Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist
verändern würdest. Ich finde, du siehst prima aus, Dad, und du brauchst keine Schönheitsoperation.»
«Und was ist mit diesen Falten unter meinen Augen?», fragte er.
«Was für Falten?»
«Die hier», sagte er und zeigte auf die dunklen, ein wenig geschwollenen Ringe unter seinen Augen.
«Das sind keine Falten, Dad. Schlaf einfach mal eine Nacht durch. Und hör auf, Fleisch zu essen. Mehr brauchst du nicht zu tun.»
«Es sind Falten, und am Samstag lasse ich das in Ordnung bringen. Und dich geht das überhaupt nichts an.»
«Wow, Dad», sagte ich.«Eine Schönheitsoperation.»
«Das heißt nicht mehr Schönheitsoperation. Es heißt freiwillige kosmetische Operation.»
«Wow, Dad. Eine freiwillige kosmetische Operation.»
«Das ist keine große Sache. Bitte sag Gillian und deiner Mutter nichts davon. Hör mal, ich sollte mich auf den Weg zurück nach unten machen. Ich will diese Telefonkonferenz nicht verpassen. Willst du noch einen Nachtisch? Du kannst gern hierbleiben und dir einen bestellen, wenn du möchtest.»
«Nein, danke. Für mich nichts mehr.»
«Na dann», sagte mein Vater.«Lass uns aus diesem Saftladen hier verschwinden.»
In der U-Bahn Richtung Uptown, auf dem Weg zurück in die Galerie, dachte ich darüber nach, was ich zu meinem Vater gesagt hatte. Ich verspürte kein Verlangen danach, aufs College zu gehen, und hatte praktisch seit dem Moment, an dem die Brown mich angenommen hatte, versucht, irgendeinen Ausweg zu finden, doch es hatte so unvermeidlich ausgesehen - ich hatte einfach nicht geglaubt, dass es auch möglich sein könnte, nicht aufs College zu gehen, aber nach dem Mittagessen mit meinem Vater erkannte ich, dass es sehr wohl möglich war. Es würde nicht leicht werden, und es würde meine Eltern ankotzen, aber ich war achtzehn und erwachsen, und sie konnten mich nicht gegen meinen Willen aufs College zwingen.
Das größte Problem bestand darin, dass ich grundsätzlich keine anderen Leute leiden kann, und andere Leute in meinem Alter kann ich erst recht nicht leiden, und die Leute in meinem Alter sind genau diejenigen, die aufs College gehen. Ich würde es ja in Erwägung ziehen, aufs College zu gehen, wenn es ein College mit älteren Leuten wäre. Ich bin kein Soziopath oder Freak (auch wenn ich nicht annehme, dass sich Soziopathen oder Freaks selbst als solche bezeichnen), ich mag es nur einfach nicht, mit anderen Leuten zusammen zu sein. Die Leute sagen selten etwas Interessantes, zumindest nach meinen Erfahrungen. Sie reden immer nur über ihr Leben, und ihr Leben ist nicht besonders interessant. Also werde ich ungeduldig. Aus irgendeinem Grund finde ich, dass man nur dann etwas sagen sollte, wenn es interessant ist oder unbedingt gesagt werden muss. Mir war nie wirklich klar, wie schwierig diese Einstellung die Dinge für mich machte, bis ich dieses Frühjahr ein Erlebnis hatte.
Ein schreckliches Erlebnis.
3
April 2003
Ich nahm an diesem komischen Seminar in Washington, D.C., teil, das sie«Das Amerikanische Klassenzimmer»nennen. Aus jedem Staat wurden zwei Schüler ausgewählt und für eine Woche nach Washington verbannt. Jeder aus der Oberstufe meiner High School musste einen Essay über ein Thema schreiben, das mit der Regierung oder Politik zu tun hatte, und um auch wirklich sicherzustellen, dass ich nicht ausgewählt würde, schrieb ich diesen, wie ich fand, schrecklich lahmen und einfältigen Essay über meine Ansicht, dass Frauen bessere Regierungschefs abgeben würden als Männer, da Frauen viel eher dazu in der Lage sind, an andere zu denken, während Männer - zumindest die Männer, die nach Macht streben - offenbar nur an sich selbst denken können: an ihren Reichtum, ihre Macht, die Größe ihres Schwanzes. Jedenfalls war es, obwohl ich das tatsächlich denke, ein echt dämlicher Essay, aber aus irgendeinem Grund wurde ich ausgewählt. Ich wollte da nicht mitmachen - angeblich wurde die Veranstaltung von Demokraten und Republikanern gemeinsam getragen, doch sie wurde von der National Rifle Association oder den Daughters of the American Revolution oder irgend so einer Vereinigung organisiert, und ich wusste, es würde furchtbar werden. Ich bin Anarchist. Ich hasse Politik. Ich hasse Politik, und ich hasse Religion: Ich bin auch Atheist. Ich finde, wenn es nicht so tragisch wäre, dann wäre es fast schon wieder lustig, dass Religion für die gute Kraft auf der Welt gehalten wird, die anständige, wohltätige und gütige Menschen aus uns macht. Der
Weitere Kostenlose Bücher