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Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist

Titel: Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cameron Stefanie Kremer
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Du magst. Oder nie. Wie Du willst.
    Nein , tippte ich. Heute Abend ist gut. Ich möchte Dich gern heute Abend treffen.
    Großartig. Es ist ein Empfang für irgend so ein neues Buch über Fragonard. Ich rufe gleich da an und lasse Deinen Namen auf die Liste setzen, und dann treffen wir uns dort um halb sieben. Passt Dir das?
    Sicher. Das wäre schön. Wir sehen uns dann.
    Warte , schrieb John. Ich brauche Deinen Namen. Für die Liste.
    Ach ja, richtig. Philip Braque. Das war einer von den erfundenen Namen, die ich auf die Liste gesetzt hatte.
    Cool. Ich bin John Webster. Wir sehen uns dort um halb sieben. Am besten treffen wir uns im Innenhof. Beim Brunnen. Ich bin leicht zu erkennen.
    Wie denn?
    Ich werde der einzige Schwarze dort sein.
    Das weiß man nie , schrieb ich.
    Glaub mir, ich weiß das. Wir sehen uns also um halb sieben.
    Großartig. Wir sehen uns dort.
    Freue mich wirklich darauf, Dich kennenzulernen. Bis nachher. Mach’s gut.
    Mach’s gut , schrieb ich.
     
    Unterwegs nach Uptown zum Frick fiel mir auf, dass ich nicht gerade die richtigen Sachen für einen Empfang in Kunstkreisen trug, aber es war zu spät, um noch nach Hause zu gehen und sich umzuziehen. Ich zog mein Hemd aus der Hose und hoffte, dadurch etwas kultivierter auszusehen, so lässig-elegant wie diese Typen in GQ.
    An der Anmeldung in der Eingangshalle des Frick saß ein Mädchen, das etwa in Gillians Alter war. Ich wusste sofort, dass sie wahrscheinlich gerade ihren Abschluss am Vassaroder Sarah-Lawrence-College gemacht hatte und ganz Feuer und Flamme für ihren neuen Job als PR-Assistentin bei irgend so einem Pseudo-Kunstverlag war. Das ist auch noch so ein Grund, wieso ich nicht aufs College will: Ich will nicht zu denen gehören, die gerade frisch vom College kommen und es sich selbstgefällig in ihrem ersten«richtigen Job»bequem machen, mit ihrer nicht vorhandenen Macht wedeln und glauben, in ein oder zwei Jahren wären sie Herausgeber der Vogue oder Vanity Fair . Im Kopf dieser Möchtegern-Anna-Wintour hinter dem Empfangstisch spukten zweifellos Visionen von Büros mit grandioser Aussicht, Arbeitsessen im Vier Jahreszeiten und Fotoshootings in Tanger herum.
    «Das Museum ist heute Abend geschlossen», sagte sie mit boshaftem Lächeln.«Das hier ist ein privater Empfang.»
    «Ich weiß», sagte ich.«Deswegen bin ich hier.»
    «Oh», sagte sie.«Wie heißen Sie?»
    Fast hätte ich James Sveck gesagt, aber dann fiel mir wieder ein, dass ich nicht James Sveck war, und ich sagte:«Julian Braque.»
    Sie überflog ihre Liste von oben nach unten und wieder herauf und noch einmal hinunter. Sie sah mich an.«Sagten Sie Julian Braque?»
    «Ja», sagte ich.«Mit einem B . B-R-A-Q-U-E.»
    «Ich weiß, wie man Braque schreibt», sagte sie,«und ich habe hier keinen Julian Braque. Ich habe nur einen Philip Braque.»
    «Das bin ich», sagte ich.«Julian Philip Braque. Der Dritte. Für geschäftliche Zwecke gebe ich meinen ersten Vornamen in der Regel nicht an. Ich werde immer mit meinem Vater verwechselt, Julian Braque, dem Zweiten.»
    «Müsste es nicht Junior heißen?»
    «Was?»
    «Der Name Ihres Vaters. Der Sohn ist ein Junior, und der Enkelsohn ist der Dritte, aber den Zweiten gibt es nicht.»
    «Ja, schon», sagte ich.«Aber mein Vater hat eine Abneigung dagegen, Junior genannt zu werden. Er ist nämlich sehr groß.»
    «Wenn das so ist», sagte das Mädchen.«Nun, Mr. Braque, Sie stehen hier als Gast von John Webster.»
    «Das ist richtig», sagte ich.
    «Viel Spaß auf dem Empfang», sagte sie.
    Kaum war ich in den Innenhof getreten, da sah ich John auch schon. Er stand in der Mitte des Hofs beim Brunnen und sprach mit einer Frau, von der ich erst dachte, es wäre meine Mutter, doch dann erkannte ich, dass praktisch alle Frauen dort meiner Mutter glichen - oder vielmehr, dass sie ihnen glich. Alle trugen ärmellose Kleider, die ihre sonnengebräunte Haut zur Schau stellten, und riesige klimpernde Halsketten aus Münzen und anderem Tand, den man verschiedenen alten Kulturen geraubt hatte. Die Frau, mit der John sich unterhielt, hatte langes, mit Henna gefärbtes Haar, das sie auf bewusst unachtsame Weise hochgesteckt hatte, und während sie mit John redete, fummelte sie unablässig daran herum und schob die Haarnadeln hin und her. John neigte sich ganz leicht zurück, als würde sie beim Sprechen spucken. Er warf verstohlene Blicke auf seine Armbanduhr und sah sich im Hof um, aber die Frau schien sich an seiner offenkundigen

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