Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist
eine Sozialversicherungsnummer. Du kannst ja nicht mal eine Tür aufmachen. Du bist mir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.»Oder:«Lass dir mal die Haare schneiden. Zieh dir Schuhe an.»Ich weiß, dass er nicht versteht, was ich sage, aber ich glaube, er argwöhnt, dass irgendetwas nicht so ganz stimmt.
Ich suchte im Kühlschrank nach etwas zu trinken, was, wie man meinen könnte, recht einfach zu finden sein sollte, doch nachdem in meiner Familie keiner jemals richtig einkaufen geht, kann es ziemlich schwierig werden. Ich fand eine Packung Orangensaft, in der nur noch ein paar Tropfen waren (die Regel lautete, dass derjenige, der etwas aufbrauchte, dafür verantwortlich war, einen Ersatz zu besorgen, und so herrschte ein Kopf-an-Kopf-Rennen darum, nur ja nichts aufzubrauchen), einen Liter halbfette Milch, die schon drei Tage über dem Verfallsdatum war, drei Flaschen Peroni, einen Liter koffeinfreie Diät-Cola, von der ich wusste, dass sie Rainer Maria gehörte, und einen Rest von diesem widerlichen Sojamilchzeugs, das Gillian vor Monaten gekauft hatte, als sie eine Phase vermeintlicher Laktoseintoleranz durchlebte.
Also drehte ich den Wasserhahn auf und wartete, dass das kalte Wasser von welchen entfernten Orten auch immer zu unserer Küchenspüle gelangte, als Gillian durch die Wohnungstür trat. Sie kam in die Küche und sagte:«Was machst du denn hier?», ganz als würde ich nicht da wohnen und hätte nicht das gleiche Recht wie sie, dort zu sein.
«Nicht dass es dich etwas angeht», sagte ich,«aber ich komme gerade von meiner Therapiesitzung und bin unterwegs in die Galerie.»
«Das klingt ja alles ganz reizend», sagte Gillian.«Und währenddessen hatte ich den schlimmsten beschissenen Vormittag meines Lebens.»Sie machte den Kühlschrank auf.
«Was ist denn passiert?»
«Willst du das wirklich wissen?»
«Na sicher», sagte ich.
«Bitte sei dir auch wirklich sicher, denn es ist eine Menge passiert, und es ist echt beschissen.»
«Ich bin mir sicher», sagte ich.
«Okay. Gut, also zuerst hatte ich diese Verabredung um zwölf Uhr mit Amanda Goshen für den Schlussverkauf bei Barneys.»
«Wer ist Amanda Goshen?»
«Sie ist so eine Art Freundin vom College. Letztes Semester waren wir zusammen im Kurs über das Schreiben von Memoiren. »
«Du warst in einem Kurs über das Schreiben von Memoiren? Barnard bietet Kurse über das Memoirenschreiben an?»
«Ja», sagte Gillian,«und unterbrich mich nicht. Wenn du alles in Frage stellen willst, was ich erzähle, dann vergiss es.»
«Schon gut», sagte ich.«Ich finde es nur etwas komisch, wenn man seine Memoiren schreibt, noch bevor man seinen College-Abschluss hat.»
«Heutzutage bist du nie zu jung, um deine Memoiren zu schreiben», sagte Gillian.«Also halt die Klappe. Okay, ich gehe also zuerst die Bank Street entlang und an dem Sandsteinhaus vorbei, vor dem diese alberne Miniaturligusterhecke wächst, und ich lasse einfach nur meine Hand oben drübergleiten, ich streiche der Hecke sozusagen im Vorübergehen über den Kopf, und da kommt diese Lady von hinten und sagt, fassen Sie den Liguster nicht an. Und ich kann es einfach nicht glauben, dass diese Lady mir sagt, ich soll den Liguster nicht anfassen. Ich meine, wie krank ist denn so was? Also schaue ich sie an, und ich sage, was meinen Sie damit?, und sie sagt, damit meine ich, dass das mein Liguster ist, Privateigentum, und ich wünschte mir, Sie würden ihn nicht misshandeln. Sie hat wirklich dieses Wort gebraucht, misshandeln . Und ich schwöre dir, ich habe die Hecke kaum berührt, du weißt schon, ich habe nur meine Hand oben drübergleiten lassen, dass es an der Handfläche gekitzelt hat, und ich kann es einfach nicht glauben, dass mich diese Frau anbrüllt, ich würde ihren Liguster misshandeln, also packe ich mir eine Handvoll Zweige und reiße sie heraus und werfe sie nach der Frau und sage, du und dein Liguster, ihr könnt mich mal, und gehe weiter. Und sie schreit mir hinterher, dass sie die Bullen rufen wird. Und dann müssen da Dornen oder so was an dem verdammten Liguster gewesen sein, denn meine Handfläche ist zerkratzt und blutet. Nur ein bisschen, aber immerhin. Schau her -», sie machte den Kühlschrank zu und zeigte mir ihre Handfläche, die tatsächlich voller Kratzer war.«Okay, du kannst dir ja vorstellen, in was für eine Stimmung mich das versetzt hat, und ich komme zu Barneys, und warte draußen auf Amanda, und es ist sonnig und heiß, und ich lehne mich an das Gebäude,
Weitere Kostenlose Bücher