Duell auf offener Straße
Missbrauch von Macht ist die größte Gefahr und es gibt Arbeiten in diesem Bereich, die in ihrer Extremität zu einer Form von körperlicher und psychischer Gewalt gegen Hunde führen.
Bestrafung trägt jetzt neue Klamotten
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Wörter wie Bestrafung oder Strafe werden heutzutage nicht gern benutzt. An ihnen klebt das Etikett der Gewalt und der Unfairness. Man spricht lieber von Konsequenzen, Grenzen setzen oder auch von der Unterbrechung unerwünschten Verhaltens. Lernpsychologisch macht das keinen Unterschied, emotional schon. Die neuen Begriffe sollen Einfühlungsvermögen, Angemessenheit und Wohlwollen ausdrücken. Deshalb sind sie wichtig. Positive Bestrafung darf nicht in einer Unterdrückung oder Gewalt gegen Hunde enden oder gar als Freifahrtschein dafür gesehen werden. Grenzsetzung kann eine vertrauensvolle Beziehung stärken, weil sie Hunden einen Rahmen bietet, innerhalb dessen sie frei und sicher agieren können. Streiten muss aber gelernt sein. Soziale Reibung und die Auseinandersetzung mit Konflikten können dann sogar Spaß machen, wenn sie zu einer Klärung und zu mehr Nähe zum Hund führen. Bestrafung kann eine Beziehung aber auch schädigen, wenn sie als Racheakt ohne vorherige Beziehungsklärung, emotionsgeladen, im falschen Timing, ohne Alternativen passiert und dabei nicht auf Verhältnismäßigkeit geachtet wird. Wer Freude am Bestrafen empfindet, sollte sich lieber keinen Hund anschaffen.
Einschränkungen und Gegenspieler der positiven Bestrafung
Auch bei der positiven Bestrafung ist die Frage nach den Motiven wichtig. Bei ängstlichen und traumatisierten Hunden zum Beispiel kann eine Strafe mehr als kontraproduktiv sein. Versuchen Sie mal einen Ertrinkenden, der um sein Leben kämpft und um sich schlägt, für dieses Verhalten zu bestrafen, damit Sie ihn besser retten können. Es funktioniert nicht. Sie können ihn nur halten und ihn irgendwie an Land bringen.
Manchmal darf ich das nicht – Immer bestrafen?
Die effektivste und nachhaltigste Methode, ein Verhalten zu reduzieren, ist die Bestrafung jeder unerwünschten Reaktion. Nur selten reicht es aus, partiell (also ab und zu) zu unterbrechen. Bei Hunden, die nur reaktiv mitkläffen, können auch seltene Unterbrechungen das Verhalten mindern. Doch aggressives Verhalten ist in der Regel zweckorientiert, hat einen Nutzen und beinhaltet oft selbstbelohnende Muster. Aus menschlicher Sicht bestrafen wir ab und zu; aus hundlicher Sicht verstärkt sich sein Verhalten ab und zu. Damit lohnt es sich für den Hund, immer wieder den Versuch zu starten, solange die Hoffnung besteht, dass es vielleicht diesmal funktionieren könnte.
Das bedeutet, dass der Mensch für einen gewissen Zeitraum als kontrollierende Instanz sehr wachsam sein muss. Eigene emotionale Schwankungen können dabei die Arbeit beeinträchtigen. Auf gut Deutsch ist das ziemlich stressig und ein Nachteil bei der Arbeit mit positiver Bestrafung.
Verhaltensmotivation und Intensität
Die Effektivität von Bestrafung ist neben anderen Faktoren abhängig von der jeweiligen Motivation des Hundes. Hat der Hund eine sehr starke Motivation, das Verhalten zu zeigen, so wird er einiges an Bestrafung in Kauf nehmen und sich nur mit hoher Intensität unterbrechen lassen.
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Aggression an der Leine ist ein schleichender Prozess und beginnt oft mit harmloser Kläfferei.
Bis das Problem vom Menschen vollends realisiert wird, ist die Intensität des Verhaltens meist schon sehr hoch.
Diese zwei Rüden meinen es ernst. Dass Hundehalter versuchen, solche Begegnungen zu vermeiden, ist verständlich. Zur Klärung des Konflikts trägt die Flucht jedoch nur selten bei.
Die Intensität des Verhaltens sollte als wichtiger Faktor in die Methodenauswahl einfließen. Um ihre Menschen in dieser Situation noch wahrzunehmen und sich von ihnen beeinflussen zu lassen, brauchen die Hunde gute Gründe.
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Ein gutes Beispiel dafür ist das Jagdverhalten. Ist ein Hund jagdlich hoch motiviert, zum Beispiel aufgrund seiner genetischen Disposition, dann wird es sehr schwer, ihn darin zu kontrollieren. Um angemessen auf aggressives Verhalten an der Leine zu reagieren, ist es wichtig zu klären, welche Motive der Hund hat und wie hoch seine Motivation ist.
Bestrafen und Widerwillen
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Manche Hundehalter erzählen beglückt davon, dass ihr Hund keine Pferde mehr jagt, weil er eine zufällige Erfahrung mit einem Weidezaun gemacht hat.
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