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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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den Respekt, den die Florentiner vor Lorenzos Trauer und vor allem vor seiner Entscheidung hatten, den jungen Kardinal als unschuldig zu betrachten.
    Als sich das Kirchenportal vor den Ankömmlingen öffnete, traten nur Lorenzo und seine Familie ein. Die Bewaffneten blieben ebenso draußen wie die Freunde. Es war, als sei ein Bann gebrochen; die Erstarrung löste sich von den Menschen auf dem Platz, und alle drängten nach vorn zur Fassade der Kirche hin. Die Bewaffneten schlossen das Portal und stellten sich zweireihig auf den Stufen davor auf. Das Geschubse und Gedrängel zeigte mir, dass tatsächlich noch vorgesehen war, die Florentiner von Giuliano de’ Medici Abschied nehmen zu lassen – doch die ersten Minuten gehörten seinem Bruder, seiner Frau und seiner Familie. Ich drängelte weniger elegant als die Florentiner, aber meine Rücksichtslosigkeit wurde mit einem Platz weit vorn belohnt, als die Menge vor dem Kordon der Söldner zum Stehen kam. Lorenzos und Giulianos Freunde – unter ihnen Poliziano, Pico della Mirandola und Marsilio Ficino, große Namen, denen ich keine Gesichter zuordnen konnte – standen unschlüssig oder mit geistesabwesenden Mienen vor dem verschlossenen Portal. Einzig Kardinal Riario, von dem sich die anderen kaum sichtbar abgesondert hatten, blickte freimütig in die Gesichter der Menschen, die die Treppe zum Kircheneingang belagerten. Ich winkte ihm zu, bis er aufmerksam wurde und mich näher ins Auge fasste. Während mich die Menschen um mich herum ansahen, als hätten sie es mit einem Verrückten zu tun, begann der Kardinal zu lächeln und winkte zurück. Nach einer kurzen Denkpause wandte er sich an einen der Bewaffneten, und dieser holte sich Rat bei seinem Anführer und schritt dann die Treppe herunter auf mich zu. Die Geste war klar: Der Kardinal gewährte mir einen Augenblick seiner Zeit. Ich war überzeugt, dass er nicht mehr die leiseste Ahnung hatte, wer ich war und dass wir uns kannten; aber ich hatte in seinem Gesicht lesen können, dass ihm die stille Abneigung von Seiten der Menge und Lorenzos Freunden nun doch bewusst geworden war und dass er erleichtert war, einen unerwarteten Sympathisanten zu finden. Der Söldner begleitete mich die Treppenstufen hinauf und blieb dicht neben mir, als der Kardinal mir die Hand zum Kuss reichte. Seiner verschlossenen Miene und seinem offenen Griff zum Schwert an seinem Gürtel war zu entnehmen, dass sein Misstrauen einem Mann gegenüber, der einem auch noch so entfernt an der Verschwörung Beteiligten aus der Menge heraus zuwinkte, kaum zu überbieten war.
    »Ich bin geehrt, dass Ihr in so einem Moment Zeit findet, mich zu empfangen, Exzellenz«, sagte ich geschmeidig auf Latein.
    »Es ist eine schreckliche Aufgabe«, seufzte er, »und zugleich hehre Pflicht, diesem jungen Menschen dort drin die letzte Ehre zu erweisen.« Der junge Mensch dort drin, Giuliano de’ Medici, war mindestens um zehn Jahre älter gewesen als er. Der Kardinal versuchte eine wissend-traurige Miene zu machen und sah genauso pompös aus wie seine Rede.
    »Wer wüsste nicht um Euer ausgeprägtes Pflichtgefühl, Exzellenz.«
    »Ihr sagt es, mein Sohn, Ihr sagt es. Wenn auch die Trauer gemildert wird durch das Wissen, dass der Herr diesem Unschuldigen die Zeit im Fegefeuer sicherlich so kurz wie möglich halten wird und dass so viele Gläubige um sein Seelenheil beten.« Riario wies mit einer unbestimmten Bewegung über die Menge und fasste mich dann näher ins Auge. Mit einer überraschenden Offenheit, die von der ihm aus allen Gesichtern entgegenschlagenden Feindseligkeit gefördert sein musste, fragte er dann: »Woher kennen wir uns eigentlich? Seid Ihr ein Mitglied der Platonischen Gesellschaft?« Er deutete auf die Freunde Lorenzos, die sich möglicherweise noch deutlicher von uns abgesondert hatten. »Ich konnte bisher wohl nicht alle Gefährten von Ser Lorenzo kennen lernen, und die meisten von ihnen haben einen derartigen Respekt vor mir und meinem Amt, dass sie mich kaum anzusprechen wagen.«
    »Ihr hattet die Güte, uns auf der Reise von Prato nach hier den Schutz Eures Kontingents anzubieten.«
    »Jetzt erinnere ich mich. Wart Ihr nicht in Begleitung?« Er dachte nach, und ein plötzlicher Schatten huschte über sein Gesicht. »So ein aufdringlicher junger Kerl und ein Weib?« Seine Augen wurden wachsam.
    »Das ist richtig«, erwiderte ich so unbefangen wie möglich. »Leider sind beide zur Zeit nicht in Florenz. Doch ich wage es, die Gunst der Stunde

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