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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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Resignation noch miteinander. Ich nahm den Beutel entgegen und nestelte ihn ganz auf. Es fanden sich annähernd gleich groß zurechtgeschnittene Pergamente darin, ein paar Federn in einem hohlen, mit Leintuchpfropfen verschlossenen Stück Ast und ein Tintenstein. Mehrere der Pergamente waren beschrieben.
    »Ihr könnt sie ruhig lesen«, sagte er matt. »Ich schicke sie sowieso nicht ab.«
    »Was ist das?«
    »Die Berichte über Monna Jana an meine Herren. Kam es Euch nicht darauf an, sie zu sehen?«
    »Nein. Ich wusste gar nicht, dass Ihr sie nicht abgeschickt hattet.« Ich dachte an das, was er gestern auf dem Platz vor San Lorenzo gesagt hatte. »War nicht genügend Stoff vorhanden, Jana schlecht darzustellen?«
    Er zuckte verdrossen mit den Schultern. Ich überflog ein paar Zeilen, doch er hatte in Polnisch geschrieben, und ich konnte Janas Muttersprache noch weniger lesen, als sie verstehen. Er seufzte.
    »Ihr könnt Euch die Mühe sparen«, sagte er. »Darin stehen nichts als Verdrehungen, Halbwahrheiten oder offene Lügen. Nicht ein Wort beschreibt die Tatsachen.«
    »Ist das der Grund, warum Ihr sie nicht abgeschickt habt?«
    »Ja. Das war zu billig. Für jede Begebenheit, bei der ich sie in einem schlechten Licht geschildert habe, gab es genügend Zeugen, die die Wahrheit berichten konnten: Euch, Julia, Janas Geschäftspartner – schon die Größe der Gewinne, die sie auf ihren Konten ausweisen konnte, hätten meine Lügen ans Licht gebracht.«
    Ich hielt die Pergamente unschlüssig in der Hand, dann reichte ich sie ihm zurück. »Was soll ich damit?«, brummte er. »Zerreißt sie.«
    Ich riss sie methodisch in immer kleiner werdende Fetzen, bis das Päckchen zu dick und das Pergament zu zäh wurde, um noch weiter zerkleinert zu werden. Ich steckte die Fetzen in mein Wams. Tredittore sah mir unbewegt dabei zu. »Ich hätte zu Hause in Krakau bleiben sollen«, murmelte er.
    Ich ging zu einer der Säulen, die das Dach der Kirche stützten, und machte eine der Federn schreibfertig. Mit der Säule als Unterlage kritzelte ich ein paar Zeilen auf ein neues Pergament, faltete es zusammen und knickte es so, dass es sich nicht von selbst wieder entfalten konnte. Ich reichte ihm das Pergament; er starrte ratlos darauf nieder.
    »Ich möchte, dass Ihr diese Botschaft für mich zu ihrem Adressaten bringt.«
    Tredittore zögerte so lange, und über sein Gesicht huschten derart widerstreitende Gefühle, dass ich einen Augenblick dachte, seine Verzweiflung falsch eingeschätzt zu haben. Dann verbarg er seine Gedanken hinter einer unbewegten Miene und nickte. »Wer ist der Empfänger?«
    »Lorenzo de’ Medici.«
    Er keuchte überrascht.
    »Ihr sollt sie nicht sofort überbringen; sagen wir, nach dem Mittagläuten.«
    »Man lässt mich doch nie im Leben noch einmal in das Haus«, stieß Tredittore hervor. »Geschweige denn, dass Ser Lorenzo mich empfängt.«
    »Ihr sollt auch nicht Euer Gesicht im Palazzo Medici zur Schau stellen, sondern nur das Pergament am Tor abgeben. Wie viele Schreiber und Sekretäre es vor Ser Lorenzo lesen, ist mir egal. Er wird es auf jeden Fall erhalten.«
    Er nickte langsam. »Ist das ein Trick, um mich aus der Kirche zu locken, damit ich verhaftet werde?«, fragte er schließlich misstrauisch. Ich lächelte dünn.
    »Wenn mein Ziel wäre, dass man Euch verhaftet, würde ich es nicht so kompliziert anstellen«, sagte ich. »In diesem Fall säßet Ihr bereits seit gestern im Loch.«
    Tredittore brummte unzufrieden, aber er schien meinen Worten Glauben zu schenken. »Und was wird danach?«
    »Wenn alles so läuft, wie ich es mir vorstelle, werden wir uns bald an einem weniger ungemütlichen Ort darüber unterhalten, wie wir die letzten paar Wochen vergessen können; ihr und ich und Jana.«
    »Und wenn es nicht so läuft?«
    »Dann«, sagte ich scheinbar leichthin, »wird diese Kirche wohl für die nächsten Jahre zu Eurem Wohnsitz werden.« Er schluckte. »Ich will tun, was Ihr verlangt. Ich mache Euch jedoch darauf aufmerksam, dass ich möglicherweise schon auf dem Weg zum Palazzo Medici verhaftet werde. Dann kann ich Euren Brief nicht zustellen.«
    »Ihr werdet nicht verhaftet. Glaubt Ihr, die warten vor der Kirchentür auf Euch? Dazu seid Ihr ein zu kleines Licht. Ich habe jedenfalls niemanden dort gesehen.«
    »Und falls doch?«
    »Dann macht es auch keinen Unterschied. Wenn der Patrouillenführer das Schreiben liest, wird er es zu Ser Lorenzo bringen.«
    »Ich habe das Gefühl, dass ich das

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