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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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Als ich mich umdrehte, stand der majordomus im offenen Türflügel und wartete darauf, dass ich wieder hereinkam. Plötzlich hatte ich Lust, meinen betrunkenen Kopf zu lüften, anstatt allein in einem der weitläufigen Zimmer darüber nachzugrübeln, was aus Jana und mir in den letzten Tagen geworden war.
    »Ich gehe einmal um den Dom herum. Es dauert nicht lange. Seht zu, dass noch jemand wach ist, um mir aufzusperren«, sagte ich auf Latein. Er verzog das Gesicht und machte mir mit einem Wortschwall und vielen Gesten klar, dass nach Sonnenuntergang für alle außer den Beamten der signoria und der Nachtwache Ausgangsverbot herrschte. Er teilte mir nichts Neues mit, aber ich fühlte mich danach, ein Gesetz zu übertreten. Schließlich gab er nach und nickte zu meiner Aufforderung; seinem Gesicht war anzusehen, dass er meinen Einfall für die pure Narretei hielt.
    Ich wandte mich nach Norden, um die Ecke von Vespuccis Haus herum. Zu meiner Linken wuchs die Apsis des Doms in die Höhe, jetzt, in der Dunkelheit und der Enge des Platzes, eher erdrückend als ätherisch schwebend. Ich bemühte mich, die Gefühle, die ich augenblicklich für Jana hegte, nicht an mich heranzulassen und stattdessen die Luft zu genießen, die meinem Kopf gut tat.
    An der Nordostecke des Platzes wandte ich mich nach links. Das Baptisterium war ein stumpfer Klotz auf dem helleren Grau des Pflasters, der frei stehende Turm des Doms ein unangenehm ragender Schatten. Als Kind hatte ich des Öfteren zu hohen Türmen hinaufgesehen und den wohligen Schwindel verspürt, wenn sie vor den ziehenden Wolken mit majestätischer Langsamkeit umzustürzen schienen. Ich hielt vor dem einzeln stehenden campanile des Doms, in seiner Schlankheit ungewohnt, und legte den Kopf in den Nacken. Der Turm zeichnete sich klar gegen den dunkler werdenden Abendhimmel ab, und obwohl keine Wolken zogen, hatte ich das Gefühl, dass er auf mich herabstürzte. Es mochte daran liegen, dass ich mit dem Gedanken spielte, morgen nach dem Hochamt im Dom meine Siebensachen zu packen und die Stadt und Jana für immer zu verlassen.
     
    Das Klopfen an der Tür des Zimmers, in das ich mich zum Schlaf zurückgezogen hatte, weckte mich und machte mir den bleiernen Geschmack von schalem Wein in meinem Mund bewusst. Ich dachte, es sei Jana, die kam, um sich von mir zu verabschieden, bis mir einfiel, dass ich die Geräusche ihrer Abreise zu Benozzo Cerchis Landgut am frühen Morgen bereits gehört hatte. Sie hatte sich nicht von mir verabschiedet. Wie es schien, war ich über meinem Schmerz und meiner Wut darüber wieder eingeschlafen. Ich blinzelte; ich konnte das helle Sonnenlicht, das jetzt durchs Fenster drang, nicht länger ignorieren. »Was ist denn?«, krächzte ich ungnädig.
    Johann Kleinschmidt schlüpfte zur Tür herein und wandte sich sofort schamhaft einer der Kleidertruhen zu, als ich mich erstaunt aufrichtete und das Laken von meinem nackten Oberkörper rutschte.
    »Ah… guten Morgen…«, stammelte er. »Ich wollte Euch abholen.«
    »Abholen? Jetzt schon? Wozu?«
    »Auf dem Mercato Vecchio wird heute Mittag ein Singspiel aufgeführt«, informierte er die Kleidertruhe. »Ser Giuliano de’ Medici hat die Libretti dazu gemacht… Ich dachte, Ihr würdet es gerne hören. Es ist sehr feierlich. Der Platz ist geschmückt… Immerhin ist doch Ostersonntag.«
    »Wir wollten doch zusammen in die Messe gehen.«
    »Ich habe noch mal darüber nachgedacht. Die Messe ist immer so getragen und düster, und ich hatte das Gefühl, wir sollten vielleicht etwas Fröhlicheres… Und jetzt erst recht, weil doch Eure… äh…« Wie es den Anschein hatte, war er vom Gesinde bereits erschöpfend darüber aufgeklärt worden, dass das Haus von seiner Herrin verlassen worden war.
    »Wirf mir das Hemd dort auf der Truhe herüber«, sagte ich ungeduldig. »Damit wir uns wenigstens ins Gesicht sehen können, wenn wir miteinander sprechen.«
    Er angelte danach und warf es mir über die Schulter zu. Ich kroch aus dem Bett, streifte es über und stapfte zu ihm hinüber. Er drehte sich um und starrte mich an.
    »Was ist? Ist mir über Nacht eine zweite Nase gewachsen?«
    »Nein, aber…«, er hob vorsichtig eine Hand und zupfte mir etwas aus dem Haar. Aus irgendeinem Grund besänftigte mich seine scheu-vertraute Geste. Er hielt mir einen welken Halm aus der mit Farnen und Heu gestopften Matratze unter die Nase.
    »Ich werde unten warten, bis Ihr Euch angekleidet habt.«
    »Einen Moment. Ich freue mich

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