Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
Vom Netzwerk:
wir zum Gefängnis hinüberschicken.«
    Ich begriff, dass seine ruppige Art nicht bedeutete, dass er ärgerlich auf mich war. Im Wesentlichen begriff ich aber nur, was seine letzten Worte zu bedeuten hatten.
    »Ins Gefängnis?«, rief ich. Kleinschmidt legte mir die Hand auf den Arm. Ich schüttelte sie ab.
    »Kann sein, dass sie in der Aufregung gestern jemand aus der Zunftniederlassung verhaftet haben«, erklärte Boehl. »Für uns gelten aber nicht die florentinischen Gesetze, sondern diejenigen der Stadt, aus der der Zunftgenosse kommt. Das ist so Brauch.« Er grinste freudlos. »Wenn sie einen von uns erwischt haben, holen wir ihn wieder raus – schneller, als ein Stein von der Brücke ins Wasser fällt.«
    Ich holte begeistert Atem, doch Johann Kleinschmidt stieß mich nachdrücklich in die Rippen. Ich starrte ihn befremdet an, als er mich zur Seite drängte. Boehl stapfte zu seiner Beratung zurück, ohne mir noch einen Blick zu gönnen.
    »Was ist los?«, zischte ich. »Boehl kann Jana rausholen. Wir müssen ihn nur darum bitten.«
    »Er wird es nicht tun«, erklärte er halblaut.
    »Und warum nicht, zum Teufel?«
    »Ihr habt ja gesehen, was er von denen hält, die sich nicht einer Zunft angeschlossen haben. Und Jana hat sich noch dazu in die Stadt hineingeschlichen, ohne ihre Geschäfte hier anzumelden und den Zunftpfennig zu bezahlen.«
    »Ich kann ihn ja wenigstens darum bitten!«
    »Damit er Euch an die Behörden verrät? Wenn wirklich einer der Bediensteten oder der Kaufleute von hier gestern geschnappt worden ist, und man will ihn nicht freilassen, was glaubt Ihr, wird Boehl tun? Er tauscht Euch im nächsten Augenblick gegen seinen Zunftgenossen ein.«
    Ich ballte die Fäuste. »Und was soll ich deiner Meinung nach tun?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er kläglich. »Unter diesen Umständen halte ich es noch weniger für geraten, wenn wir beide allein zum Gefängnis gehen.«
    Boehl löste seine Versammlung auf. Vier Männer blieben stehen und sahen sich an, während ein fünfter zu einer Baracke neben dem Tor schritt und darin verschwand. Boehl sammelte die restlichen Männer um sich, nickte uns im Vorübergehen zu und stapfte in den Hauptbau hinein. Ich sah ihm hilflos hinterher. »Wir warten, bis sie wieder zurück sind, dann suchen wir den Kerker auf«, entschied ich zähneknirschend.
    Der fünfte Mann tauchte mit zwei Spießträgern wieder aus der Baracke auf; offenbar stellten sie den Geleitschutz für das kleine Kontingent dar. Die Bewaffneten öffneten das Tor und ließen den Kaufleuten den Vortritt. Einer griff sich an die bloße Stirn und sagte laut: »Ich habe mein Barett vergessen.« Er war ein langer, schmalschultriger Mann mit lichter werdendem Haar und einem freundlichen Jungengesicht, und er sprach den weichen Dialekt der oberbayerischen Gegend. Seine Sprechweise überraschte mich; mit seiner eleganten Kleidung, mit der er zwischen den anderen Männern wie ein Patrizier zwischen Dienstboten wirkte, hatte er wie ein reicher Florentiner ausgesehen. Ohne Eile drehte er sich um und stapfte zu uns herüber.
    »Bei der Hitze braucht Ihr doch kein Barett!«, rief ihm einer der anderen hinterher.
    »Bei der Hitze nicht, aber bei dem Gewitter, das heute sicherlich noch kommt…« Er wies in den Himmel, ohne sich umzudrehen. »Ich hole Euch wieder ein. Geht nur schon los.«
    Die restlichen Männer brummten etwas und setzten sich in Marsch, während ihr vergesslicher Gefährte an uns vorbei in den Eingang des Hauptbaus trat. Kleinschmidt blickte ihm geistesabwesend hinterher.
    »Wer ist das?«, fragte ich.
    »Ich kenne ihn nicht dem Namen nach. Ich glaube, er gehört nicht zur ständigen Besetzung des Fondaco. Er war jedoch schon hier, als ich ankam.«
    »Jedenfalls ist er sehr zerstreut. Er hat sein Barett im Gürtel stecken.«
    Kleinschmidt sah mich verwirrt an. Ich richtete meine Blicke auf den Haupteingang. Wie ich vermutet hatte, schaute der barhäuptige Kopf des Mannes gleich wieder daraus hervor. Er winkte uns zu. »Nun kommt schon«, raunte er und grinste.
    »Was wollt Ihr?«
    »Habt Ihr einen Bekannten im Gefängnis sitzen, oder vermisst Ihr jemanden?«
    »Wieso fragt Ihr das?«
    »Weil ich den Eindruck hatte, Euer Ziel sei auch das Loch gewesen.«
    »Nein, mitnichten…«, begann Johann Kleinschmidt.
    »Ihr habt Recht«, unterbrach ich ihn. »Könnt Ihr etwas für uns tun?«
    »Geht mit mir zum Tor hinaus und begebt Euch dann auf einem anderen Weg zum Gefängnistor. Versucht nicht allzu

Weitere Kostenlose Bücher