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Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist

Titel: Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cameron Stefanie Kremer
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gehen?»
    «Weil das College eine Investition in deine Zukunft ist. Es rutscht nicht innerhalb von 24 Stunden durch deinen Verdauungstrakt. Aber jetzt redest du wirklich Unsinn, James. Du wirst aufs College gehen. Du wirst gern aufs College gehen. Du bist ein sehr intelligenter junger Mann. Ich weiß, die Zeit auf der High School war ein wenig schwierig und langweilig für dich, aber das College ist ganz anders. Dort wird man dich fordern und begeistern, glaub mir.»
    «Warum muss denn jeder aufs College gehen?»
    «Es geht nicht jeder aufs College», sagte mein Vater.«Genau genommen gehen nur sehr wenige Menschen aufs College. Es ist ein Privileg, vier Jahre mit dem Streben nach Wissen zu verbringen. Ich denke, das ist genau das Richtige für jemanden wie dich.»
    «Das sehe ich anders. Ich denke, wenn ich Shakespeare und Trollope lese, kann ich alles lernen, was ich brauche und wissen will.»
    «Und was schlägst du also vor? Willst du vier Jahre lang zu Hause sitzen und Trollope lesen?»
    «Nein», sagte ich.«Ich will ein Haus kaufen.»
    «Ein Haus? Bist du verrückt geworden? Hast du auch nur einen blassen Schimmer davon, was Häuser kosten?»
    «Ich meine ja nicht in New York City. Ich meine in Indiana. Oder Kansas. Oder South Dakota. Irgendwo da.»
    «Und woher willst du das Geld dafür nehmen?»
    «Wenn du mir ein Drittel von dem geben würdest, was du ausgeben willst, um mich auf die Brown zu schicken, könnte ich locker eine beträchtliche Anzahlung auf ein sehr hübsches Haus leisten.»
    «Und was willst du dann in diesem sehr hübschen Haus in Kansas machen? Trollope lesen?»
    «Ja», sagte ich,«unter anderem. Ich will auch arbeiten.»
    «Beim örtlichen McDonald’s, nehme ich an.»
    «Kann schon sein. Warum nicht?»
    «James, deine Mutter und ich haben dich nicht großgezogen, damit du bei McDonald’s in Kansas arbeitest. Wir haben dich großgezogen, damit aus dir ein gebildeter, kultivierter Mensch wird. Wenn du nach vier Jahren am College immer noch das Gefühl hast, du willst nach Kansas ziehen und bei McDonald’s arbeiten, dann ist das deine Entscheidung. In dieser einen Sache sind deine Mutter und ich uns einig. Reden wir jetzt also nicht mehr darüber, denn du wirst aufs College gehen, wo du aufblühen und gedeihen und glücklich sein und Shakespeare und Trollope lesen wirst.»
    Ich sagte nichts. Eine Weile aßen wir schweigend, dann fragte mein Vater:«Und wie geht es deiner Mutter? Geht es ihr gut?»
    «Ich glaube schon», sagte ich.«Sie ist nur etwas durcheinander. Und traurig.»
    «Nun, das Gute an deiner Mutter ist, dass sie nie lange traurig ist.»
    Ich kann es nicht ausstehen, wenn mein Vater solche Bemerkungen über meine Mutter macht oder meine Mutter über meinen Vater. Ich finde, wenn man sich scheiden lässt, hat man das Recht verwirkt, sich über die Handlungen und den Charakter des anderen zu äußern.«Was machst du dieses Wochenende? », fragte ich meinen Vater.«Fährst du zum Strand?»
    Als meine Eltern sich trennten, hatten sie ein Haus in East Hampton; meine Mutter bekam die Wohnung in Manhattan und mein Vater das Haus am Strand. In den ersten Jahren nach der Scheidung hatten Gillian und ich den Juli und August dort draußen mit ihm verbracht, aber in den letzten Jahren hatte sich diese Regelung zunehmend gelockert, und wir kamen und gingen, wie es uns - und meinem Vater - gerade passte.
    «Nein», sagte er.«Dieses Wochenende bleibe ich in der Stadt.»
    «Wieso?», fragte ich.
    «Ach, nichts Besonderes. Ich lasse einen kleinen operativen Eingriff vornehmen.»
    «Eine Operation? Was ist los?»
    «Nichts ist los.»
    «Warum lässt du dich dann operieren?»
    «Es ist ja gar keine richtige Operation. Es ist ein ambulanter Eingriff. Eine ganz einfache Sache. Nichts, weswegen man sich Sorgen machen müsste.»
    «Also dann, was ist es? Was lässt du machen?»
    Mein Vater schwieg.
    «Dad, was lässt du machen?»
    «Ich lasse eine Augenoperation vornehmen», sagte er.
    «Oh», sagte ich.«Eine Laseroperation?»
    «Nicht ganz», sagte er.
    «Was lässt du denn dann machen?»
    «Ich möchte es lieber nicht sagen, James. Es genügt doch wohl, wenn ich dir sage, dass ich dieses Wochenende nicht zum Haus fahre. Du und Gillian, ihr könnt rausfahren, wenn ihr wollt.»
    «Lässt du etwa eine Schönheitsoperation machen?»
    «Nein», sagte mein Vater.
    «Gut», sagte ich.
    «Wieso gut?»
    «Ich weiß nicht. Es würde mir nur sehr komisch vorkommen, wenn du dein Aussehen aus Eitelkeit

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