Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
Vom Netzwerk:
den Staub. Außer einem Tritt brachte es ihm allerdings nichts ein. Sie fesselten alle und zwangen sie, einen Karren zu besteigen, der mittlerweile durchs Hoftor hereingerumpelt war.«
    »Was hat Jana bei all dem gesagt?«, unterbrach ich ihn.
    »Nichts. Ich nehme an, sie verstand nicht die Hälfte von dem, was gesprochen wurde.«
    Johann Kleinschmidt trabte herbei und keuchte: »Wir sind soweit. Brechen wir auf.«
    »Gleich«, sagte ich störrisch, ohne ihn anzusehen. »Wie seid Ihr bis hierher gekommen?«
    Tredittore wies auf seine Hose und seine ruinierten Stiefel. »Ich bin bis zur Porta al Prato gelaufen, nachdem ich festgestellt hatte, dass die Stadttore geschlossen waren. Gleich daneben, am Flussufer, ist doch der Schindanger. Ich hoffte, dass dort keine Stadtwachen sein würden. Ich stieg in den Fluss und watete am Ufer entlang, bis ich zu einem kleinen Tor beim Wehr kam. Es war nicht verschlossen und auch nicht bewacht. In der Aufregung hat man es wohl vergessen.«
    »Ein langer Weg, und nicht ungefährlich«, knurrte ich.
    »Ich hatte auch die ganze Zeit über eine Heidenangst«, gestand er mit überraschender Ehrlichkeit.
    »Es wäre besser gewesen, Ihr wärt bei Jana geblieben, zum Teufel noch mal.«
    Er senkte den Kopf und zupfte umständlich an seiner nassen Hose herum, ohne etwas zu erwidern.
    »Können wir nun aufbrechen?«, drängte Kleinschmidt. Ich fuhr zu ihm herum. »Ja, zum Teufel, wir können aufbrechen!«, schrie ich ihn an. »Damit ihr alle eure kostbaren Hintern in Sicherheit bringen könnt!«
    Kleinschmidt zuckte zusammen und wich zurück. Ich stapfte an ihm vorbei; wenn ich ihn oder Tredittore noch länger hätte ansehen müssen, hätte ich sie an den Hälsen gepackt und mit den Köpfen zusammengeschlagen.
    - Sie sind beide nicht schuld daran.
    Nein, dachte ich schäumend, nein. Sie sind beide nicht schuld daran.
    Du selbst hast Jana im Stich gelassen.
     
    Wir schlichen mit dem Teil unseres Gepäcks, der sich von unserer kleinen Gruppe transportieren ließ, durch die Stadt wie Plünderer. Ich hatte die Dienstboten nach Hause geschickt, und so waren wir nur zu fünft: Kleinschmidt, Tredittore, die in Venedig gemieteten Rossknechte und ich. Kleinschmidt führte uns an, auf verschlungenen Wegen durch kleine Gassen, um den Nachtpatrouillen zu entgehen. Er war so nervös, dass er lauter keuchte als die Rossknechte, obwohl diese eine schwere Truhe und einen Sack schleppten, und Tredittore immer wieder flehentliche Blicke zuwarf, weil dessen nasse Stiefel bei jedem Schritt quietschten. Als wir den schmucklosen Bau des Fondaco endlich erreichten, war er sicherlich am meisten darüber erstaunt, dass man uns nicht aufgegriffen hatte.
    Bis auf meinen immer wieder aufflackernden Ärger auf meinen Schwiegersohn, dem ich die Schuld daran zuschob, dass ich Jana nicht begleitet hatte, und auf Stepan Tredittore befassten sich meine Gedanken ausschließlich mit Jana. Ich fragte mich, ob sie tatsächlich etwas mit dem Aufstand gegen die Medici zu tun haben konnte, verwarf den Einfall und griff ihn im nächsten Moment wieder auf. Hatte sie nicht nach der Hinrichtung in Prato ihre Verachtung gegenüber dem herrschenden Mann in Florenz ausgedrückt? Hatte sie nicht gesagt, dass sie um jeden Preis einen überragenden geschäftlichen Erfolg in Florenz anstrebte? Ich fragte mich, ob man es als weniger als einen alles in den Schatten stellenden Erfolg messen konnte, mit denjenigen in inniger Geschäftsverbindung zu stehen, welche die Macht der alles beherrschenden Familie in den italienischen Republiken gebrochen hatten.
     
    Sie hatte nicht gesagt, auf dem Weg zum Erfolg sei ihr jedes Mittel recht.
    Doch ich kannte ihre Entschlossenheit. Sie war nicht skrupellos und hätte ganz gewiss keine Mörder unterstützt – aber man musste ihr ja nicht gesagt haben, dass man den Sturz der Medici mit Gewalt vornehmen wollte.
    Und wie anders hätte der Sturz dieser mächtigen Familie sonst vor sich gehen sollen?
    Vielleicht hatte ihr verzweifeltes Verlangen sie blind gemacht gegenüber den Untertönen eines lockenden Angebots? Doch dies zu denken hieße, sie zu unterschätzen, und was immer ich sonst noch über die Frau gelernt hatte, die ich liebte, dies eine gehörte gewiss dazu: sie niemals zu unterschätzen.
    Was hatte sie getan? Und wer hatte sie angezeigt? War Cerchi in den Aufstand verwickelt, und hatte es gereicht, dass sie sich auf seinem Hof befand?
    Der Weg zum Fondaco dei Tedeschi war ein Albtraum und die

Weitere Kostenlose Bücher