Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist
würde sie in eine Kamera blicken. Ihr Gesicht sah gefasst und heiter aus, aber es war klar, dass sie keines von beidem war.«Ich habe gerade mit John gesprochen», sagte sie.
«Oh», sagte ich.
«Er hat mir erzählt, was gestern Abend passiert ist. Er ist sehr aufgebracht, und das kann ich ihm nicht verübeln.»
«Was hat er dir erzählt?», fragte ich.
«Er hat mir erzählt, was du getan hast. Dass du auf irgendeiner Website ein Profil zusammengebastelt und dich mit ihm in Verbindung gesetzt hast.»
«Eigentlich hat er sich mit mir in Verbindung gesetzt», sagte ich.
«Er hat sich nicht mit dir in Verbindung gesetzt, James, denn es war ja nicht dein Profil. Und ich möchte, dass du den Mund hältst und mir zuhörst.»Ihr fröhlicher, gefasster Gesichtsausdruck verschwand, und sie sah mich auf eine unheimliche, wild entschlossene Weise an.
Ich sagte, okay.
«John ist ganz außer sich wegen dem, was du getan hast. Er will nicht in die Galerie zurückkehren, solange du hier bist. Er hat ernsthaft gedroht zu kündigen. Zum Glück habe ich ihm das ausgeredet.»
«Gut», sagte ich.
«Ja», sagte sie.«Das ist gut. Du weißt ja sicher, wie schwierig es hier für mich wäre, wenn John gehen würde. Das wäre das Ende der Galerie. Ich kann keinen Ersatz für ihn finden, und ich kann die Galerie nicht selbst führen. Und du magst ja denken, dass das alles nur ein Spiel ist, James - die Galerie und mein Leben und Johns Leben und dein Leben, aber das ist es nicht. Nichts davon ist ein Spiel. Na ja, dein Leben vielleicht, aber das musst du selbst entscheiden. Glaubst du, dein Leben ist ein Spiel?»
«Nein», sagte ich.
«Nun, du verhältst dich aber so. Weißt du, was man unter sexueller Belästigung versteht?»
«Ja», sagte ich,«natürlich weiß ich das.»
«Warum hast du dann getan, was du getan hast? Ist dir denn nicht in den Sinn gekommen, dass es falsch ist? Illegal, um genau zu sein? Dass du deine Kollegen nicht in peinliche sexuelle Situationen bringen darfst?»
«Ich dachte nicht, dass ich das tue», sagte ich.
«Oh. Was dachtest du denn, was du tust?»
«Es war nur so etwas wie ein Scherz», sagte ich.
«Ein Scherz? Du glaubst, es ist ein Scherz, wenn du jemanden irreführst und in eine peinliche Situation bringst?»
«Ich dachte ja nicht, dass ich das tue. Wenn ich das gedacht hätte, dann hätte ich es natürlich nicht getan.»
«Was hast du dir denn dann gedacht, was du tust? Was um alles in der Welt kannst du dir denn bloß gedacht haben?»
«Ich weiß es nicht», sagte ich.«Wahrscheinlich habe ich gar nicht richtig nachgedacht.»
«Nun, vielleicht könntest du ja mal damit anfangen», sagte meine Mutter.«Und vielleicht könntest du anfangen, an jemand anderen zu denken als an dich selbst.»
«Es tut mir leid», sagte ich.«Ich habe mich bei John entschuldigt. Ich habe ihm gesagt, dass es mir leidtut. Hat er dir das nicht erzählt?»
«Doch, hat er», sagte meine Mutter.«Aber manchmal reicht das einfach nicht aus.»
«Gut, was kann ich noch tun?»
«Du kannst herzlich wenig tun», sagte meine Mutter.«Zumindest im Augenblick. Also musste ich etwas tun.»
«Was hast du getan?»
«Ich habe John gesagt, dass du nicht mehr hier arbeitest.»
«Du schmeißt mich raus?»
«Tja, das tue ich wohl, auch wenn ich es nicht so gern so ausdrücke.»
«Ach», sagte ich.«Wie würdest du es denn gern ausdrücken? »
«Ich denke nicht, dass du so mit mir sprechen solltest, James. Insbesondere nicht jetzt. Das, was ich getan habe, habe ich getan, weil du diese Sache mit John angestellt hast. Ich finde, du solltest über dein Verhalten nachdenken und dir nicht den Kopf über mich zerbrechen. Denk darüber nach, was du getan hast.»
«Ich verstehe nicht, weshalb so ein Riesenskandal daraus gemacht wird», sagte ich.
«Nun, vielleicht solltest du ja genau deswegen darüber nachdenken, denn ich versichere dir, es ist ein Skandal.»
«Wieso? John ist mein Freund.»
«Er ist nicht dein Freund, James. Er war vor dieser Sache nicht dein Freund, und jetzt ist er ganz sicher erst recht nicht dein Freund. Und im Grunde ist es nur noch schlimmer, wenn du gedacht hast, er wäre dein Freund. Dass du so etwas jemandem antust, den du für deinen Freund hältst.»
Ich wusste, dass meine Mutter unrecht hatte - John war mein Freund, oder war zumindest mein Freund gewesen. Vielleicht wusste er nicht, dass er mein Freund war, und vielleicht war ich ja auch nicht sein Freund, aber er war mein Freund. Und jetzt
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