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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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selbst war es nun unerheblich geworden, und was blieb, war seine Prophezeiung: Ganz gleich, was er tat, es würde ihn das Leben kosten.
    Wenn Cerchi tot war, stand nichts mehr zwischen Jana und der peinlichen Befragung. Ich war den ganzen Weg von San Lorenzo bis zum Gefängnis unschlüssig gewesen, ob ich das Richtige tat.
    Ich hatte ein gefährliches Spiel geplant, eines, das auch meinen Tod bedeuten konnte. Doch nach Cerchis Ableben war mein Plan das Einzige, was Jana noch retten konnte; und ich würde es nicht ertragen, noch einmal einen geliebten Menschen zu verlieren. Ich streckte die Fäuste aus und überkreuzte sie vor dem Wächter. »Ich bin Peter Bernward«, sagte ich fest. »Ich bin der Gefährte von Jana Dlugosz. Ich stelle mich freiwillig den Behörden.«
     
    Es stellte sich heraus, dass es nicht so einfach war, wie ich mir vorgestellt hatte, verhaftet zu werden. Der Wächter verstand kein Wort und scheuchte mich mit einer Handbewegung davon. Ich folgte ihm hartnäckig, die Hände immer noch vor mir ausgestreckt. Sichtlich irritiert öffnete er schließlich die Gefängnispforte und stieß mich hinein. Sein Wachführer hinter der zweiten verschlossenen Tür blickte auf und sah verblüfft von mir zu ihm und zurück. Der Wächter ratterte etwas und deutete anklagend auf mich.
    »Würde jemand so freundlich sein, mich zu verhaften?«, rief ich laut. »Ich bin der Mann, nach dem seit Ostersonntag gesucht wird.«
    Schließlich dämmerte dem Wachführer, dass ich weder ein Bittsteller noch ein normaler Verrückter war. Er winkte mit dem Kopf, und mein bisheriger Begleiter packte mich am Arm, damit ich nicht wieder weglief. Sein Griff war nicht sehr fest; er hatte noch immer Mühe zu begreifen, was vor sich ging.
    »Il nome?«, fragte der Wachführer.
    »Peter Bernward«, sagte ich laut und deutlich.
    Er fand ihn nicht auf seiner Liste. Einen Augenblick lang spielte ich mit dem Gedanken, mich als Stepan Tredittore auszugeben; diesen Namen hätte er wohl gefunden. Doch das hätte geheißen, das Schicksal noch mehr herauszufordern, und so ließ ich es bleiben. Ich war sicher, mein Name stand irgendwo in seinen Unterlagen, aber vermutlich war er bei der Niederschrift zu sehr verstümmelt worden, um noch erkennbar zu sein. Er nahm einen Eintrag näher ins Auge, überlegte und sprach ihn mit spitzen Lippen wortlos aus. Dann sah er, dass ich ihn beobachtete. Er zuckte mit den Achseln, sah von mir zu seiner Liste und zurück, fasste einen Entschluss und schrieb mit ungelenker Hand und einem Kohlestummel etwas auf das Blatt, das vermutlich auf Florentinisch ausgesprochen so ähnlich klang wie mein Name. Dann winkte er mit dem Kopf, und ich wurde abgeführt.
    Der kurze Gang mit seinem ungenügenden Talglicht führte uns wieder vor die Zellentür, durch die ich schon einmal eingetreten war. Ich bemerkte, dass ich schwitzige Hände bekam, und versuchte, ruhig zu atmen. Als wir vor der Tür ankamen, öffnete sie sich ruckartig. Ein Wächter kam gebückt in den Gang; er schnaufte und fluchte und stolperte rückwärts, damit auch sein Kamerad den Kerkerraum verlassen konnte. Zwischen sich trugen sie den schlaffen Körper eines Mannes, dessen Hände auf dem Boden schleiften und dessen auf die Brust gesenkter, kahlrasierter Kopf bei jedem ihrer unsicheren Schritte leise nickte. Sein Gesicht schien sorgenvoll, aber in Wahrheit war es ohne Ausdruck. Es waren nur die Falten der vergangenen Tage, die es so wirken ließen. Benozzo Cerchi trat seinen letzten Gang an. Ich fragte mich, ob er ein vernünftiges Begräbnis erhalten oder ob seine Leiche neben die der überführten Verschwörer an den Palazzo della Signoria gehängt würde. Dass sie ihn aus der Kerkerzelle trugen und nicht aus dem Befragungsraum, schien darauf hinzudeuten, dass er nicht während der Folter gestorben war. Es sagte nichts darüber aus, ob er noch ein drittes Mal der Tortur ausgesetzt worden war. Wenn die Richter und die Folterknechte bereits von seinem Tod in Kenntnis gesetzt waren, würden sie jedenfalls aufatmen. Ich hatte selbst einen Fall erlebt, in dem ein Advocatus einen Verdächtigen zu Tode hatte foltern lassen; aber er hatte ein lebhaftes Interesse am Tod des Delinquenten gehabt und war danach aus dem Dunstkreis des Gerichts spurlos verschwunden. Im Allgemeinen war es jedoch eine peinliche Angelegenheit und warf für den Verhörenden eine Menge hässlicher Fragen auf. Benozzo Cerchi schaukelte sanft zwischen den Wachen den Gang hinauf und verschwand

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