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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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Sauerei! Wir können über die Hälfte davon wegschmeißen. Und glaubt Ihr, dass die signoria dafür gradestehen wird? Ha! Da brauche ich gar nicht erst vorstellig zu werden. Das hieße, Suppe in einen Korb zu gießen. Die treten mir lediglich in den Arsch, und zwar schneller, als…« Boehl stutzte und sah mich von unten herauf an. Dann kratzte er sich seufzend am Kopf. »Auf der anderen Seite kann man sie ja verstehen. Es ist durchgesickert, dass im Umland von Florenz ein kleines Söldnerheer in Bereitschaft lag, die Stadt zu besetzen, sobald die Aufwiegler den Palazzo della Signoria besetzt hätten. Das war ja wohl um Haaresbreite. Der condottiere der Söldner war bereits in der Stadt und wartete darauf, seinen Leuten das Zeichen zu geben – ein gewisser Giovan Battista Montesecco aus Rom.«
    »Ich kenne den Mann«, sagte ich. »Ich habe ihn in Begleitung von Kardinal Riario gesehen.«
    »Der kleine Kerl mit dem großen Kardinalshut?« Boehl lachte unangenehm. »Den haben sie angeblich eingesperrt – obwohl er wahrscheinlich gar nicht eingeweiht wurde, so dämlich wie er sein soll. Na ja, gehe mit einem Krüppel, und nach einiger Zeit wirst du selber hinken.« Er gab seinem Schreibpult einen heftigen Tritt. »Alles Schlangenpack, da unten in Rom.« Dann rieb er sich die Backe und verzog das Gesicht.
    »Was ist los?«
    »Ich habe Zahnschmerzen«, erklärte er unwillig. »Schon eine ganze Weile. Hört nicht auf, auch nicht mit Kamille.«
    »Lasst Euch den Zahn entfernen.«
    »Wart Ihr schon mal bei einem hiesigen Bader?«, rief er wütend. »Sie praktizieren auf dem Ponte Santa Trinità und haben Musikanten engagiert, die so laut spielen, dass man die Schmerzensschreie des Patienten nicht hört. Glaubt Ihr vielleicht, ich liefere mich so einem Metzger aus?«
    »Vielleicht kann ich Euren Schmerz ein wenig dämpfen, indem ich jetzt die Schulden der ehrenwerten Herren aus Augsburg abzutragen versuche.«
    »So! Na ja. Seid Ihr etwa beleidigt? Ich hänge mich hier für Euch ganz schön weit über die Zinnen, indem ich Euch beherberge, obwohl Ihr keiner Zunft angehört – und obwohl Ihr da im Gefängnis eine merkwürdige Figur abgegeben habt. Mein Vertreter ist der Meinung, Ihr habt Dreck am Stecken und verbergt Euch hier. Ich habe zu ihm gesagt: Natürlich; deshalb rennt er ja auch den ganzen Tag in der Stadt herum, wo ihn jeder sehen muss, und wohnt bei diesem Totalversager Kleinschmidt, der seinen eigenen Arsch nicht findet, wenn ihn nicht ein Schild darauf hinweist. So sieht einer aus, der die signoria fürchtet.« Er betrachtete mich neugierig. »Ist Kleinschmidt wirklich Euer Schwiegersohn?«
    Ich nickte.
    »Was hat mit Eurer Tochter nicht gestimmt? Hat sie die Krätze? War sie schon über zwanzig?«
    »Er hat auch seine guten Seiten«, sagte ich steif.
    »Das glaube ich. Vielleicht zeigt er sie mir irgendwann mal. Also, dafür, dass ich Euch hier wohnen lasse und nicht mal nachfrage, was Ihr eigentlich hier in der Stadt treibt, kann ich auch verlangen, dass Ihr mir helft, ein paar Außenstände zu saldieren. Sozusagen. Meint Ihr nicht auch?«
    »Ich meine, Ihr hättet auch eine Beschwerde an Jakob Fugger schreiben können, was das angeht.«
    »Klar. Ich hab auch schon einen Brief an den Papst geschrieben, weil mir letztes Mal eine Münze zu viel in die Kollekte gefallen ist. Ein Brief an Jakob Fugger. Wisst Ihr, was der Kerl mit meinem Brief machen wird?« Er fuhr sich mit der Hand über den Hintern. Ich unterbrach ihn, bevor er seine Ausführungen auch noch in Worte fassen konnte. Seine Faszination von allem, was sich unter Zuhilfenahme des verlängerten Rückens drastisch untermalen ließ, war offenbar mindestens ebenso groß wie seine Vorliebe für Sprichwörter.
    »Hier in der Stadt gibt es einen Kaufmann, der unterhält sich sogar persönlich mit dem großen Fugger. Und er hat keineswegs das Gefühl, er habe es mit einem Ungeheuer zu tun.«
    »Wer soll das sein?«
    »Antonio Pratini.«
    »Pratini? Der unterhält sich mit Jakob Fugger? Da hat man Euch einen Bären aufgebunden.«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Was man so hört, unterstützten die Fugger Seine Fettleibigkeit auf dem Heiligen Stuhl. Sixtus wiederum unterstützte die Pazzi – jedenfalls bis vorgestern. Franceschino de’ Pazzi und Antonio Pratini aber waren erbitterte Geschäftskonkurrenten -na ja, auch bis vorgestern. Bevor Franceschino geruhte, sich neben den Bischof von Pisa zum Trocknen zu hängen.«
    »Konkurrenten? In welchem

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