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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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Mann.«
    »Gregorius nahm ihn mit nach Augsburg, wo Antonio seine Lehre beendete. Als er nach Florenz zurückkehrte, war er vierundzwanzig Jahre alt, hatte beste Verbindungen zu den einflussreichsten Kaufleuten und eine glänzende Karriere vor sich.«
    »Die er ohne Verzug auszubauen begann.«
    »Aber nein! Deshalb erzähle ich Euch doch diese Geschichte. Passt auf: Im Jahr 1453 ereignete sich in Florenz ein starkes Erdbeben. Es machte viele Menschen nachdenklich, ob sie und die Republik den richtigen Weg eingeschlagen hatten und ob dieses Erdbeben nicht ein warnender Fingerzeig Gottes war, ihren Erdenweg zu überdenken. Etliche kamen zu dem Schluss, dass sie ihr Wirken besser in den Dienst des Herrn stellten anstatt in den des Geldes, und gingen ins Kloster.«
    »Nicht doch.«
    »Macht Euch nicht lustig darüber.«
    »Gut«, sagte ich und hob beide Hände. »Ihr habt Recht. Darüber sollte ich nicht spotten. Erzählt weiter.«
    »Antonio ging nach Certosa. Er setzte denselben Eifer in die Lehren des Klosters, den er in seine Ausbildung zum Kaufmann gesteckt hatte. Es dauerte nicht lange, bis er der bevorzugte Zögling des Priors war. Sein Noviziat war nach einem Jahr vorbei; dann übernahm er einen verantwortungsvollen Posten für den Klosterkämmerer.«
    »Weshalb ist er nicht dort geblieben?«
    »Als Antonios Vater Poggio starb, versuchte Antonios Onkel Alessandro, sich des Erbes zu bemächtigen. Alessandro und Poggio hatten im Streit gelebt, seit Alessandros Frau gestorben war und Alessandro sich nicht mehr um Beatrice kümmern konnte, die zuvor wegen des Todes von Antonios und Beatrices Mutter Smeralda zu Alessandro in Pflege gegeben worden war. Jetzt schien Alessandro zu glauben, dass er wegen der Pflege von Beatrice und wegen Poggios Unverschämtheit ein Anrecht auf das Erbe hatte. Antonios Geschwister schrieben ihm ins Kloster, und Antonio verließ es wieder – obwohl der Prior ihn anflehte, seine reine Seele nicht noch einmal der Verderbnis der Welt auszusetzen.«
    »Ich nehme an, Pratini gewann auch diesen Prozess.«
    »Ja. Danach übernahm er den Geldwechslertisch seines Vaters und verwandelte ihn in das Handelshaus, das es heute ist.«
    »Und vergaß niemals mehr die Worte des Priors«, sagte ich ohne Spott.
    »Natürlich vergaß er sie. Aber die Zeit kam, da er sich wieder daran erinnerte.«
    »Und wann kam diese Zeit?«
    »Im letzten Jahr«, sagte Gutswalter hart. »Als ihm sein Arzt eröffnete, dass er nicht mehr lange zu leben habe.«
    Ich starrte ihn an. Seine Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht gewesen. »Was…?«, brachte ich schließlich hervor.
    »Ihr habt richtig verstanden. Antonio liegt im Sterben.«
    »Ich merkte, dass ihm die Zeit knapp wird, er hat sich jedoch nicht darüber ausgelassen. Nur ein paar Allgemeinplätze über das Altern. Ich wusste nicht, dass es so schlimm ist.«
    »Selbstverständlich nicht. Er hätte auch nicht gewollt, dass Ihr es wisst. Oder sonst jemand. Ich habe es Euch trotzdem gesagt, weil ich es hasse, wie schlecht Ihr über ihn redet.« Er senkte den Kopf und wischte sich zu meiner Bestürzung eine Träne aus dem Augenwinkel.
    »Tut mir Leid, dass ich Euch so manipuliert habe«, sagte ich dumpf. Er blickte auf.
    »Wie meint Ihr das?«
    »Ich habe Euch dazu bringen wollen, mir Pratinis Geschichte zu erzählen. Es tut mir Leid. Ich war mir sicher, dass Ihr mir nichts über ihn mitgeteilt hättet, wenn ich Euch nur darum gebeten hätte.«
    Er gaffte mich mit offenen Mund an. Langsam schlich sich eine heiße Röte in seine Wangen.
    »Ich habe es Euch gestanden«, rief ich schnell. »Niemand weiß besser als ich, dass Ihr Besseres verdient habt. Ihr habt mich davor bewahrt, im Gefängnis verhaftet zu werden, und so die Möglichkeit gegeben, Janas Unschuld zu beweisen. Ich bin zwar noch keinen Schritt weitergekommen, aber für die Chance bin ich Euch ewig dankbar.«
    Gutswalter schluckte schwer. Es gereichte ihm zur Ehre, dass er seinen Ärger hinunterbekam. Er atmete aus. »Ich habe vergessen«, sagte er rau, »dass es für Euch um mehr geht als um den Ruf eines Freundes.«
    Ich nickte. Er holte nochmals Atem.
    »Ja«, stieß er hervor und klopfte mit der flachen Hand auf sein Schreibpult, »wenn ich Euch so viel erzählt habe, kann ich Euch das ja auch noch mitteilen. Ich habe auf Grund des Banktransfers Auftrag gegeben, das weitere Schicksal von Kardinal Riario zu überwachen. Ich wollte herausfinden, ob er bei einem Verhör eventuell über dieses Geld reden

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