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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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mit ihnen durch eine andere Tür. Ich versuchte, nicht der Frage nachzugehen, ob sein Tod in dem Moment eingetreten war, in dem er mir im Traum erschienen war. Ich sprach ein unhörbares Gebet für ihn. Was immer er im Leben getan hatte, seine Hartnäckigkeit hatte meine Gefährtin bisher vor der Folter verschont.
    Ich wurde in den Kerkerraum gestoßen, der nach dem finsteren Gang fast hell wirkte. Offensichtlich waren die Florentiner und die nichtflorentinischen Gefangenen in der Zwischenzeit zusammengelegt worden. Dennoch befanden sich nur noch wenige Insassen darin. Sie hatten sich über die gesamte Zelle verteilt, als wären sie nach den Tagen der erzwungenen Gemeinsamkeit einander gründlich leid. Alles in allem war es vielleicht ein Dutzend, und sie saßen sowohl allein als auch in kleinen Grüppchen von zweien oder dreien herum und ließen die Köpfe hängen. Ein Mann hockte auf dem Fäkalienkübel und hatte die Augen geschlossen, während er versuchte, das Wühlen in seinen Därmen zu ignorieren. Niemand achtete auf ihn, so wie er auf niemanden sonst achtete. Die Schamhaftigkeit hatte längst eine andere Dimension erreicht, in der unsichtbare Barrieren wirksamer arbeiteten als alle Holzverschläge und Trennwände. Ich stapfte an ihm vorbei und zu dem kleinen, hoch angebrachten Fenster, unter dem Jana und Julia saßen. Ich hatte plötzlich einen Kloß in der Kehle, den ich nicht hinunterschlucken konnte.
    Die Zelle roch wie am ersten Tag nach Schweiß und den Körperausdünstungen von Generationen von Gefangenen, nach dem Fäkalienkübel und nach Stroh, das feucht wurde, sobald es die Wachen hereinschaufelten. Es war kühl und klamm, und ich fror nach den sommerlichen Temperaturen draußen. Die Gefangenen waren über das Frieren längst hinaus. Die Kälte war nicht so, dass man innerhalb weniger Tage krank davon werden konnte; aber sie war sicherlich stark genug, einen Menschen innerhalb eines halben Jahres in ein krampfhaft hustendes Wrack zu verwandeln.
    Jana hatte den Kopf gesenkt und legte mit mechanischen Bewegungen eine Decke zusammen. Ich hatte den Eindruck, dass bis vor kurzem noch jemand auf der Decke gelegen war: Benozzo Cerchi. Was immer seine Frau über Jana gedacht hatte, sie schien diejenige gewesen zu sein, die ihm in seinen letzten Minuten beigestanden hatte. Julia hockte neben ihr und schnüffelte unglücklich vor sich hin. Ihre Augen waren geschwollen. Ich trat vor sie hin und vergaß, was ich hatte sagen wollen.
    Jana zog die Decke zu sich heran, und diese erste instinktive Reaktion eines Gefangenen, der fürchtet, dass seine Leidensgenossen ihm etwas wegnehmen wollen, trieb mir die Tränen in die Augen. Dann wanderten ihre Blicke langsam nach oben und blieben an meinem Gesicht hängen.
    »Peter«, sagte sie tonlos. »Du bist noch hier?«
    Ich nickte.
    »Ich dachte, du seist schon halb wieder zu Hause.«
    Ich schüttelte den Kopf und spürte, wie mir eine Träne über die Wange lief.
    »Warum weinst du?«, fragte sie und begann plötzlich selbst zu weinen, lautlos und mit offenen Augen, aus denen die Tränen quollen. Ich kniete mich unbeholfen vor ihr auf das feuchte Stroh und umarmte sie. Sie fühlte sich an wie eine Stoffpuppe. Ich klopfte ihr auf den Rücken. Julia starrte mich an wie eine Erscheinung; sie hatte offenbar keine Kraft mehr zu weinen. Jana kämpfte gegen das Schluchzen an und verlor mehrere Male. Schließlich drückte sie sich von mir weg. Ihre Augen waren rot; die Tränen hatten zwei helle Spuren in ihre schmutzigen Wangen gewaschen. Sie sah mir ins Gesicht, und ich konnte sehen, wie ihre Gedanken langsam zu arbeiten begannen.
    »Wieso bist du hier?«
    »Ich habe mich gestellt.«
    »Wie konntest du so dumm sein… Sie hätten dich nie erwischt. Ich habe stets eine andere Beschreibung von dir gegeben. Wenn ich nicht so überrascht gewesen wäre, hätte ich deinen Namen überhaupt nie genannt. Weswegen hast du es getan?«
    »Ich musste bei dir sein«, flüsterte ich, und es war nur ein Motiv unter vielen, aber im Moment erschien es mir als das einzig zutreffende. Jana lehnte sich zurück und wischte sich mit einer Hand über das Gesicht. Ich wollte sie küssen, aber ich konnte mich kaum bewegen. Ich hatte sie für ein paar Augenblicke im Arm gehalten, und es genügte mir vollkommen.
    Sie musterte mich. Ein Schatten fiel über ihr Gesicht, und ich erkannte, dass sie sich an unsere Begegnung hier im Kerker am Ostermontag erinnerte. »Was hast du die ganzen Tage getan?«, fragte

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