Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
denn sie war nur zum Einkaufen hier.
In L.A. gab es das, was sie suchte, massenweise, aber sie brauchte eine ganz bestimmte Marke. Der Name der Firma ließ sich durch Recherche schnell ermitteln, doch an das eigentliche Produkt heranzukommen, erforderte etwas mehr Einfallsreichtum.
Sie nahm den Freeway nach Santa Monica. Gegenüber dem Haus, das sie suchte, befand sich eine Starbucks-Filiale mit freiem WLAN-Zugang. Während sie auf dem Beifahrersitz wartete, surfte sie eine Weile im Internet. Zum Glück war die Suche nicht sonderlich kompliziert, da die Zielperson jede Möglichkeit, in die Presse zu kommen, als kostenlose Form der Werbung auffasste. Den Namen und ein Foto hatte sie bereits, und schon eine Stunde später wusste sie, wo der Mann zur Schule gegangen war, in welcher Gegend er wohnte und was für ein Auto er fuhr. Doch der wertvollste Fund war die Information, welches sein Lieblingsrestaurant war.
Mit einem Auge beobachtete sie die Ausfahrt der Garage des Hauses, während sie forschte. Sie war nicht überrascht, als gegen elf Uhr ein weißes Cabrio mit der Zielperson am Steuer durch das Tor fuhr. Bestimmt war es Zeit für ein zweistündiges Mittagessen. Sie folgte ihm diskret und ging im Kopf durch, wie sie an ihn herankommen konnte.
Am Ende entschied sie sich für den Klassiker: anrempeln und etwas übers Hemd schütten. Normalerweise arbeitete man dabei zu zweit: Einer wischte das Hemd sauber, während der andere sich das Portemonnaie schnappte. Aber in ihrem Fall wollte sie ja nur die Aufmerksamkeit des Mannes erlangen. Und sie war überzeugt, dass sie das auch allein hinbekommen würde.
Er hieß Daniel Erevant, und sie entdeckte ihn auf der Terrasse, wo er die Variety las. Er war Anfang dreißig, rasiert und hatte einen teuren Haarschnitt. Wahrscheinlich waren seine Klamotten chinesische Imitate des allerneuesten Business-Casual-Trends. Er sah gut aus, allerdings besaß er diese typische südkalifornische Attraktivität, so dass man immer den Eindruck hatte, man hätte ihn schon einmal in einem Werbespot gesehen, an den man sich nicht mehr erinnern konnte.
Sie wählte den Zeitpunkt sehr sorgfältig. Trotz seines schnieken Aussehens war er ein Raubtier, das die Gesellschaft von seinesgleichen gewohnt war. Seine Sinne waren für jede Art Trick geschärft.
Sie machte sich darauf gefasst, zu warten, bis er das Restaurant wieder verließ. Doch er gab ihr schon früher eine Gelegenheit, indem er sich nach seinem zweiten Eistee zur Toilette aufmachte. Er war noch immer allein. Vermutlich lief das Geschäft nicht so gut, wie er es sich gewünscht hatte.
Ihr Drink, der aus knallbunten Fruchtsäften bestand, war in einem Martiniglas serviert worden. Ihre Bluse war weiß.
»Oh«, sagte sie. Sie hatte darauf geachtet, dass er nichts abbekommen hatte. »Ich … ich …«
»Ach du Scheiße «, sagte Erevant. »Das tut mir ja so leid. Alles in Ordnung mit Ihnen?«
Noch während er sich entschuldigte, musterte er sie und checkte sie mit seinem Radarblick ab.
»Ich … Nein, ich bin nicht in Ordnung«, fuhr sie ihn an. »Schauen Sie sich das an!«
»Hey, tut mir leid. Ich bezahle die Reinigung, okay?« Jetzt war er in der Defensive, trat einen Schritt zurück, war aber noch immer wachsam. Er wartete ab, wie sie reagieren würde.
»So kann ich mich im Büro nicht blicken lassen«, sagte sie. »Mein Chef ist die pingeligste, kleinkarierteste Arschgeige, die man sich vorstellen kann, und er wartet nur auf einen Vorwand, um mich … Wissen Sie eigentlich, wie schwer es ist, heutzutage einen Job zu finden?«
»Ja, der Arbeitsmarkt ist hart. Aber kommen Sie schon, Ihr Chef wird Sie doch nicht wegen eines kleinen Unfalls rauswerfen …« In seiner Stimme schwang etwas mehr Verständnis mit, aber er war noch immer argwöhnisch.
»Sie kennen ihn nicht. Ich bin schon seine dritte Anwaltssekretärin in einem Jahr …« Da. Damit sollte schon mal klar sein, was ich nicht bin. »Ich glaube, der feuert die nur, weil er es kann, als wolle er uns dazu herausfordern, eine Kündigungsschutzklage gegen ihn einzureichen. Er … er glaubt, er sei schlauer als der Rest der Welt, dieser arrogante Wichser …« Sie fing an zu flennen.
Sie wusste, dass dies der entscheidende Zeitpunkt war. Wenn er es ihr abkaufte, dann wäre er auf ihrer Seite und würde versuchen, sie zu trösten. Wenn nicht, würde er sie als eine weitere professionelle Lügnerin in dieser Stadt voller Lügner abschreiben. »Hey«, sagte er mit
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