Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
mit hocherhobenem Haupt folgte, zeigte, dass seine Wut nicht geringer war als die des Zunftrektors. Sie trotteten in Richtung Gefängnis.
Ich fühlte wieder das Zupfen am Ärmel. Ich drehte mich um und machte mit beiden Händen eine wischende Bewegung. Der kleine Mann strahlte mich überrascht an. Ich nickte bekräftigend. Er streckte die Hand aus, und ich schüttelte sie, und er stolzierte an mir vorbei und auf die Gasse hinaus, als wäre dies sein Garten und er würde ihn nur verlassen, um sich die kurzen Beine zu vertreten. Ich folgte ihm bedeutend langsamer und sah ihn mit provozierendem Schritt um die nächste Ecke verschwinden; ein Dieb, ein Schelm, ein Schlitzohr, der niemals erfahren würde, dass er durch meine Gegenwart kurzfristig in größerer Gefahr gesteckt hatte, als wenn er sich mitten unter die Patrouille gestellt und versucht hätte, ihnen die Beutel abzuschneiden.
Ferdinand Boehl stand noch immer vor dem Tor und kochte. Als er mich von weitem kommen sah, zog er sich in den Eingang des Fondaco zurück und wartete. Sein Gesicht war puterrot.
»Ein paar Kerle haben den Fondaco durchsucht«, sagte er statt einer Begrüßung.
»Ich habe sie gesehen«, sagte ich und deutete die Gasse hinauf.
»Ich verbarg mich in einem verlassenen Garten.«
Er nickte langsam. »Ich konnte sie nicht davon abhalten, in jedes Zimmer zu schauen.« Über all seinem mühsam beherrschten Zorn klang Verwunderung durch. »Das haben sie noch nie gewagt. Sie sagten, sie hätten Hinweise, dass wir Mitglieder der Verschwörung versteckt hielten und dass das Asylrecht auf solche Leute nicht zuträfe. Ich war so machtlos wie ein Kätzchen.«
»Woher haben sie diese Informationen?«
»Woher wohl? Peinliche Befragung«, sagte er knapp.
Ich fühlte, wie meine Beine schwach wurden. »Wer?«, fragte ich erstickt.
- Jana
»Woher soll ich denn das wissen?«, brauste er auf. Dann sah er in mein Gesicht. »Ich habe gehört, man hat gestern einen alten Kerl mit seiner Familie verhaftet, den Piero Vespucci als majordomus für sein neues Haus angestellt hatte.«
»Mein Gott«, sagte ich und hasste mich für meine Erleichterung. »Vespucci hatte das Haus an uns vermietet. Der Mann arbeitete als majordomus für uns.«
»Was tut Ihr hier in Florenz?«, fragte er endlich. Ich öffnete den Mund, aber er winkte plötzlich ab. »Ich will es gar nicht wissen.« Er sah so wütend aus, wie ich ihn zuvor noch nicht erlebt hatte.
»Ich versuche, meine Gefährtin aus dem Gefängnis zu befreien.«
Boehl hielt sich die Ohren zu. »Ich sagte, ich will es nicht wissen!«, bellte er. Er drehte sich auf dem Absatz um und stapfte davon. Ich folgte ihm.
»Haben sie Stepan Tredittore entdeckt?«
»Euren parfümierten Wichtigtuer? Den haben sie nicht gefunden. Und mein Koch sucht eines der Küchenmädchen. Vielleicht gut, dass die Kerle nicht in jedes Vorratslager gesehen haben. Euer Schwiegersohn war da, konnte jedoch vor lauter Schreck nicht ein vernünftiges Wort herausbringen. Dabei wollten sie gar nichts von ihm; sie wussten nicht mal, wer er ist. Er sucht übrigens schon seit ein paar Stunden nach Euch.«
»Was habt Ihr den Männern gesagt?«
»Dass ich mich bei der signoria, bei der mercatanzia, bei Lorenzo de’ Medici und beim Teufel persönlich beschweren würde.«
»Warum habt Ihr mich nicht verraten?«
Wir erreichten die Treppe, die hinauf zum Eingang des Hauptgebäudes führte. Boehl lief die Stufen empor, und seine ganze Körperhaltung drückte aus, dass er mich möglichst weit weg wünschte. Ich blieb am Fuß der Treppe stehen. Oben angekommen, drehte er sich um und funkelte zu mir herunter.
»Ich möchte Euch verfluchen, Peter Bernward«, sagte er heftig. »Ihr bringt nur Ärger. Aber es gehört sich nicht, einem Zunftmitglied die Pest an den Hals zu wünschen, stimmt’s?« Er wirbelte herum und stürmte in das Gebäude hinein. Ich wollte ihm noch hinterherrufen, dass er Johann Kleinschmidt ausrichten solle, ich sei wohlauf und würde gegen Abend zurück sein, doch er schenkte mir keine Beachtung mehr. Stattdessen hörte ich eine Tür knallen, dass ich dachte, das Fundament des Hauses würde erzittern.
3.
S
an Lorenzo war weniger prächtig als Santa Maria del Fiore und lag eingeklemmt zwischen Lagerhäusern und den Rückseiten von palazzi an der Ecke eines kleinen Platzes. Die Ausmaße der Kirche, an sich gewaltig, wurden zwischen die anderen Häuser gedrückt. Was die Kirche der Familie Medici mit dem Dom verband,
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