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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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spöttisches Aussehen gaben. Seine Ohren waren erstaunlich groß und standen selbstbewusst vom Kopf ab. Die gefurchten Gesichtszüge ließen ihn älter wirken, als er war, aber ich sah auf seine Hände: Sie waren nicht welker als meine eigenen. Er war fein gekleidet: rosenfarbener Brokat unter einer Schaube mit einem schweren Pelzkragen.
    »Ser Antonio Pratini«, sagte Jana sarkastisch. »Treiben Euch Eure Sünden zum Kirchenbesuch?«
    Pratini blieb überrascht stehen und musterte uns. Schließlich neigte er den Kopf und begrüßte uns steif. Ich war über seine Sprache so erstaunt, dass ich ein paar Momente benötigte, um den Sinn seiner Worte zu begreifen: Er sprach mit dem deutlichen Akzent meiner früheren Heimat Augsburg.
    »Monna Jana Dlugosz«, sagte er, ohne zu lächeln. »Ich bin nicht erstaunt, Euch in Florenz wiederzusehen.«
    »Hier zieht es eben alle guten Kaufleute her«, erwiderte Jana mit bemühter Leichtigkeit. »Ihr seid ja auch hier.«
    »Ein Kompliment, in der Tat. Aus Eurem Munde bedeutet es doppelt viel. Darf ich Euch meine Schwester Beatrice Federighi und meine Tochter Smeralda vorstellen?«
    Die beiden Frauen senkten die Köpfe, als sie ihre Namen hörten. Beatrice Federighi hatte zu ihrem Vorteil keinerlei Ähnlichkeit mit ihrem Bruder; sie war eine schlanke, sich stolz haltende Frau mit strahlend bernsteinfarbenen Augen zwischen dichten dunklen Wimpern, einer geraden Nase und zwei vollen Lippen. Ihre Brauen waren bis auf einen dünnen Strich ausgezupft und wölbten sich selbstbewusst. Wenn Antonio Pratini das älteste Kind der Familie Pratini gewesen war, war sie mit Sicherheit das jüngste; sie musste mindestens zehn Jahre jünger sein als ihr Bruder. Sie hob ihren Kopf wieder und lächelte Jana und mich unbefangen an. Smeralda Pratini war unscheinbar, noch keine achtzehn Jahre und entweder zu gelangweilt oder zu aufgeblasen, um mehr zu tun, als kurz und unhöflich zu nicken.
    »Ihr müsst Peter Bernward sein«, sagte Pratini und kam Janas Vorstellung zuvor. Er betrachtete mich neugierig. Ich fühlte mich unwohl unter seiner Musterung und nickte. »Also, Monna Jana, welche Geschäfte habt Ihr geplant?«
    »Ihr müsst Euch schon Eurer Spione bedienen, wenn Ihr mir in die Karten schauen wollt«, erwiderte Jana gelassen. Pratini lächelte und sagte etwas auf Florentinisch. Jana sah ihn an, ohne das Gesicht zu verziehen. Sein Lächeln wurde breiter.
    »Eure Sprachkenntnisse haben sich seit Venedig nicht verbessert. Ich fragte, ob Ihr eine angenehme Reise hattet.«
    »In Venedig reichten mir meine Sprachkenntnisse.«
    »Ah, aber das ist hier ganz anders. Venedig ist schon zu lange im Handel mit der ganzen Welt begriffen, als dass nicht noch der letzte Bettler mindestens drei oder vier Zungen beherrscht. Hier in Florenz wird erwartet, dass man unsere Sprache spricht, wenn man mit uns handeln will.«
    Jana zuckte mit den Schultern. »Ich habe einen Dolmetscher.«
    »Gut. Es wäre mir sonst eine Ehre gewesen, Euch einen zu besorgen.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    Ich wandte mich von ihrem Geplänkel ab und begegnete dem Blick Beatrice Federighis. Sie rollte mit den Augen, um mir zu verstehen zu geben, dass das Gespräch sie amüsierte, zuckte jedoch gleichzeitig mit den Schultern zum Zeichen, dass sie es nicht verstand.
    »Sprecht Ihr Latein?«, fragte ich sie mühsam auf Florentinisch. Immerhin sah sie aus wie die Frau eines wohlhabenden Mannes, die die Muße hatte, die Sprache ihrer Vorfahren zu studieren. Ihr Gesicht hellte sich auf.
    »Ja, in der Tat«, sagte sie. »Ein wenig holprig vielleicht, weil ich es noch nie gesprochen habe, sondern nur gelesen.«
    »Meine Kenntnisse sind bestimmt nicht viel besser«, erklärte ich höflich. »Aber ich bin erstaunt über die Sprachbegabung Eures Bruders. Er redet sogar mit einem Anflug des Dialektes der Stadt, in der ich geboren bin.«
    »Woher stammt Ihr?«
    »Aus Augsburg.«
    »Antonio hat gute Verbindungen zu einem mächtigen Handelshaus dort, dem Haus Fugger. Er sagt, wenn man mit den Fuggern in ihrem eigenen Land Geschäfte macht, ist es ratsam, ihre Sprache zu sprechen.«
    »Es ist wie mit den Florentinern«, sagte ich lächelnd.
    »Das hat er gerade zu Eurer Gefährtin gesagt, nicht wahr? Er tut es immer, wenn er hier jemanden trifft, der unsere Sprache nicht beherrscht.«
    »Jedenfalls gibt er sich sehr viel Mühe, dem Hause Fugger Ehre anzutun. Dabei gibt es unter ihren Vertretern doch sicherlich welche, die Florentinisch sprechen.«

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