Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
aufstrebender Stern am Finanzhimmel über Florenz.«
»Da Ihr so viel über die gute Gesellschaft von Florenz wisst: Was könnt Ihr mir über Francesco Nori erzählen?«
»Nori? Ist tot. Schade um ihn. Er war ein guter Mann und noch besserer Bankier.«
»Er war der Bankleiter der Medici, wenn ich recht gehört habe.«
»Ja, und ein guter Freund von Ser Lorenzo. Er hat sich in der Kirche zwischen Bernardo Bandini und Lorenzo geworfen und diesem so das Leben gerettet. Das ist jedenfalls, was man erzählt. Wenn ich jemanden kennen würde, der alles mit angesehen hat, würde ich ihn fragen, ob’s so stimmt, aber ich zweifle nicht daran.«
»Ihr haltet Nori also für unverdächtig?«, fragte ich ungerührt.
»Unverdächtig? Wessen sollte ich ihn denn verdächtigen?«
»Dass er insgeheim mit den Pazzi gemeinsame Sache machte.«
»Francesco Nori? Niemals. Also wirklich: niemals! Er war ein sehr guter Freund der Familie. Warum wollt Ihr das wissen?«
»Gerüchte«, sagte ich vage. »Dass Nori mit den Pazzi paktiert und in letzter Sekunde Angst bekommen habe.«
»Wer so etwas sagt, lügt ganz einfach oder will sich aufblasen. Oder hat keine Ahnung von den Verhältnissen hier. Vergesst es. Das ist Blödsinn.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Könnt Ihr mir verraten, wo ich Rudolf Gutswalter finde?«, fragte ich ihn dann beiläufig.
»Wen?«
»Rudolf Gutswalter. Er wohnt hier im Fondaco. Ein großer, schlanker Mann mit einem Bubengesicht.«
»Ich kenne ihn schon. Was wollt Ihr denn von dem?«
»Ein paar Fragen klären. Er hat ein… ein interessantes Problem aufgeworfen.«
»Also, den findet Ihr hier nicht. Er kommt ab und zu her, aber er wohnt nicht im Fondaco. Gehört nicht zur ständigen Besatzung.«
»Er war jedenfalls im Gefängnis mit dabei!«
»Natürlich. Der Mensch hat gute Beziehungen und einen wachen Verstand; er ist keiner, der Schafwolle auf einem Eselsrücken suchen würde. So einen muss man einspannen, wenn er schon mal da ist.«
»Und wo hält er sich für gewöhnlich auf?«
»In der Stadt. Er ist der Kompagnon eines Kaufmanns hier -oder besser gesagt, sein Finanzverwalter. Erstaunlich genug, dass er diese Vertrauensstellung hat; die Florentiner bleiben normalerweise unter sich.«
»Und welches Haus wäre das?«, fragte ich ungeduldig.
»Das, wohin Ihr Euer Geld tragen solltet.«
»Pratini!?«
»So ist es.«
Ich staunte ihn an. Er machte eine lässige Handbewegung. »Habt Ihr nichts zu tun? Ich schon. Ich muss jemanden finden, dem ich vier Wagenladungen verschimmeltes Tuch andrehen kann. Bis zum nächsten Mal.« Er hielt mir eine Hand hin. Ich ergriff sie und hatte das Gefühl, zwischen zwei Backsteine geraten zu sein. Er grinste über das ganze Gesicht. »Und – willkommen in der Tuchmachergilde von Bamberg. Wenn Ihr Zeit habt, können wir Euren Eintritt ja begießen. Ich weiß eine gute osteria in Oltr’ Arno. Ihr zahlt.«
In der Truhe, die wir aus Vespuccis Haus gerettet hatten, fanden sich noch ein Hemd und zwei Paar Beinkleider. Beide waren zerknittert und schon mehrfach getragen, aber noch immer besser als die Kleider, die ich nun seit Ostersonntagmorgen am Leibe trug. Ich trocknete mich mit einem Leinenfetzen ab und schlüpfte hinein. Johann Kleinschmidt, der ungewöhnlich wortkarg war und mir schamhaft den Rücken zugewandt hatte, kritzelte in einem dicken Folianten. Wie es den Anschein hatte, übertrug er Informationen aus einem Stapel von Pergamenten, die auf seinem Schreibpult lagen. Ich hatte ihm nichts von meinen Plänen gesagt, Antonio Pratini aufzusuchen, und hatte auch nicht vor, ihn dorthin mitzunehmen. Ich wusste, dass er spätestens, wenn ich Anstalten machte, seine Kammer zu verlassen, nach meinem Wohin fragen und danach tausend Sorgen haben würde; für den Moment aber genoss ich seine Schweigsamkeit und versuchte, meine Gedanken zu sammeln. Es fiel mir ebenso schwer wie der Versuch, Janas Verhalten zu verstehen.
Ich glaubte Boehls Aussage zu Francesco Nori, wenn auch aus keinem anderen Grund als dem, dass es gar keinen Grund für ihn gab, mich anzulügen. Ich hätte ihn auch nach Umberto Velluti fragen können, aber ich wollte nicht zu wissbegierig scheinen. Neugierig auf einen Mann zu sein, der Lorenzo de’ Medici mit seinem beherzten Eingreifen das Leben gerettet hatte, war eine Sache; sich nach einem völlig Unbekannten zu erkundigen und nicht einmal geschäftliches Interesse dafür vorschieben zu können, war etwas anderes.
Velluti allerdings schien
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