Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)

Vancouver oder woanders? Mir sagt die Vorwahl nichts.«
    »Bin ein bisschen rumgereist. Habe an ein paar neuen Sachen gearbeitet.«
    »Hey, das ist ja großartig! Ich habe deine Sachen immer gemocht. In dem Regal in meinem Arbeitszimmer steht noch immer die Skulptur, die du mir gemacht hast. Ich hab’ sie ständig vor Augen. Und es ist großartig, dass du … na ja, dass du wieder an was arbeitest.«
    »Danke. Ich brauche deine Hilfe. Deshalb rufe ich eigentlich an. Bist du immer noch im Geschäft?«
    »Ja, ich mache nach wie vor diese sonderlichen Dinge. Du weißt ja, wie es in dieser Stadt zugeht, ständig passiert was. Was brauchst du?«
    Jack erklärte es ihm. »Dürfte dich einen Tag kosten, nicht mehr. Aber es ist ein bisschen heikel … denn es muss morgen sein.«
    »Werde ich dafür bezahlt, oder ist das ein Gefallen?«
    »Du wirst auf jeden Fall bezahlt.« Jack nannte ihm eine Summe.
    »Für einen Tag? Klar kann ich das machen. Wo soll ich hin?«
    »Nach Vancouver. Morgen. Ich sage dir noch die Adresse und was wir brauchen.«
    »Ich bin dabei. Hey, das wird ein Spaß, mit dir zusammenzuarbeiten.«
    »Freue mich auch drauf. Wir sehen uns.«

    Jack wusste, wer Remotes nächstes Opfer sein würde.
    Den Hinweis darauf hatte er in der Datei mit der Liste der antiken Aufziehfiguren gefunden. Ganz gleich, wie ausgeklügelt seine Methoden und wie esoterisch sein krankhaftes Seelenleben sein mochten, Remote war nun einmal ein Serienkiller. Einer, den das FBI als äußerst durchorganisiert klassifizieren würde. Diese Art von Serienmörder besaß eine Reihe bestimmter Charakterzüge: Sie alle hatten einen überdurchschnittlichen IQ, planten sorgfältig und waren davon besessen, die Medienberichterstattung ihrer eigenen Verbrechen zu verfolgen.
    Und sie sammelten Trophäen.
    Jack hatte in Remotes Haus keine Hinweise auf handfeste Trophäen gefunden, und zunächst war er davon ausgegangen, dass die verschlüsselten Dateien auf seinem Rechner Bilder enthielten, die den Zweck von Andenken erfüllten. Schließlich besaß Remote authentisches Filmmaterial der eigentlichen Morde.
    Doch dann war Jack etwas aufgefallen: Die Anzahl der Sammlerstücke in Remotes Haus entsprach genau der Anzahl der Opfer, die er ihm genannt hatte.
    Jack hatte sich möglichst viele Details von Remotes Verbrechen eingeprägt. Und der Blick in die Datei hatte gezeigt, dass er beim erfolgreichen Abschluss eines jeden Projekts ein weiteres Sammlerobjekt bestellt hatte. Die Aufziehspielzeuge waren kein nostalgischer Nippes, sondern sie standen für seine Erfolge. Sie waren Preise, keine Erinnerungsstücke.
    Der letzte Automat auf der Liste, ein Aufziehteufel, der tatsächlich Feuer spuckte, war nirgends im Haus zu finden gewesen. Zweifellos war einer der leeren Schaukästen im Flur des Erdgeschosses für ihn vorgesehen. Interessant war allerdings, dass der Tag, an dem er geliefert werden sollte, in der Datei schon mit dem ersten Dezember angegeben war. Neben dem Datum waren die Initialen SL eingetragen.
    Auch neben den anderen Einträgen in der Liste standen Initialen. Initialen, die zu den Namen von Remotes Opfern passten.
    Jack hatte den Zeitpunkt, und er hatte die Initialen. Das war noch nicht genug, um nähere Schlüsse zu ziehen. Aber das Spielzeug selbst ließ diese zu.
    Die Bedeutung der anderen Aufziehfiguren hatte Jack bereits herausgefunden. Mit dem Katapult, das auf die belagerte Burg schoss, hatte Remote sich für die Mechanik belohnt, mit der er den korrupten Bürgermeister getötet hatte. Dieser hatte ein Vermögen mit geplatzten Hypotheken gemacht. Der Bürgermeister war der König, und das Katapult stand für das Auto, dessen Bremsen von Remote manipuliert worden waren. Der Dompteur war der Anwalt, der die Bandenmitglieder umbrachte, die er eigentlich vor Gericht vertreten sollte. Die tanzenden Mädchen feierten den Tod eines Vergewaltigers, der einem Schluck vergiftetem Wein erlag. Hinter dem Shisha rauchenden Mann mit dem Turban verbarg sich der Geschäftsführer der Tabakfirma, den Remote von seinem persönlichen Assistenten ermorden ließ, und der Strongman war eindeutig Okay Hampton.
    Mit dem Ritter, der sich dem Drachen entgegenstellte, wurde der erfolgreiche Austausch von Goliath gegen Jack repräsentiert, auch wenn Remote zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen musste, dass er einen Serienmörder erhalten würde. Jack vermutete, dass Remote sich selbst als den geharnischten Kämpfer sah. Und der Drache stand nicht nur für