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Du wirst noch an mich denken

Du wirst noch an mich denken

Titel: Du wirst noch an mich denken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Andersen
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sie setzte. Sie konnte sich kaum an eine Zeit erinnern, in der ihr gutes Aussehen und die Verpflichtung, sich vorteilhaft zu verheiraten, nicht untrennbar miteinander verbunden gewesen wären.
    Ihre Mutter war eine unglückliche Frau. Sie litt entsetzlich darunter, nicht reich zu sein, obwohl die Pearlins und die Familie von L. Martin dafür sorgten, dass es ihnen nie an den erforderlichen Annehmlichkeiten mangelte. Nichtsdestoweniger waren sie gezwungen, in diesen schäbigen alten Mietshäusern zu wohnen! Sie kam einfach nicht darüber hinweg, dass sie bis zu ihrer Heirat auf einem wunderbaren Herrensitz gelebt hatte, wo sie in dem Bewusstsein aufgewachsen war, dass ihr stets jeder Wunsch erfüllt werden würde.
    Und dann musste sie sich ausgerechnet in einen Wissenschaftler mit einer einwandfreien Vergangenheit und keinerlei Zukunftsaussichten verlieben.
    Sie hatte Aunie eingehämmert, es besser zu machen. Aus Liebe zu heiraten ist ja gut und schön, hatte sie oft gesagt. Aber wenn die Leidenschaft nachlässt - und, mein Schatz, das wird sie -, dann solltest du sicher sein können, dass etwas Greifbares bleibt. Nutze die Gaben, mit denen dich der liebe Gott gesegnet hat. Verliebe dich meinetwegen, wenn es unbedingt sein muss. Aber achte darauf, dass du dich in einen reichen Mann verliebst. Wie oft in ihrem Leben hatte sich Aunie diesen Vortrag anhören müssen?
    Ihr Vater hatte ihr nie irgendwelche Ratschläge gegeben ... er war vermutlich gar nicht auf die Idee gekommen, dass sie welche brauchen könnte. Selbst in den besten Zeiten war sich Aunie nie ganz sicher, ob er über ihre bloße Existenz hinaus überhaupt etwas von ihr wahrnahm.
    Der Rest ihrer Verwandtschaft neigte im Großen und Ganzen dazu, ihrer Mutter beizupflichten, sie sprachen über ihre Aussichten auf eine vorteilhafte Heirat, als handele es sich dabei um eine feststehende Tatsache. Sie wuchs in ehemals vornehmen alten Mietshäusern auf, die sich einen Hauch ihrer einstigen Eleganz bewahrt hatten, und trug die abgelegte Designergarderobe ihrer Cousine Nola auf. Um ihr Wohl kümmerten sich Dienstboten, deren Lohn von ihrem Großvater bezahlt wurde. Der Besuch von Privatschulen galt selbstverständlich als unabdingbar, die entsprechenden Schulgebühren übernahm ein Onkel. Ihre Tanzstunden wurden von einem anderen Onkel finanziert, und sie war Mitglied in mehreren exklusiven Countryclubs, für deren Beiträge wiederum ein dritter Onkel aufkam. Bei jeder Familienzusammenkunft war es nur eine Frage der Zeit, bis der eine oder andere ihrer männlichen Verwandten ihr Kinn umfasste, ihr Gesicht ins Licht drehte und murmelte: »Ausgezeichnet! Sie ist eine richtige Schönheit. Es wird ihr nicht schwer fallen, eine gute Partie zu machen.«
    Aunie wusste nicht genau, wie sie es anstellen sollte, eine gute Partie zu machen, aber sie wusste, dass es etwas mit ihrem Aussehen zu tun hatte. Als Kind war sie ungemein schüchtern. Alle ihre Mitschüler wussten darüber Bescheid, dass sie von der Unterstützung ihrer Verwandten abhängig war, und machten sich einen Spaß daraus, sie damit aufzuziehen und zu sticheln. Ihre eigene Familie kam nie auf die Idee, dass sie intelligent sein könnte. Jeder schien zu glauben, dass sie nichts weiter vorzuweisen hatte als ein hübsches Gesicht.
    Und das war sogar noch in der Zeit, bevor sie zu voller Schönheit erblühte.
    Mit schönen Menschen geht das Leben freundlicher um als mit unansehnlichen - das ist eine unumstößliche Tatsache. Ihre Mitmenschen bringen ihnen mehr Respekt und Anerkennung entgegen, und haben sie es auch noch so wenig verdient, weil die meisten erst einmal instinktiv auf die äußere Erscheinung ihres Gegenübers reagieren.
    Aunie war nicht gerade stolz darauf, in welchem Maß sie als Heranwachsende davon profitiert hatte.
    Von hübschen Mädchen erwartet man nicht, dass sie sich unzulänglich vorkommen, deshalb bemühte sie sich, ihre Schüchternheit zu verbergen, je mehr sich ihre Schönheit entfaltete, und zwang sich dazu, lebhaft und aufgeschlossen zu wirken. Sie fühlte sich verpflichtet, die Erwartungen ihrer Familie zu erfüllen, und stellte daher nie in Frage, ob es richtig war, andere für die Annehmlichkeiten zahlen zu lassen, die ihr ihr Vater nicht bieten konnte. Dem Beispiel ihrer Mutter folgend, betrachtete sie das einfach als ihr gutes Recht.
    Es kam ihr nie in den Sinn, dass sie lernen könnte, ihren eigenen Weg zu gehen und ihren Verstand zu nutzen statt ihr Aussehen. Wenn ihr jemand

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