Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
würde. Es hat sich herausgestellt, dass Beatrice und ich umsonst ein paar von Antonios geheiligten Dokumenten vernichtet haben. Kardinal Riario ist rehabilitiert und lebt im Palast von Lorenzo de’ Medici, der hofft, mit dieser Geste die Wogen wieder zu glätten und die Spaltung der Florentiner in zwei Lager zu beenden.«
»Ich könnte mit ihm reden und herausfinden, weshalb Jana ihm das Geld gegeben hat.«
»Und ihn dazu überreden, für sie einzutreten, falls sich herausstellt, dass der Transfer doch mit dem Aufstand zu tun hatte und er nicht daran interessiert sein sollte, dass dies außer Euch und ihm noch jemand erfährt.«
»Nebenbei könnte ich ihn auch noch davon überzeugen, in diesem Fall den Namen des Bankhauses Pratini nicht zu erwähnen«, sagte ich grimmig.
»Zum Beispiel.«
»Ihr scheint zu glauben, dass sich meine Methoden immer in diesem Bereich bewegen.«
»Ich glaube nur, dass Euch jedes Mittel recht sein muss, um Eure Gefährtin vor dem Galgen zu bewahren. Letztlich«, er lächelte, »ist die Frage von Schuld oder Unschuld in diesem Fall nur eine Frage der Politik, nicht wahr? Heute findet die erste öffentliche Trauerfeier für Giuliano de’ Medici statt. Halb Florenz wird nach San Lorenzo pilgern, um einen Blick auf den Leichnam zu werfen. Ich wette, auch Kardinal Riario wird dort sein. Ob er tatsächlich unschuldig ist oder nicht – er wird wissen, wo jetzt sein Platz ist. Ich würde sagen, Ihr könnt im Menschengewühl ohne großes Risiko mit ihm sprechen.«
Ich bemühte mich, gelassen zu erscheinen. »Wenn man mich an ihn heranlässt…«
»Diese Aufgabe müsst Ihr schon selber lösen.«
Ich bot ihm die Hand, und er schüttelte sie ohne Zögern. Ich wollte ihm nicht sagen, dass ich weniger ein Gespräch mit Raffaelle Kardinal Riario im Sinn hatte, sondern vielmehr eines mit Lorenzo de’ Medici. Wenn ich es schaffte, an ihn heranzukommen, würde er mir auch zuhören müssen. Ich hatte vielleicht nicht genügend Verdachtsmomente, um Janas Unschuld zu beweisen, ich würde ihn jedoch womöglich überzeugen können, mit der peinlichen Befragung so lange zu warten, bis ich weitere Beweise herbeischaffen konnte. Er war nicht der Richter, doch sein Wort war mehr als Gesetz in Florenz, und wenn er sich für eine Gefangene einsetzte, würde niemand ihr auch nur ein Haar krümmen. Der Gedanke daran machte mich beinahe fröhlich.
Ich wusste genau, was Johann Kleinschmidt sagen würde, wenn ich ihm von meinem neuesten Plan erzählte. Dennoch fühlte ich mich verpflichtet, ihn einzuweihen. Ich wollte ihn nicht dabeihaben, aber es konnte nicht schaden, wenn jemand Bescheid wusste, wohin ich gegangen war, falls ich von diesem Gang nicht zurückkehren sollte. Um der Piazza della Signoria auszuweichen, hatte ich mich in das Gassengeflecht nördlich des Platzes geschlagen; irgendwo musste ich falsch abgebogen sein, denn statt über das Gefängnis näherte ich mich dem Fondaco dei Tedeschi von Norden, über den Borgo degli Albizi. Das Gelände fiel dort zum Fondaco hin ein wenig ab, und die Gasse, die in ihrer Verlängerung auch zum Gefängnisbau führte, war breit genug, um den Eingang des Fondaco einsehen zu können. So entdeckte ich den mit einem Spieß bewaffneten Wachposten, bevor ich ihm auffallen konnte.
Er stand in der Sonne und schien sich zu langweilen, denn er hing an seinem Spieß, als würde dieser ihn tragen und nicht umgekehrt. Seine Aufmerksamkeit war zum Gefängnis hinunter gerichtet, wo sich ohne Zweifel wieder die Kongregation der Bittstellerinnen versammelt hatte. Ich stand wie erstarrt mitten auf der wenig belebten, mittagsstillen Gasse und wartete darauf, dass er den Kopf drehte und auf mich aufmerksam wurde.
Schließlich nieste er markerschütternd, und das Geräusch, das mit einer kleinen Verzögerung bei mir ankam, brach den Bann. Während er sich mit dem Ärmel über die Nase fuhr, huschte ich an die Seite der Gasse. Es gab keinen Hauseingang, in den ich mich hätte drücken können, und keine Seitengasse, die nahe genug gewesen wäre, als dass ich es gewagt hätte, den Weg zu ihr zurückzulegen. Der Wachtposten konnte wegen allem Möglichen dort vor dem Eingang zum Fondaco stehen, aber ich war überzeugt, dass er auf mich wartete – und dass seine Kameraden soeben durch die Räume im Fondaco polterten in der Hoffnung, mich aufzustöbern. Das Haus schräg gegenüber besaß einen Garten mit einer halbhohen Mauer, die an einer Stelle zusammengesackt war. Die Bresche
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