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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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ernster.
    »Er ist seit einem Jahr tot.«
    »Ich bedauere.«
    »Ja, ich auch«, erwiderte sie. Es hörte sich zu beiläufig an, um nicht absolut ehrlich gemeint zu sein.
     
    Bei unserer Rückkehr händigte der majordomus, den Jana über Piero Vespucci angestellt hatte, ihr mit einem Schwall Florentinisch ein dünnes, gefaltetes Pergament aus. Jana brach stirnrunzelnd das Siegel auf und las den Inhalt. Es waren nur wenige Zeilen, und die Art und Weise, wie sie die Lippen beim Lesen bewegte, sagte mir, dass das Schreiben nicht in einer Sprache abgefasst war, die sie so gut verstand wie meine oder ihre Muttersprache. Ihre Augenbrauen zogen sich plötzlich in die Höhe.
    »Gute oder schlechte Nachrichten?«, fragte ich. Sie hielt mir das Pergament entgegen. Ihre Augen blitzten triumphierend. »Lies selbst«, sagte sie beinahe atemlos und bemühte sich, nicht zu siegessicher zu lächeln.
    Es war eine Einladung für den Ostersonntag auf das Landgut eines Mannes namens Benozzo Cerchi, der sich in seinem in fehlerfreiem Latein geschriebenen Brief als einflussreicher Angehöriger der Zunft Por Santa Maria bezeichnete. Ich las den Brief zu Ende und gab ihn ihr zurück.
    »Ser Benozzo Cerchi«, sagte Jana, »ist einer der Männer, denen ich heute Morgen meine Empfehlung gesandt habe. Ihm gehören mehrere Goldschmiede-Werkstätten.«
    »Das ging aber schnell. Woher kennst du ihn?«
    »Er wurde mir in Venedig genannt. Na, was sagst du nun? So rasch habe nicht einmal ich mit einer Antwort gerechnet. Wir müssen den majordomus fragen, wo wir eine Kutsche mieten können, um zu Cerchis Landhaus hinauszukommen.«
    »Jana, wir wollten morgen zusammen in die Messe gehen…«
    »Hast du nicht gelesen? Er schreibt, es wären außer uns noch weitere Händler und Kaufleute eingeladen und es würde eine Ostermesse in der Kapelle auf seinem Gut zelebriert.« Sie strich mir lächelnd über die Wange. »Freu dich doch; ich weiß genau, dass du in jede Messe, die wir seit unserem Wiedersehen in Ulm besucht haben, nur meinetwegen gegangen bist. So bleibt dir eine erspart.«
    »Darum geht es nicht. Wir haben vereinbart, dass wir die Ostermesse im Dom mit meinem Schwiegersohn besuchen.« Sie sah mich betroffen an und ließ die Hand mit dem Brief sinken. »Du musst Cerchi absagen.«
    »Ich kann diese Einladung nicht absagen. Kannst du dir nicht vorstellen, wie wichtig sie ist? Ich hatte alle möglichen Befürchtungen, wie es mir hier ergehen würde, und nun antwortet einer schon nach ein paar Stunden.«
    »Aber Johann Kleinschmidt…«
    »Johann Kleinschmidt!« Sie warf die Hände mit einer abschätzigen Bewegung in die Luft. »Es war ihm ohnehin peinlich, dass du ihm diesen Messebesuch aufgezwungen hast. Wenn du ihn wieder auslädst, tust du ihm einen Gefallen.«
    »Es geht nicht darum, ob ich ihm einen Gefallen tue. Ich will ihn kennen lernen.«
    »Das kannst du doch auch noch ein oder zwei Tage später.«
    »Jana, was soll das? Wir waren beide damit einverstanden, dass er uns zur Ostermesse begleitet.«
    »Wir waren damit einverstanden? Du hast ihn eingeladen, und ich habe genickt. Hätte ich dir vielleicht widersprechen sollen? Außerdem wusste ich gestern noch nicht, dass ich heute eine geschäftliche Einladung erhalten würde.«
    »Na also. Kleinschmidt war eher dran. Cerchi muss sich eben gedulden.«
    »Es geht nicht darum, ob Cerchi sich geduldet. Ich will mich nicht gedulden.« Sie sah mich mit funkelnden Augen an, wie sie es immer tat, wenn sie mich mit meinen eigenen Argumenten schlug.
    »Gut, gut«, seufzte ich. »Dann folgst du deiner Einladung, und ich leiste meinem Schwiegersohn Gesellschaft. Er empfindet unsere Beziehung ohnehin als widernatürlich, da kommt es auf eine Seltsamkeit mehr nicht an.«
    »Du musst mich begleiten. Ich kann doch nicht ohne einen männlichen Begleiter zu ihm hinausfahren. Da bekomme ich ja den Ruf einer sittenlosen Frau!«
    Ich spürte, wie plötzlicher Zorn in mir hochkochte. Mühsam versuchte ich, ihn hinunterzuschlucken, doch er blieb mir in der Kehle sitzen.
    »Ich habe bereits nachgegeben«, sagte ich heiser. »Übertreib es nicht.«
    »Was heißt hier übertreiben? Willst du vielleicht, dass ich ganz allein zu ihm hinausfahre? Wer hat denn gejammert, wie gefährlich das Pflaster hier in Florenz ist, seitdem wir in Prato angekommen sind?«
    »Miete dir doch eine Leibwache!«, explodierte ich. »Oder nimm den schönen Stepan Tredittore mit hinaus. Du kannst es ja ohnehin nicht abwarten, ihm zu zeigen,

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