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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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war die unfertige Hauptfassade. Wie die signoria schien auch Lorenzo de’ Medici mit sich selbst nicht im Reinen, wie er sich die Gestaltung seiner Kirche vorstellte.
    Der kleine Platz war voller Menschen. Es war noch nicht so eng, dass man nicht mehr hätte umfallen können, aber ich zweifelte nicht daran, dass es noch so eng werden würde. Die Türen der Kirche waren verschlossen, und an der stillen Aufregung um mich herum konnte ich erkennen, dass ich noch nichts versäumt hatte. Ich sah mich müßig nach einem bekannten Gesicht um, etwa dem des Kardinals, und erwartete nicht wirklich, ihn oder jemand anderen hier unter den Wartenden anzutreffen. Als eine Patrouille aus fünf mit Spießen und Schwertern bewaffneten Männern aus der kleinen Gasse auftauchte, die vom Dom herführte, begann mein Herz zu klopfen, und ich machte mich unwillkürlich klein in der Menge; aber die fünf beachteten niemanden, sondern drängten sich rasch durch die Leute und verschwanden zur Via Larga hin. Ein paar Köpfe drehten sich zu ihnen um, doch die meisten achteten nicht weiter auf die Männer.
    Als sich eine Weile später ein Aufgebot aus einem Dutzend anderer Bewaffneter vom palazzo der Medici her näherte, schenkte die Menge ihnen deutlich mehr Beachtung. Die Männer trugen die glänzenden, engen Helme, die ich an allen Medici-Söldnern gesehen hatte, und einer von ihnen hielt einen Wimpel mit den sechs roten Bällen auf goldenem Grund in die Höhe. Die Menschen rückten gleichzeitig näher heran und wichen zurück, um eine Gasse zu bilden. Ein Kordon weiterer Söldner umgab eine breitschultrige Gestalt, die sich mit langsamen Schritten durch diese Gasse bewegte, und die Zuschauer raunten oder senkten die Köpfe. Ich sah zu meiner Überraschung, wie sich einige von ihnen bekreuzigten oder Tränen in ihre Augen traten. Lorenzo de’ Medici war dicht genug von seinen Männern umringt, dass ein verspäteter Attentäter niemals an ihn herangekommen wäre, und weit genug von ihnen entfernt, so dass die Sicherheitsmaßnahme eher wie etwas wirkte, was ihm eine besorgte signoria verordnet hatte, anstatt seinem eigenen Sicherheitsbedürfnis erwachsen zu sein. Sein Gesicht war eingefallen und bleich, und die Flecken unreinen Teints stachen krank daraus hervor. Sein langes Haar war gekämmt, sein Gewand schlicht und teuer und der Verband um seinen Nacken frisch und weiß. Er machte eine finstere Miene und schob seinen Unterkiefer vor, und er wirkte von weitem wie jemand, der zur Hinrichtung seines besten Freundes geht. Er kam so dicht an mir vorbei, dass ich ihn hätte rufen können. Ich wusste, dass er seinen ersten öffentlichen Auftritt beim Leichnam seines Bruders absolvierte, und man konnte ihm ansehen, dass er ihn nicht gerne vollzog. Er war der Mann, der die Macht hatte, Jana zu befreien, und ich hatte mir beinahe jedes Wort zurechtgelegt, das ich zu ihm sagen wollte, aber seltsamerweise dachte ich in diesem Augenblick nur daran, wie er sich bei diesem Gang fühlte. Der Weg über den Platz zum Eingangsportal der Kirche war nicht lang und doch weit. Jemand rief plötzlich: »Lorenzo, Dio ti aiuti!«, und jemand anderer antwortete: »Giuliano, Dio aiuti anche te!« Lorenzo de’ Medici winkte, ohne stehen zu bleiben. Es konnte auch ein Lichtreflex von einem der Helme auf seiner Wange sein, aber ich dachte, ich hätte eine Träne gesehen, die über sein Gesicht rollte.
    Dann pfiff jemand und wurde von vielen Zischlauten zum Schweigen gebracht. Innerhalb eines zweiten Rings aus Bewaffneten marschierte eine aschblonde Frau mit verkniffenem Gesicht und einer tief verschleierten weiteren Frau am Arm. Drei Kinder zwischen sieben und drei Jahren stolperten hinter ihnen her. Die Frau mit dem Schleier war hochschwanger, und ich erkannte, dass sie die Witwe von Giuliano de’ Medici sein musste. Die Pfiffe galten nicht ihnen. Hinter der Familie von Lorenzo und Giuliano folgten die Verbündeten der Medici, und ihnen voran, als sei er der älteste Freund von allen, stolzierte Kardinal Raffaelle Riario, den Kopf unter dem breitkrempigen roten Hut gesenkt und die Hände gefaltet. Auf dem Stoff seiner Handschuhe glitzerten Ringe. Falls er erkannt hatte, dass der Pfiff ihm gegolten hatte, ließ er es sich nicht anmerken; aber ich nahm an, dass es ihm nicht in den Sinn kam, jemand könnte an seiner Person Anstoß nehmen. Die Tatsache, dass die Empörung, die weniger ihm als seinem Großonkel auf dem Papstthron galt, sich nicht lauter äußerte, zeigte

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