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Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist

Titel: Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cameron Stefanie Kremer
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Bullen und brachten mich auf die Wache, und dort blieb ich, bis mein Vater kam und mich holte, und am gleichen Abend nahmen wir den Zug zurück nach New York.
    Im Zug fragte mein Vater mich, was passiert sei. Und ich sagte ihm, dass ich nicht glücklich sei, und deshalb sei ich weggelaufen, und er sagte, Blablabla du kannst nicht immer weglaufen, wenn dir etwas nicht gefällt. So läuft das Leben nicht . Und ich sagte ihm, dass er mich nicht kenne und nicht verstehe, dass ich nicht einfach unglücklich sei, dass ich so unglücklich sei, dass ich am liebsten sterben würde. Darauf sagte er nichts mehr, er klopfte mir nur aufs Bein und ging in den Speisewagen und kaufte drei von diesen kleinen Johnnie-Walker-Flaschen.«
    Ich zögerte. Dr. Adler sagte kein Wort. Sie sah ein wenig weggetreten aus. Ich wartete darauf, dass sie etwas sagte, aber sie saß nur so da.
    «Ich musste einen Brief an Das Amerikanische Klassenzimmer schreiben und mich für den Ärger entschuldigen, den ich verursacht hatte, und ich musste der National Gallery 213,78 Dollar zahlen, um das Loch in der Wand zu reparieren. Nareem Jabbar schrieb mir ein paar Zeilen, in denen sie sich dafür entschuldigte, dass sie mich einen Außenseiter genannt hatte. Sie schrieb, sie habe es auf die bestmögliche Art gemeint, sie habe gemeint, ich würde nicht recht dazupassen, weil ich ein Individuum, nicht weil ich ein Außenseiter sei.»
    Dr. Adler sagte nichts. Sie trug ein Armband mit Talismanen, an dem zahlloser kleiner Schnickschnack hing, und sie drehte es langsam um ihr Handgelenk, wie ein Riesenrad. Nach einem Augenblick merkte sie, dass ich sie beobachtete, und hörte damit auf. Sie schüttelte kurz das Handgelenk und verschränkte die Hände im Schoß.
    Ich sagte:«Ist meine Zeit jetzt um?»
    Diesmal sah sie auf ihre Armbanduhr.«Ja», sagte sie.«Ich glaube schon.»
    Ich stand auf und ging zur Tür.
    «Geht es Ihnen gut?», fragte sie mich.
    «Sicher», sagte ich.«Warum sollte es mir nicht gutgehen?»
    «Es gibt eine Menge Gründe, weswegen es Ihnen nicht gutgehen könnte.»
    «Es gibt eine Menge Gründe, weswegen es niemandem gutgehen könnte», sagte ich.
    «Ja», sagte sie,«aber das bedeutet nicht, dass es Ihnen gutgeht. »
    Ich stand immer noch an der Tür. Und dann tat sie etwas Seltsames. Sie stand auf, ging zu mir herüber, griff um mich herum und öffnete die Tür. Mit der anderen Hand berührte sie mich am Rücken, ganz sanft, und sie behielt ihre Hand dort, während ich durch die Tür ging. Einem Beobachter wäre es wahrscheinlich so vorgekommen, als schiebe sie mich aus der Tür, aber sie schob mich nicht. Durch die Sanftheit ihrer Berührung wusste ich, dass sie mich nicht schob.

11
    Montag, 28. Juli 2003
    Da die Galerie den Sommer über samstags und sonntags geschlossen war, bestand meine Mutter darauf, montags zu öffnen, denn sie war der Meinung, Galerien, die nur an vier Tagen in der Woche geöffnet hätten, seien nicht«ernst zu nehmen». Am Montag nach ihrer vorzeitigen Rückkehr aus den Flitterwochen hatten John und meine Mutter den größten Teil des Tages damit verbracht, in ihren Büros hinter geschlossenen Türen auf der Lauer zu liegen. Kein Mensch hatte einen Fuß in die Galerie gesetzt, und gegen zwei Uhr verdüsterte sich der Himmel zu einem bizarren, grünlichen Morast, der mich in eine schaurige Weltuntergangsstimmung versetzte. Plötzlich fing es an zu schütten. Das Wasser peitschte wie schlecht nachgemachter Filmregen gegen die großen Fenster, und ich ging hin und sah zu den Leuten auf der Straße hinunter, die hastig Unterschlupf suchten. Einen Augenblick später war die Straße menschenleer. Als ich mich wieder hinsetzte, sah ich, dass sich auf meinem Bildschirm ein kleines Fenster mit einer Nachricht darin geöffnet hatte: Hallo .
    Ich erwiderte den Gruß. Einen Moment später erschien die folgende Nachricht: Wollte Dir nur sagen, dass mir Dein Profil gefällt .
    Ich schrieb: Welches Profil ?
    Bei Gent4Gent: Wild und ungezähmt. Ich bin Schwarzer Narziss. Hast Du mein Profil gesehen?
    Ah, okay . Mir wurde klar, dass es John war. Offenbar hatte er das Profil gefunden, das ich in der Woche zuvor eingestellt hatte. Einen Augenblick lang dachte ich daran, John, ich bin’s, James:) zu schreiben, aber bevor ich dazu kam, hatte John getippt: Arbeitest Du wirklich bei Sotheby’s ?
    Ja.
    Wow, das ist cool. Ich leite eine Galerie. In Chelsea.
    Welche?
    Kann ich nicht verraten. Muss diskret sein .:)
    Kein Problem. Das

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