ich möchte nur nicht, dass du unglücklich wirst», sagt er, «oder dass du dich mit weniger zufrieden gibst, als du verdienst.»
Ich lasse seine Hand los und verschränke die Arme vor der Brust. «Falls du damit Dominic meinst, irrst du dich gewaltig», stelle ich fest. «Er ist ein toller Mann und kein Trostpreis. Und obendrauf ein guter Ehemann, der mir nicht weh tut.»
«Ach ja?», fragt Aidan scharf. «Redest du deshalb nicht mehr mit Alex?»
«Verpiss dich», schnauze ich ihn an und stürme davon. Dann halte ich an, drehe mich um und renne zurück. «Du hast kein Recht dazu, weißt du das? Du hast nicht das verdammte Recht, mein Leben zu kritisieren, du hast kein Recht, meine Entscheidungen in Frage zu stellen, und du hast nicht das Recht, die Sache mit Alex und Dom auch nur zu erwähnen. Dom mag nicht perfekt sein, meine Ehe ist vielleicht nicht die romantische Liebesbeziehung, die ich mit dir hatte, aber er bricht mir nicht bei jeder Scheißgelegenheit das Herz.»
«Das ist nicht fair, ich wollte dir nie weh tun, Nicole …» An seinen Augen kann ich ablesen, dass er verletzt ist. «Ich habe es damals verbockt. Das weiß ich. Und ich habe viele Fehler gemacht. Laure war einer der größeren.»
«Du hast dich eben in sie verliebt», sage ich leise. «Das kann ich dir nicht wirklich vorwerfen.»
Er bleibt stehen. «Ich habe sie nicht geliebt. Niemals», sagt er. «Das dachte ich vielleicht eine Weile, aber irgendwann wusste ich, dass du die einzige Frau bist, für die ich wirklich etwas empfinde.» Aidan legt mir den Arm um die Taille und lässt die Hand an meinem Rücken hinuntergleiten. Dann zieht er mich an sich und streicht mir die Haare aus dem Gesicht. Eigentlich müsste ich ihn jetzt wegstoßen, aber ich will nicht. Ich möchte hier bei ihm bleiben, den Duft seiner Haut einatmen und seine Hände auf meinem Körper spüren. Ja, genau das will ich.
«Wer weiß, was aus meinem Leben geworden wäre, wenn ich dich nicht geliebt hätte.» Er küsst mich, und ich reise wieder zurück in der Zeit. Seine Lippen auf meinen fühlen sich genauso an wie vor fünfzehn Jahren, als er mich am Strand in Südafrika geküsst hat. Kein anderer Kuss hat sich jemals wieder so angefühlt.
«Ich glaubte damals nur, mir bliebe noch alle Zeit der Welt», sagt er. «Bis Julian starb und du geheiratet hast, war mir nicht klar, dass ich dich für immer
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