Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
Augenblick durch. Er war erschöpft und zitterte, weil die Wirkung des Adrenalins und des Benzos in seinem Organismus nachließ. Sein Leib fühlte sich an, als wäre er von einem Berg heruntergefallen und in einem Haufen aus Glasscherben gelandet. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf seinen Atem.
Ihm schwirrte der Kopf, und Flecken tanzten ihm vor den Augen, doch er verlor nicht das Bewusstsein. Als das Schwindelgefühl nachließ, öffnete er die Augen und sah sich um.
Er war in einem großen, rechteckigen Raum. Hinter ihm, in der Ecke, befand sich die Tür, durch die er hereingekommen war. Die Hantelbank, Hantelständer und ein hochmodernes Laufband bildeten auf einer Seite einen Fitnessbereich. Gegenüber stand der Stuhl, an den Remote gefesselt war.
Eine Wand wurde ganz von dem großen, weißgebleichten Holztisch und den aufgehängten Flachbildschirmen eingenommen. Insgesamt waren es sechzehn Stück, und jeder war wiederum in vier Rechtecke aufgeteilt, so dass im Ganzen vierundsechzig Einstellungen zu sehen waren. Allerdings war nur die unterste Reihe aktiv: Hier waren sechzehn verschiedene Ansichten aus dem Hausinneren und der Umgebung zu sehen. Auf den Bildschirmen darüber prangte überall dasselbe Bild. In Remotes Schlafzimmer hatte Jack es bereits in Postergröße bewundert. »Ich hab’ kein Angst vor dir!« Wie ein Mantra wiederholte sich dieser Satz auf den Monitoren, eine Collage aus Furchtlosigkeit und falscher Grammatik.
Vor dem Bürostuhl stand eine kabellose Tastatur auf dem Tisch. Jack warf einen Blick darauf, rührte sie aber nicht an.
Hinter dem Fitnessbereich erstreckte sich ein kleiner Korridor. Zu beiden Seiten und an der Stirnseite ging jeweils eine Tür ab. Hinter der rechten Tür befand sich ein Vorratszimmer mit einem kleinen Kühlschrank und einer Mikrowelle. Wie erwartet hatte Remote hier genügend Lebensmittel angehäuft, um sich mindestens eine Woche über Wasser zu halten.
Links ging es in ein Bad. Auf drei Seiten waren Spiegel angebracht, die hinter bruchsicherem Glas geschützt waren. Direkt hinter der Tür hing ein Gerät von der Decke, das wie ein überdimensioniertes Zahnarztbesteck aussah: ein runder Spiegel, der am Ende eines ein Meter langen Auslegers drehbar gelagert war.
Das Zimmer an der Stirnseite war jedoch das Interessanteste.
Es war nicht besonders groß und nur mit einem Feldbett und einem kleinen Beistelltisch möbliert. Hier schlief Remote offenbar, wenn der Panikraum belagert wurde. Bemerkenswert waren allerdings die Regale an den Wänden. Und ihr Inhalt.
Weitere technische Spielereien hätten Jack nicht überrascht, aber die Regale enthielten etwas anderes. Auf den ersten Blick schien es eine Ansammlung von Kram zu sein: Vesperdosen, eingerahmte Fotos, DVDs, Spielzeug und Nippes. Doch all diese Dinge hatten eines gemeinsam.
Auf allen war die Frau von dem Poster abgebildet.
Ihr Name war Eden, wie Jack aus einem signierten Werbefoto in einem teuren Goldrahmen schloss. Wie sie ihn da von einem Pappbecher anlächelte, kamen vage Erinnerungen an einen Fastfood-Werbespot, in dem mit einem Film geworben wurde, in ihm hoch.
Der Film hieß Shambles, und etwas weiter hinten auf dem Regal fand Jack die entsprechende DVD. Der Klappentext verriet Edens Nachnamen: Fawnsley. Und bei dem Film schien es sich um die Art parodistischen Horrors zu handeln, der derzeit so beliebt war.
Auf den Regalen fand sich noch mehr von Eden, viel mehr. DVDs mit Fernsehauftritten in Talkshows und Werbespots. Sie war Gast in einer europäischen Version von Dancing with the Stars und in einer japanischen Gameshow gewesen. Eine Action-Figur und sogar die unautorisierte Biographie schmückten die Regalbretter.
Jack nahm das Taschenbuch in die Hand. Auf seinem Cover war eine kaum veränderte Version des Posterbilds zu sehen, und darüber stand: »Ich hab kein Angst vor irgendwas!« Schnell überflog er den Klappentext und betrachtete dann wieder das Titelbild. Inzwischen hatte er eine ungefähre Vorstellung, wer diese Eden Fawnsley war, aber er hatte keine Ahnung, weshalb sie Remote ganz offensichtlich so sehr faszinierte.
Er tappte zurück in Remotes Kontrollzentrum. Das Buch nahm er mit. Noch immer war Remote bewusstlos, doch sein Atem ging regelmäßig.
Jack ließ sich in das weiche, kühle Leder des Bürostuhls fallen, schlug das Buch auf und fing an zu lesen.
Mit Verlangen kannte Nikki sich aus.
Es war nicht Lust, sondern der zutiefst menschliche Trieb, der mehr oder
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