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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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Sogar mein verklemmter Schwiegersohn beherrscht es, fügte ich in Gedanken hinzu.
    »So viel ich weiß, zieht er es vor, mit Jakob Fugger direkt zu verhandeln; und Antonio sagt stets, man tut ihm nicht zu viel Ehre an, wenn man dabei seine Sprache verwendet.«
    »Wenn sich Bescheidenheit mit Geschäftssinn verbindet, macht es sich allemal bezahlt«, sagte ich und wusste selbst nicht, ob ich es ehrlich oder zynisch meinte.
    »Gefällt Euch Florenz?«
    Ich sah sie überrascht an, und sie lächelte halb verlegen. »Sagt bloß, es hat Euch noch niemand diese Frage gestellt?«
    »Nein.«
    »Dann seid Ihr noch nicht mit vielen Florentinern zusammengetroffen. In der Regel ist das die erste Frage, die man einem Neuankömmling nach dem ›Wie geht es Euch?‹ stellt. Manchmal sogar noch vorher. Nun, und wie gefällt es Euch?«
    »Der Dom hat mich überwältigt«, gab ich zu.
    »Und sonst?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Beatrice lachte und hielt sich dabei wie beschämt die Hand vor den Mund. »Manchmal«, sagte sie, »sehe ich die palazzi an und denke, es sind doch nur Häuser, und hinter den Fresken, dem Stuck und dem Marmor spielen sich die gleichen kleinlichen Dinge wie Eifersucht, Gier und Neid ab wie in der erbärmlichsten Pächterhütte; und die Kirchen sind so prunkvoll, dass man nicht weiß, ob die Gebete zum Herrn nicht schon am Gold des Chorhimmels hängen bleiben.«
    »Ich muss gestehen, dass meine Gedanken den Euren gleichen.«
    »Dann wieder, wenn ich an einem klaren, frühen Morgen zur Andacht gehe und die Sonne färbt den Stein der Häuser goldfarben und der Dom erhebt sich aus den Morgenschatten wie ein Jubelgesang, denke ich ganz anders.«
    Ich starrte sie an und fühlte eine plötzliche Verbundenheit mit ihr, die mich nicht einmal erstaunte. Ihre Worte hätten die meinen sein können und ihre Gedanken ebenfalls.
    »Es liegt wohl daran, dass ich Florenz liebe«, sagte sie.
    Die Müßiggänger in unserer Nähe begannen, sich plötzlich etwas zuzurufen; die meisten drehten ihre Köpfe herum oder beschleunigten ihre Schritte in Richtung des kleinen Platzes, der zwischen der Fassade des Doms und dem Baptisterium lag.
    »Was ist denn jetzt los?«, fragte Jana.
    Eine kleine Gruppe Männer blieb bei dem frei stehenden Turm des Doms stehen. In ihrer Mitte befand sich ein hoch gewachsener junger Mann mit einem prächtigen Überrock. Selbst von der Ferne konnte man sein bleiches Gesicht erkennen und dass er vorsichtig ging, als sei er krank oder genese von einer Verletzung.
    »Eh, Giuliano«, rief eine Männerstimme, und ein paar andere schlossen sich ihm an: »Giuliano, com’ stai?«
    »Das ist Giuliano de’ Medici, Ser Lorenzos jüngerer Bruder«, erklärte Pratini. »Die Leute freuen sich, ihn zu sehen. Er ist seit zwei Wochen nicht mehr außer Haus gewesen; eine Turnierverletzung. Scheinbar geht es ihm wieder besser.«
    »Als wenn man bei uns zu Hause einen Herzog begrüßte«, sagte Jana missmutig.
    »Giuliano ist der beliebteste Mann in der Stadt; und wenn Ihr von einem Herzog sprecht, liegt Ihr gar nicht so falsch. Die Stadt wird zwar von der signoria regiert; aber Ihr braucht nicht zu fragen, bei wem sich die signoria Rat holt.«
    »Ich glaube, wir setzen unseren Weg jetzt fort«, sagte Jana nach einem letzten desinteressierten Blick auf Giuliano, der von einer dichter werdenden Menschentraube umlagert wurde und Hände schüttelte. Sie nickte Pratini und seinen beiden Begleiterinnen zu und trat sofort beiseite, damit sie niemand mehr aufhalten konnte.
    »Eure Gefährtin hat mir in Venedig das Fell über die Ohren gezogen«, sagte Pratini statt eines Abschieds leise zu mir. »Zu diesem Schachzug kann ich nur gratulieren. Hier in Florenz wird es nicht ganz so einfach werden.«
    »Ich weiß, dass Ihr in Eurer Heimatstadt alle Vorteile auf Eurer Seite habt.«
    »Ah, Ser Bernward, die Vorteile und Nachteile sind hier so verteilt, dass Ihr sie nicht einmal ansatzweise versteht.«
    Ich beschloss, seine Worte nicht als Drohung zu nehmen. »In einer fremden Stadt dauert es immer eine Weile, bis man die Verhältnisse durchschaut hat.« Ich dachte gleichzeitig missmutig daran, dass ich noch nicht einmal erkannt hatte, was Jana vorhatte.
    Er lächelte fein über meine Schulter hinweg zu Jana hinüber und neigte den Kopf. »Nun, Monna Jana, auf gute Geschäfte.«
    »Ganz bestimmt«, versetzte Jana.
    »Empfehlt mich Eurem Gemahl«, sagte ich zu Pratinis Schwester. Sie zuckte mit den Schultern, aber ihr Gesicht wurde

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